Der Werwolf. Alexis Willibald
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Название: Der Werwolf

Автор: Alexis Willibald

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752933741

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СКАЧАТЬ weiß von vielen Mönchen, bei denen es rappelte, und ihre Namen sind vergessen trotz ihrer Predigten, und die Weiber lagen doch in Verzückungen vor der Kanzel.“

      „Ich bekam keine Verzückungen, im Gegenteil durchschauerte es mich zuweilen, wie ein Frost, wenn ich an die Zukunft dachte. Als Ihr ankamt, beschiedet Ihr ihn zu Euch. Er kam mit demütiger Miene, fast erschrocken über die Ehre, die Ihr ihm erwiest. Er versprach, nachzudenken, innezuhalten, wenn Ihr es ihm beföhlt. Das war nur die Wirkung des augenblicklichen Gefühls der Ehrfurcht vor Eurer Würde und Eurer Person. Aber er kann gar nicht innehalten, sage ich Euch, er ist eine Natur, wo heraus muss, was drinnen lodert; wie ein Feuer nicht innehält, ein Sturm nicht schweigt, wie eine Orgel nicht plötzlich auf einen Druck aufhört, kann er auch nicht aufhören. Als ich zu ihm kam, der Ritter Jagow war mit mir, war er zuerst auch betroffen, da ich mich ihm zu erkennen gab, er hatte es nicht gedacht, dass sein einfältig Reden bis zu uns gedrungen sei, und wir's für etwas mehr hielten, als die Meinung eines schlichten Mönches. Da ließ er sich auf die Schulter klopfen und sank zusammen. Das dauerte jedoch nur geringe Zeit, und als ich ausgeredet hatte, erhob er sich wieder Zoll um Zoll, bis er so groß schien, als der schwarze hohe Ofen in seiner Zelle, an den er sich lehnte. Das sprudelte und floss von seiner Lippe, Dinge, die er nicht verantworten konnte, die nicht von ihm kamen, über Papst, Kirche, Konzilien, Gottes Wort. Das ging wie ein brausender Sturm hin, und ich war ungewiss, ob er selbst alles wüsste, was er sprach.“

      „Zitterte er dabei wie Besessene?“

      „Nein. Besessene kenne ich. Da erscheint es wie von außen eingeblasen, wassersüchtig, schwammig, die Augen glühen irr. Davon nichts bei ihm. Es schüttelte ihn wohl, aber wie ein körniger, gesunder Mensch, der's in Überfülle von Kraft an einem frischen Morgen tut, und die Augen strahlten wie Diamant, dass ich meine senken musste.“

      „Und da sprach er von der Verderbnis der Kirche.“

      „Aber wie!“

      „Ein altes Lied. Verschont meine Ohren damit. Jedes Kind singt es, aber wie's besser zu machen, da sperrt der Gescheiteste wie ein Ochs das Maul auf, wo es handeln gilt. Macht die Menschen anders, so könnt Ihr auch die Einrichtungen anders machen. Zapft Adams Blut ab, gießt Fischblut, Vogelblut, Engelblut in unsere Adern, dann versucht's! Bis dahin sind alle Verbesserer von Welt und Kirche Narren. Meinethalben nennt's ein zerbrechlich, baufällig Haus, aber es steht anderthalbtausend Jahre, Ihr werdet kein anderes bauen. Also schichtet Euch ein, 's ist warm drin, sucht die besten Winkel; vor Regen und Sturm schützt es schon noch, wer sich zu ducken weiß.“

      „Ich bin kein Reformator“, sagte der Abt verwundert über die Heftigkeit.

      „Ihr nicht, aber es gibt noch ganz andere als den läppischen Mönch.“

      „Und das ist's, was ich fürchte,“ hub der Abt an, mit einer so festen, ernsten Stimme, als die des Bischofs eben heftig und sprudelnd war. „Das Klagelied hat die Welt durchdrungen, es summt aus allen Winkeln wieder. Alle Ketzergerichte haben es nicht totgemacht, im Gegenteil, sie haben ihm nur immer neuen Stoff gegeben. Die Kirche freilich auch, vor allem das ärgerliche Leben der Welschen, die vielen Doppelpäpste haben vorm Volke die Autorität der Kirche angegriffen –“

      „Lieber Freund und Bruder, lest mir kein Kollegium, ich muss es täglich hören, wenn ich in Berlin bin.“

      „Aber die deutsche Nation muss es hören von den Kathedern herab, aus den Buchdruckereien, die Gelehrten sind es ja, die das Volk aufwiegeln. In Basel, Straßburg, Rotterdam, wo wird nicht gedruckt, dass die Geistlichen ein abscheuliches Leben führen, dass die Klöster Konvente der Faulheit, des Ungehorsams und der Unzucht sind, dass die Prälaten im Fette schwimmen, wo werden nicht unsere Bäuche verschrieen. In Gesetzbüchern liest man's sogar, wir wären unkeusch, gefräßig, habsüchtig und was weiß ich. Alle die Gelehrten, die in hohem Ansehen stehen, die Reuchlin, Erasmus, spitzen ihre Federn gegen uns.“

