Название: Tödliche Rendite
Автор: Irene Dorfner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Leo Schwartz
isbn: 9783742741424
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Das Wochenende war wieder viel zu schnell vorbei. Hans gewöhnte sich an Anita und genoss jede Sekunde mit ihr, was ihm langsam Angst machte. Ob er nach dem schrecklichen Mord an seiner Doris, der nunmehr drei Jahre zurücklag, endlich wieder jemanden gefunden hätte, mit dem er sich eine gemeinsame Zukunft vorstellen konnte? Noch glaubte er nicht daran, obwohl ihm die Vorstellung durchaus gefiel.
Anita hatte sich nach der Fahrt nach München sofort auf den Weg ins Autohaus Stürz gemacht. Das war seit Jahren „ihr“ Autohaus und dort wartete der neue Wagen auf sie. Sie hatte lange mit sich gehadert, ob sie sich solch eine Luxuskarosse leisten sollte. Aber warum nicht? Glänzend stand der Wagen im Ausstellungsraum und wartete auf sie. Was Hans wohl dazu sagen würde, wenn er ihn am kommenden Wochenende zu sehen bekam?
Am liebsten würde sie eine ausgedehnte Spritztour machen, aber die musste warten, denn es gab sehr viel zu tun. Sie fuhr die wenigen Kilometer zurück ins Büro und setzte sich an den Schreibtisch. Die Informationen, die sie am Freitag angeleiert hatte, lagen jetzt vor und sie konnte sich endlich daran machen, den Unbekannten zu suchen, den ihr Klient Bernd Nagel in die Finger kriegen wollte. Sie konnte den Mann verstehen, schließlich war dessen Mutter nicht nur einem Hochstapler aufgesessen, sondern sie hatte sich aus Scham darüber das Leben genommen. Wie sie wohl an Stelle des Klienten reagieren würde? Sie würde ebenfalls nach dem Mann suchen und ihn ganz langsam leiden lassen. In ihrer Phantasie stellte sie sich vor, wie sie ihn für jeden einzelnen Cent quälen würde.
Anita Seidl sortierte die Unterlagen. Dann druckte sie die Informationen und Bilder aus, die ihr per Mail zugesandt wurden. Stolz pinnte sie eine Information nach der anderen an die Wand, die voller und voller wurde. Es war ihr gelungen, mehrere Fotos von dem Mann zu bekommen. Einige Überwachungskameras hatten ihn aufgenommen, die Bilder waren allerdings unscharf und allein mit diesen konnte man den Mann nicht identifizieren.
Zu den vier Restaurants, in denen Frau Nagel mit Kreditkarte bezahlte, brach sie sofort auf. Da sie keine Zeit vergeuden wollte, hatte sie ihren Besuch angekündigt.
Man erinnerte sich an das Paar, da Frau Nagel viel von gutem Wein verstand, was nicht sehr oft der Fall war. Sie verlangte immer den passenden Wein und traf damit genau ins Schwarze. Außerdem war sie sehr freundlich und gab ein großzügiges Trinkgeld – alles Kriterien, an die man sich gerne erinnerte. Vom Personal der hochkarätigen Restaurants in München, Erding und Rosenheim ließ sie sich die Begleitung von Frau Nagel beschreiben.
„Ich habe etwas Besseres“, sagte Jean, der Kellner des Erdinger Restaurants „Petit Rouge“. Er ging nach hinten und kam mit einem USB-Stick wieder zurück. „Frau Nagel und ihre Begleitung waren am neunten November letzten Jahres unsere Gäste. Ich erinnere mich daran, da ich an diesem Tag Geburtstag hatte und Frau Nagel so lieb war, mir einen ganz besonderen Whiskey auszugeben. Erst lehnte ich ab, aber sie hatte darauf bestanden. Ein ganz vorzüglicher Tropfen, den ich mir selbst nicht leisten kann.“
„Und was genau finde ich auf dem Stick?“
„Nach Feierabend habe ich meine Kollegen eingeladen und wir haben gefeiert, selbstverständlich im Einvernehmen mit dem Chef. Sie können sich nicht vorstellen, wie viel Spaß wir alle hatten. Als nachträgliches Geburtstagsgeschenk bekam ich Fotos meines Ehrentages, die Sylvie gemacht hatte. Darauf sind auch Aufnahmen, wie ich diesen besagten Whiskey von Frau Nagel bekommen habe.“
„Sie meinen…?“
„Darauf ist ganz sicher deren Begleitung zu sehen.“
Anita machte sich sofort an die Arbeit. Sie öffnete ihren Laptop und kopierte alle Fotos.
