Название: Aus dem Reiche des Buddha
Автор: Paul Dahlke
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783754183458
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Der Knabe stand bedrückt; denn er fühlte, daß sein Vater recht hatte mit dem Totenopfer. Indem kam des Brahmanen jüngeres Söhnchen, das er mit einer anderen Ehefrau gezeugt hatte, in die Halle gehüpft und schrie wie zum Scherz einmal über das andere: „Vater, Vater!“
Da richtete sich der Knabe plötzlich auf und sagte zum dritten Male:
„Laß mich mit dem Manne gehen. Ich will nicht Speise, nicht Trank nehmen, läßt du mich nicht gehen.“
Weil nun der Vater merkte, wie es mit dem Kinde stand, daß es das Geheimnis des Samsara gewittert hatte, sagte er, schweren Herzens und dem Mönche grollend: „So geh!“ Dann aber, als er den am Tor noch unbeweglich und gesenkten Blickes dastehen sah, überkam es ihn, und sich vor seinem eigenen Groll fürchtend, daß er ihm in diesem oder einem folgenden Leben schaden könnte, rief er dem Mönche zu: „Mönch, ich zürn’ dir nicht!“
Es war aber auch schon vorher eigen zugegangen mit ihm.
Noch als kleiner Knabe hatte er einst zwei Papagei-Mangos vom Gärtner geschenkt bekommen. Da dachte er:
„Ich will den einen auf den Altar legen für Sivī und will den anderen nicht eher essen, als bis sie den ihren genommen hat.“
So legte er die Frucht hin und wartete, mit der anderen Frucht in der Hand.
Aber die Göttin nahm die Gabe nicht. Sehnsüchtig blickte der Knabe bald auf den Mango in der Hand, bald auf den auf dem Altar. Ihn hungerte, auch aß er Mangos für sein Leben gern. Er begann leise zu weinen, erst in sich hinein, dann lauter und lauter, bis schließlich sein Vater kam.
Als der ihn sah mit dem Mango in der einen Hand und dem anderen Mango auf dem Altar, fragt er:
„Was ist das, Sohn?“
„Für Sivī, Vater! Sie nimmt nicht.“
„Sohn, es ist auch nicht so, daß die Götter nehmen.“
Damit nahm er den Mango vom Altar und gab ihn dem Knaben. „Iß nur!“ Worauf dieser schnell beide Früchte verzehrte.
Eine geraume Zeit danach fragte er seinen Vater unvermittelt:
„Vater, wie ist es, daß die Götter nehmen?“
Der Alte wußte erst nicht, was die Frage sollte. Dann erinnerte er sich der Mangos.
„Sohn, es ist nicht so! Die Götter sind geheimnisvoll. Sie nehmen, sie geben — wir wissen nicht wie.“
Der Knabe schwieg dann.
„Und die in Tanjor?“
Er meinte die Priester am Subrahmanya-Tempel in Tanjore, ob die etwa mehr wüßten.
Solch ein Knabe war Suriyagoda gewesen von jeher.
So nahm er jetzt seine Matte und sein Trinkgefäß und folgte dem Gelben nach.
Der schritt fürbaß, ohne den Kopf zu heben, die Tempelstraße entlang, am Abhayágivi-Dagoba vorbei dem Tissawēwa zu.
Als sie nun auf dem hohen Damme entlang gingen, über den der Sturm hinwegsauste, — es war gerade die Zeit des Monsun — da sah der Knabe mit Staunen, wie der See weiß am Ufer schäumte. Gespenstern glichen die grauen Stümpfe abgestorbener Bäume, die halb im Wasser ertrunken dastanden und ihre toten Äste in die Luft streckten. Jetzt wandte er den Kopf und sah hinter sich, weit, am anderen Ufer Ruanweli hochragen wie ein Gebirge, in seinem marmorweißen Mantel glänzend wie Silber.
„Wie weit bin ich fort von Hause“ dachte er. Er war noch nie hier gewesen; denn die Kinder vornehmer Brahmanen verlassen selten das Haus, weil sie Unreinheit fürchten.