      „Lateinisch! Das Latein ist eine herrliche Sprache, schon darum, weil das Volk sie nicht versteht.“

      „Aber Luther spricht deutsch, er spricht deutsch, er wird auch deutsch drucken lassen, wie ich hörte. Erwägt das, Hochwürdiger; in die großen Haufen des Volkes geht das Gift nun über, das in den einzelnen Schalen und Gefäßen uns keinen Schaden tat. Es spritzt in alle Adern.“

      „Es ist längst da.“

      „Wie Asche, unter der der Funke glimmt, wie Zunder, der sich danach sehnt, wie eine Mine, die der Feuerwerker gelegt, um eine Festung in die Luft zu sprengen. Nur eines Funkens bedarf es, sie zu entzünden. Dieser Wittenberger, dieser Mönch aus dem Volke, ich fürchte, er wird der Funke sein. Man sagt, er geht damit um, die Vulgata ins Deutsche zu übersetzen; mag er übersetzen, was er Lust hat, aber er übersetzt in lebendige Rede die Stimmungen und das Missvergnügen der Vornehmen, die uns abhold sind. Den gelehrten Spott, solange er gelehrt bleibt, konnten wir ertragen, werden wir es, wenn er zum Gassenhauer wird und die Bänkelsänger ihn ableiern?“

      Das Gesicht des Bischofs, auf dem sich im Verlauf des Gespräches etwas Ernst gelagert, ward plötzlich wieder heiterer.

      “Ich gestehe Euch, dass auch mich unterweilen solche hässliche Träume beunruhigen; aber der Grund liegt ganz anderswo. Hier belauscht uns niemand, lieber Freund. – Lasst die Augustiner und Franziskaner, und die Gelehrten von allen Universitäten sich rühren, was sollte es uns rühren, wir bleiben im Possess; aber die bekannte Lust, die unser gnädigster Kurfürst schon von seinen jungen Jahren an hat, in Theologices zu stänkern, die ist es, welche mich manches Mal besorgt macht; wenn er mich am Knopf fasst, und über dieses Dogma und jene Institution disputiert. Noch neulich beim Hofball zog er mich in die Fensterblendung, und eine Stunde lang hielt er mir ein Kollegium über die Erbsünde, und warum die Doktrin der Pelagianer ketzerisch sei. Gott weiß, wo er's her hat, ob's im Blut liegt, oder wer's ihm angetan, aber wenn's nach ihm ginge, sind wir alle ihm nicht orthodox und konform genug. O, er hat Entwürfe im Kopf von Klosterzucht und Kirchenregiment und neuen und alten Spitalrittern und Spitalweibern und möchte die Bischöfe zurechtsetzen und die Päpste dazu, und Konzilien berufen, wo der wahre Glaube bis aufs kleinste aufgeschrieben und festgesetzt würde. Und Konkordate möchte er schließen und Bistümer bei den Heiden anlegen, und Gott weiß was alles.“

      „Es bleiben aber doch immer Entwürfe.“

      „Das ist das einzige Gute dran.“

      „Er liebt den geistlichen Stand; man hätte nicht zu besorgen, dass er in unsere Rechte griff, noch unsere Einkünfte schmälerte.“

      „Das weiß kein Mensch. Wenn er heute liebt und ans Herz drückt, wer weiß, ob es morgen noch so ist! – denkt doch nur an den Adel. Hat er ihn nicht zugeritten wie ein wildes Pferd, mit seinen Schenkeln gepresst, dass er Zeter und Wehe schrie, mit seinen Sporen zerrissen, dass das Blut noch auf den Landstraßen klebt; und im Grunde des Herzens, ich sage es Euch, liebt er ihn. Werde daraus ein anderer klug. Wer um ihn ist und seinen Gedankensprüngen folgen muss, glaubt es mir, der hat seine Not. Heute in Gunst und morgen abgetan, und dann wieder in Gunst. Eine wahre Gunst für uns noch, dass, als man's kaum mehr erwartete, andere Grillen und Leidenschaften ihn gepackt haben. Er ist ein wilder Jäger geworden und –“,

      Der Abt und der Bischof begegneten sich mit einem vielsagenden Blicke.

      „Die Kirche wird in diesem Punkte milder sein als die durchlauchtigste Kurfürstin,“ lächelte der Abt.

      „Ihren vollen Segen darüber! Denn dem verdanken wir es vielleicht, dass er die Reformation so lange vergaß.“

      „Und nun! Wird der Mönch ihn nicht wecken?“

      Ein СКАЧАТЬ