Taubenzeit. L.U. Ulder
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Читать онлайн книгу Taubenzeit - L.U. Ulder страница 13

Название: Taubenzeit

Автор: L.U. Ulder

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783847629160

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СКАЧАТЬ den ich kennengelernt habe.“

      „Oh, wo hast du denn jemanden kennengelernt?“

      „Im Chat. Das wolltest du doch hören, oder?“

      „Genau, das wollte ich hören. Sag mal Zoé, wo ist eigentlich deine Papierblume? Willst du sie nicht holen, damit wir sie hier auf den Tisch in eine Vase stellen können?“

      „Oha, die Inquisition beginnt“, raunte Anna, nachdem Zoè verschwunden war.

      „Bist du noch zu retten? Das Jugendamt schleicht hier ein und aus und du willst dich mit irgendeinem Fremden treffen. Zoè schnappt doch alles auf, und wenn die Frau beim nächsten Mal mit ihr spricht, wird sie alles brühwarm weitererzählen.“

      „Das ist doch nur eine lockere Bekanntschaft, nichts weiter, nix Streichelzoo oder Jugend forscht. Du hast doch selbst gesehen, wie die Jugendamtstante darauf reagiert hat, dass hier keine Männer sind, die irgendwie prägend für Zoè sein könnten. Da kann ein Mann wohl nicht schaden. Und bevor du jetzt weiter fragst, ja, ich habe ihm verraten, dass ich einen Stubenporsche fahre.“

      Valerie lehnte sich zurück und schaute die Freundin nachdenklich an. Die Vereinbarung zwischen ihnen war eine Wohngemeinschaft und seit dem Missverständnis beim Rechtsanwalt das Vorgeben einer Lebensgemeinschaft, bis Zoès Adoption endlich in Sack und Tüten war. Sie verlangte viel von Anna, dessen war sie sich bewusst. Konnte sie von ihr verlangen, dass sie sich völlig vom Leben zurückzog?

      „Okay, aber mach ihm klar, dass wir lesbisch sind und du eigentlich nicht auf Männer stehst. Damit er gar nicht erst auf dumme Gedanken kommt.“

      „Kommt er schon nicht. Er ist supernett, wirst schon sehen. Ich habe eine Bitte an dich. Komm nach ungefähr einer Stunde mit Zoè nach. Die Zeit reicht aus, um ihn einschätzen zu können. Danach entscheide ich dann, ob ich ihn überhaupt noch einmal sehen muss.“

      ****

      Am Nachmittag spazierte Valerie mit Zoè Hand in Hand an der Binnenalster entlang. Zoè war mit dem Eis am Stiel beschäftigt, das sie an einem Straßenstand energisch erstritten hatte und brabbelte zufrieden vor sich hin. Je näher sie dem Alsterpavillon kamen, umso angespannter und unruhiger wurde Valerie. In Sichtweite zur Außenterrasse blieb sie stehen und lehnte sich an das Geländer.

      So unauffällig wie möglich hielt sie Ausschau nach Anna und ihrer neuen Bekanntschaft.

      Wegen des frühsommerlichen Wetters waren alle Tische besetzt, es herrschte ein geschäftiges Gedränge auf der Terrasse. Endlich, ganz am Rand des Außengeländers, entdeckte sie die Freundin. Zoè war immer noch ganz in ihr Eis vertieft, sie schien noch nicht einmal registriert zu haben, dass sie stehengeblieben waren.

      Der Mann an Annas Tisch drehte ihr den Rücken zu, er war schlank und breitschultrig, seine Figur die eines Sportlers. Das dunkelblonde, kurz geschnittene Haar war gegelt, an den Seiten wirkte es stachelig, beinahe wie bei einem Igel. Er trug eine Jeans und ein dunkelblaues Poloshirt, ein sandfarbenes Sakko hing über den freien Stuhl an ihrem Tisch.

      Anna hatte eine schwarze Bluse angezogen, sie wirkte schmal, schlanker als sonst.

       Hat sie abgenommen? Das ist mir noch gar nicht aufgefallen.

      Jetzt fiel Valerie auch wieder ein, dass die Freundin am Tag zuvor unbedingt noch zum Friseur musste. Der Bob, den sie sich schneiden ließ, stand ihr sehr gut. Der Schnitt und die dunklen Haare betonten ihre großen Augen und ihren Schmollmund. Attraktiv und selbstbewusst saß sie in ihrem Rollstuhl und schien sich angeregt zu unterhalten. Ihre Körpersprache ließ nur einen Schluss zu, der Mann war ihr überaus sympathisch.

