Название: Der 90. Geburtstag - Eine rabenschwarze Kriminalkomödie
Автор: Jörn Kolder
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754905012
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"Einem Stern" fragte der Verkäufer "meinen Sie etwa die Konkurrenz? Die Autos mit dem Stern?"
"Keine Ahnung was Sie damit sagen wollen, soll ich fortsetzen?"
Der Verkäufer nickte nur stumm.
Frank Krause kam langsam in Wallung.
Seine kräftige Bassstimme dröhnte durch das Autohaus.
"Widernatürlicher, verabscheuungswerter, viehischer Schuft!"
Eine Minute später kam ein Mann zu den Krauses und dem Verkäufer.
"Einen schönen guten Tag bei Volks-Rasen, mein Name ist Detlef Geh, ich bin der Niederlassungsleiter. Kann ich irgendwie behilflich sein? Gibt es etwa Probleme, Herr Schneider?"
"Nein, nein, Herr .., ähm .."
"Krause, Frank Krause, Staatsschauspieler."
"Ich bin hocherfreut, Herr Krause, Sie hier bei uns bei Volks-Rasen begrüßen zu dürfen. Eine große Ehre für uns."
"Jetzt reicht es mir aber langsam" wurde Gisela Krause laut "ich bin wohl Luft für Sie, weil ich eine Frau bin? Das ist eine Unverschämtheit, eine Diskriminierung! Wie war Ihr Name? Gay? Wie schwul?"
"Nein, Geh, wie Gehen."
"Sind Sie verheiratet, Herr Geh?"
"Ich weiß nicht, was das mit einem Verkaufsgespräch zu tun haben könnte, ob ich nun verheiratet bin oder nicht."
"Also?"
"Ich bin nicht verheiratet."
"Aha, aha."
"Wie meinen Sie das, dieses Aha?"
"Nun, ich denke mir da meinen Teil" erwiderte Gisela Krause anzüglich "und Ihr Gestus und Habitus lässt mich da einiges vermuten."
"Ich als Charakterschauspieler muss meiner Frau beipflichten" schaltete sich Frank Krause wieder in das Gespräch ein "und meine langjährige Erfahrung sagt mir, dass bei Ihnen einiges im Argen zu liegen scheint. Eine tragende Rolle als Mann würden Sie von mir niemals bekommen. Schauen Sie sich doch einmal selbst an. Sie stehen da wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Sie haben Null Körperspannung. Außerdem sind Ihre Arm- Handbewegungen seltsam weich, gar nicht kraftvoll. So wie fließend, als wollten Sie die Luft liebkosen. In Ihrem Gesicht sehe ich Rückstände einer Creme. Sie verwenden ein feminines Parfüm. Und Ihre Sprache entlarvt Sie dann endgültig. Wissen Sie, ich bin ein sehr wandlungsfähiger Schauspieler. Und etliche meiner Kolleginnen und Kollegen am Theater oder beim Ballett haben sich vor kurzen erst öffentlich geoutet, dass sie eben andersrum sind. 185 Leute. Das ist nur die Spitze des Eisbergs! Der von mir geschätzte Udo Mutthes hat in "Der Untergang" den Reichspropagandaminister Dr. Joseph Goebbels gespielt. Wenn das der Goebbels gewusst hätte! Ein Schwuler stellt ihn dar! Der hätte sich doch nie wieder eingekriegt! Ich habe solche Probleme ja nicht, deswegen ist mir die Rolle des Führers Adolf Hitler auch regelrecht auf den Leib geschrieben. Sogar die Staatsführung hat mir heftig applaudiert. Und das will schon was heißen! Herr Gay, stehen Sie zu Ihrer Veranlagung! Es ist keine Schande, und in den Knast müssen Sie deswegen auch nicht mehr. Aber Reisen in muslimisch dominierte Länder sollten Sie tunlichst unterlassen. Wobei, von diesen Leuten haben wir mittlerweile ja auch mehr als genug bei uns. Also, knutschen Sie nicht in der Öffentlichkeit mit ihrem Kerlchen rum, das könnte böse Folgen haben. Können wir jetzt wieder über so ein Elektroauto reden?"
Detlef Geh hatte sich wieder etwas gesammelt und wollte Krause das momentan am besten verkaufte Fahrzeug vorstellen, da ergriff Gisela Krause noch einmal das Wort.