„Ich werde damit sorgsam umgehen, machen Sie sich keine Sorgen. Mir geht es nicht um private Aufnahmen, sondern nur um diesen besagten Mann. Vielen Dank, Jean, Sie haben mir sehr geholfen.“ Anita steckte ihm einen Schein zu, den er gerne annahm.
Sie fuhr umgehend in ihr Büro, um die Fotos zu sichten. Darauf war tatsächlich der Mann, nach dem sie suchte, deutlich zu sehen. Diese Bilder waren sehr viel besser als die aus dem Medaillon und den Überwachungskameras. Jetzt wusste sie, mit wem sie es zu tun hatte. Aber noch hatte sie keine Ahnung, wie der Mann hieß und wo sie ihn finden konnte. Der Name Herbert Braunbach führte sie ins Leere. Wie viele Telefonate sie mit Braunbachs geführt hatte, konnte sie nicht mehr zählen. Sie war sicher, dass der Richtige nicht dabei war. Dass dieser Name überhaupt echt war, bezweifelte sie.
Sie musste einen neuen Weg einschlagen und wandte sich den Schmuckstücken zu, die laut den Expertisen sehr teure Einzelanfertigungen waren. Die verhökerte man nicht einfach mal so auf dem Schwarzmarkt, damit musste man sich an exklusive Juweliere halten, die damit solvente Kunden erfreuen konnten.
Viele Hinweise trafen ein, nachdem die Juweliere verstanden, dass diese Käufe offenbar nicht ganz sauber waren. Niemand wollte mit dubiosen Geschäften zu tun haben. Der wichtigste Hinweis kam von einem Juwelier am Starnberger See, wo dem Inhaber ein sehr auffälliges Schmuckstück angeboten wurde, das längst verkauft war. Anita beruhigte den Juwelier Pauchritsch, der außer sich war.
„Der Kauf war absolut legal, machen Sie sich darüber keine Sorgen. Ich bin auf der Suche nach demjenigen, der Ihnen den Schmuck verkauft hatte. Er hat die eigentliche Besitzerin über den Wert getäuscht. Ich nehme an, dass Sie nicht nur eintausendzweihundert Euro für die opulente Kette bezahlt haben?“ Anita pokerte hoch, denn sie hatte keine Ahnung, wie viel das Schmuckstück tatsächlich eingebracht hatte. Aber wie sonst sollte sie den Juwelier aus der Reserve locken, der sonst niemals die echten Beträge offenlegte?
„Nein, wie kommen Sie nur darauf? Schon allein der Goldwert liegt bei dreitausend Euro. Dazu die lupenreinen Steine, die überaus wertvoll sind. Ich habe Herrn Braunbach einen angemessenen Ankaufspreis in Höhe von zwölftausendachthundert Euro ausbezahlt.“ Dass Pauchritsch dieses schöne und einmalige Stück für fast das doppelte verkauft hatte, musste er nicht preisgeben. Der Ankaufswert war in Ordnung und er musste sich deshalb keine Vorwürfe machen.
„Die Identität des Mannes ist falsch“, sagte Anita.
„Das kann nicht sein, ich habe mir den Personalausweis zeigen lassen, von dem ich selbstverständlich eine Fotokopie gemacht habe.“
„Könnte ich die haben?“
„Gerne. Wenn Sie mögen, kann ich Ihnen auch die Bilder der Überwachungskamera zukommen lassen.“
Anita war begeistert und versprach, die ganze Angelegenheit, die Pauchritsch sehr unangenehm war, diskret zu behandeln. Auch bat er darum, wenn möglich seinen Namen aus der ganzen Sache herauszuhalten, was sie ihm gerne versprach.
Nur wenige Minuten später kamen die gewünschten Unterlagen per Mail. Sofort machte sich Anita an die Arbeit. Sie war gespannt, ob sie hiermit auf einer heißen Spur war. Die Bilder waren sehr gut und sie begann, jede einzelne Sequenz zu vergrößern. Auf einem Spiegelbild in einer Vitrine entdeckte sie einen Wagen mit einem Münchner Kennzeichen. Sie rief Pauchritsch erneut an.
„Sie schon wieder!“ Der Juwelier war genervt von der penetranten СКАЧАТЬ