       Sie himmelt ihn ja richtig an.

      Valerie verspürte einen Stich bei dem Gedanken, dass sie das Geschehen vor über zwei Jahren nicht hatte verhindern können.

      Zoès Eis war aufgeschleckt, sie zupfte an Valeries Arm, augenblicklich kehrte sie in die Realität zurück.

      „Schau mal Zoé, da hinten ist Anna.“

      Sie hob die Kleine hoch, weil sie nicht über die Brüstung schauen konnte und zeigte mit der freien Hand in Richtung der Terrasse.

      Begeistert jauchzte die Kleine, obwohl Valerie bezweifelte, dass Zoè Anna überhaupt erkannt haben konnte. Das Mädchen strampelte und wand sich, bis endlich die kleinen Füßchen den Boden berührten. Augenblicklich stürzte sie los. Valerie erwischte im allerletzten Moment einen Zipfel der Kleidung, damit sie nicht entwischen konnte, und wurde dafür von der Kleinen durch den schmalen Gang zwischen den Stuhlreihen gezogen. Auf den letzten Metern war das Kind nicht mehr zu halten, Zoè riss sich los und stürzte laut rufend auf Anna zu.

      Als Valerie den Tisch erreichte, saß die Kleine bereits auf Annas Schoß. Sie tobte nicht mit ihr wie sonst, sondern starrte neugierig auf den fremden Mann, der mit am Tisch saß.

      „Hallo Süße“, sagte Valerie und beugte sich zu Anna hinunter. Die Freundin hielt ihr die Wange hin, sie aber machte eine schnelle Bewegung mit dem Kopf und küsste ihr mitten auf den Mund. Weil sie sich dabei mit beiden Händen an den Armlehnen des Rollstuhls festhielt und gegen sie drückte, spürte Valerie zwar den Widerstand, den Anna aufbaute, ausrichten aber konnte die nichts. Ein leidenschaftlicher Kuss zwischen zwei Liebenden, so musste es auf jeden Beobachter wirken.

      Als ihre Münder sich trennten, lächelte Valerie triumphierend, wohl wissend, dass der Mann am Tisch nur ihren Hinterkopf sehen konnte. Annas Augen sprühten giftige Blitze und funkelten die Freundin für einen winzigen Augenblick an, bevor sich der Gesichtsausdruck wieder entspannte.

      „Das ist übrigens Stefan, Valerie – Stefan“, sagte sie in bewundernswert liebenswürdigem Ton. Die rechte Hand unterstrich die Vorstellung, mit der linken wischte sie verstohlen über die Lippen.

      „Guten Tag, Stefan.“

      Der Händedruck war sympathisch kräftig, stellte Valerie fest. Genauso sympathisch wie sein markantes Gesicht mit dem gewinnenden Lächeln.

      „Er ist übrigens auch ein Bulle.“

      „Ein Bulle. Ein Bulle“, krähte Zoè fröhlich dazwischen.

      „Anna! Denk bitte an deine Wortwahl. Zoè plappert alles nach. Außerdem bin ich nicht mehr im Dienst.“

       Und ein Bulle hat mir gerade noch gefehlt.

      „Das habe ich ihm alles schon erzählt, auch, dass du vorher noch ein Jahr bei Europol in Den Haag warst.“

      „Und? Bist du sicher, dass du nichts ausgelassen hast?“ Jetzt funkelten Valeries grüne Augen.

      Stefan stand grinsend auf und streifte sein Sakko über.

      „Ich lass euch jetzt besser allein, muss sowieso noch etwas erledigen. Wir sehen uns.“

      Die letzten Worte waren an Anna gerichtet. Er unterstrich sie, indem er wie auf einer imaginären Tastatur mit den Fingerspitzen Wörter tippte. Die beiden Frauen starrten ihm nach, wie er sich seinen Weg durch das Gedränge bahnte, bis er auf die Kellnerin stieß. Er gestikulierte mit ihr und zeigte auf den Tisch, an dem er eben noch gesessen hatte. Am Ende drückte er der Frau Geld in die Hand und war aus ihrem Blickfeld verschwunden.

      Valerie СКАЧАТЬ