Ihm wurde schwer und ängstlich zu Mut. Er dachte: „Ich will warten, bis jener da wieder vor einer Hütte stehen bleibt und um Almosen bittet; — denn im Hause seines Vaters hatte er nichts bekommen — dann will ich um Erlaubnis bitten, zurückkehren zu dürfen, ich fürchte mich.“ Dabei sah er auf den Mönch, der vor ihm schritt, schweigend, das Haupt gesenkt, das gelbe Gewand gebläht im Winde wie eine Glocke.
Der aber dachte bei sich: „Die Sonne hat ihren höchsten Punkt bereits überschritten; die schickliche Zeit zum Essen für heute ist vorbei. So ist es besser, ich warte bis morgen.“
So gingen sie an den letzten Hütten vorüber, ohne daß jener still hielt, und der Knabe trottete hilflos hinter ihm drein, immer in der Hoffnung, daß jener stille stehen oder sich wenden würde.
Und wie schrecklich war erst der Wald, in den sie jetzt traten. Vom Sturm draußen gab es hier nichts. Regungslos alles, wie gelähmt von etwas furchtbarem, bei dem das Herz fragt: „Was mag es nur sein?“ und aus dem Ausbleiben jeder Antwort neue Schrecken saugt.
Die Augen schmerzten ihn, wenn er auf die Straße sah, die weiß, blendend, scheinbar endlos sich vor ihm dehnte und über der die Luft flimmerte. Seitwärts am Wege aber standen diese mächtigen Termitenhaufen, und mit ängstlicher Scheu sah er große, häßliche Eidechsen auf ihnen, die den Kopf erhoben, das Maul geöffnet, regungslos dasaßen, wie bezaubert von dieser grimmigen Sonne. „Gewiß, es sind böse Geister“ dachte der Knabe und blickte starr vor sich.
So mochten sie wohl zwei Stunden gewandert sein, da kamen sie an die ersten Häuser eines anderen Ortes. Hinter dem erhob ein zweigipfeliger Fels sich hoch in die Luft. Beide Gipfel aber waren gekrönt mit einem Dagoba.
Der Knabe wußte wohl, das war Mihintale, das heilige Mihintale, aber nie vorher war er hier gewesen.
An einem lieblichen Weiher, voll von Lotus, vorbei schritt der Mönch auf diesen Berg zu. Die geisterhaften Schrecken des Waldes waren vorüber. Machtvoll wehte der Wind über die Wasserfläche. Von weitem schon winkte eine mächtige Eingangspforte. Durch sie schritt der Mönch; Suriyagoda eng hinterdrein. Sie waren plötzlich wie in einer anderen Welt. Große und kleine Dagobas, Hallen für Gebet und Speisung, heilige Feigenbäume, von Mauern umrahmt, Steintafeln mit Inschriften, Bäder in schön behauenen Stein gefaßt. Zwischen dem allen eine Treppe, deren Stufen große Steinquadern bildeten, flach und so breit, daß wohl vier Elefanten nebeneinander auf ihr gehen konnten. Diese Flucht von Stufen verlor sich nach oben zu im geheimnisvollen Halbdunkel des Urwaldes: die heilige Treppe von Mihintale.
So verlebte Suriyagoda in Mihintale, dem heiligsten Platze, Jahr für Jahr. Früh vor Sonnenaufgang erhob er sich zusammen mit den anderen Klosterschülern. Dann wurde der Hof gefegt, Blüten von den Bäumen geschüttelt, um sie vor dem Buddha-Bilde nieder zu legen. Die Mönche sangen im Vihara, auf der Erde vor dem Buddha-Bilde knieend, Gesänge, die in ihrer Monotonie dem Klange tiefer Glocken glichen; Gesänge zum Preise des Buddha, zum Preise des Gesetzes, zum Preise der Mönchsgemeinde. Hörte der Gesang dann plötzlich auf, so tönte es von den geschlossenen Lippen der Mönche noch ein Weilchen weiter, wie das Nachschwingen in Erz.
Schon früh wurden die Knaben angehalten zum Meditieren über Menschenliebe, über Wohlwollen gegen alles Lebende, über die Allvergänglichkeit, über die Unreinlichkeit alles Körperlichen und über den Tod. Auch mußten sie sich fleißig üben die Gedanken zu regeln durch achtsames Ein- und Ausatmen. Auch die heiligen Schriften wurden gelesen, indem ein älterer Mönch vorsprach СКАЧАТЬ