"Bevor wir dazu kommen habe ich eine abschließende Frage an Sie, Herr Geh. Wie viele Frauen arbeiten hier?"
"Ähm, ähm, keine."
"Auch nicht an der Rezeption?"
"Nein. Leider konnten wir keine geeignete Kandidatin finden."
"Seien Sie doch mal endlich ehrlich, Sie wollten sie gar nicht finden!"
"Nein, das stimmt nicht. Ich habe die Bewerbungsgespräche persönlich als Niederlassungsleiter geführt."
"Jetzt wundert mich gar nichts mehr. Gerade Sie als Homosexueller führen Bewerbungsgespräche mit Frauen. Klar, dass die Weiber da keine Chance hatten. Diese blöden Tussis könnten ja die schwüle warme Atmosphäre in Ihrem Männerladen hier stören. Und Sie erzählen uns was über Diversity! Sie, Herr Schneider, wie sieht es denn bei Ihnen aus?"
"Wie meinen Sie das?"
"Na ich möchte gern wissen ob Sie verheiratet sind. Aber ich kann mir die Frage sicher gleich selbst beantworten: nämlich natürlich nicht."
"Das stimmt. Ich bin gerade mal 26, da hab ich doch wohl noch Zeit genug, eine Frau zu finden."
"Mein lieber Herr Schneider" meldete sich Frank Krause wieder zu Wort "die Messen sind doch schon längst gesungen. Der Mensch wird in seiner Kindheit geprägt. Vor allem durch sein Wohnmilieu. Der große Heiner Muller hat mal von "Fickzellen mit Fernheizung" gesprochen. Er meinte damit die Plattenbausiedlungen im Osten. Wo sind Sie aufgewachsen?"
"Hier, in unserer Stadt."
"Und in welchem Stadtteil?"
"Ähm, in der Westvorstadt."
"Das hatte ich befürchtet" sagte Gisela Krause "die Hartz-IV-Hochburg, Drogen- und Kriminalitätsschwerpunkt, heruntergekommene Gebäude, Perspektivlosigkeit. Und Sie wohnen noch immer dort?"
"Ja, leider. Es ist verdammt schwer, hier in der Gegend bezahlbaren Wohnraum zu finden. Und so doll verdiene ich hier auch nicht."
"Dann müssen Sie eben mal den Finger aus dem Arsch nehmen, Schneider, und nicht bloß den ganzen Tag hier so faul herumsitzen" fuhr Detlef Geh den Verkäufer an "es liegt an Ihnen ganz allein, wieviel Sie hier verdienen!"
"Jetzt verlassen Sie aber den Boden des Anstands junger Mann" sagte Gisela Krause "Sie können doch Ihren Mitarbeiter nicht so vor den Kunden herabwürdigen! Und dazu noch in so einem nicht misszuverstehenden Duktus. Eigentlich möchte ich sofort gehen, aber mein Mann möchte unbedingt so ein Elektroauto kaufen."
"Nun, ich als Staatsschauspieler mit meiner langjährigen Bühnenerfahrung weiß ganz genau, dass wir nicht nur im Theater eine Rolle spielen, sondern auch im wirklichen Leben. Sie, Gay, stehen sicher wegen den extremen Umsatzerwartungen von Volks-Rasen unter hohem Druck, und Sie, Schneider, wollen endlich sozial aufsteigen. Wir wollen Ihnen durch einen Kauf dabei helfen."
"Danke, danke" erwiderte Detlef Geh "Sie können sich gar nicht vorstellen, was die mir aus der Zentrale für Zahlen vorgeben. Da könnte ich mir den Arsch bis zur Halskrause aufreißen, es ist nicht machbar. Und dann soll ich die auch noch an der Pupe lecken, damit ich nicht gleich rausfliege! Ich bin doch kein perverser Feinschmecker! Mit mir nicht!"
"Gut" meinte Gisela Krause "zeigen Sie uns jetzt mal so ein Fahrzeug."
Der Volks-Rasen idiot 1 (intelligent drive in old technology) war von den Designern sehr ansprechend gezeichnet worden. Die Front war durch die ausgesprochen aggressiv blickenden Voll-LED-Scheinwerfer СКАЧАТЬ