Название: Der Werwolf
Автор: Alexis Willibald
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752933741
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„Ich fürchte, Hochwürdigster, der Betteltanz fängt erst an,“ entgegnete der Abt.
„Ein Betteltanz kümmert uns beide nicht, da weder Ihr noch ich, Gott sei Dank, Bettelmönche sind. Der ist ein Dominikaner und dieser ein Augustiner, da steckt der Hase.“
„Vergessen wir nicht, dass in den Bettelmönchen seit Anbeginn ein rebellischer Geist war.“
„Die Ursache ist nicht schwer zu finden, mein Bruder, wer nichts hat, ist immer zum Rebellieren gegen die aufgelegt, welche etwas haben. Ihr Cistercienser sitzt, wo Ihr seid, im Fetten“.
„Dass wir uns durch den sauren Schweiß unserer Arme, mit Schwielen in der Haut, unter Gottes sichtlichem Beistand“.
„Ihr!“, unterbrach ihn der Bischof lachend. „Eitle Sorge, Herr Bruder, was haben die Franziskaner ausgerichtet, als sie in corpore gegen den Papst aufstanden?“
„Das waren theologische Streitigkeiten, in welche die Welt sich wenig oder gar nicht mischte. Hier ist es anders. Der Ablasshandel geht an den Beutel –“,
„Freilich, es geht ein schmähliches Geld aus dem Lande“, sagte Hieronymus, sich hinterm Ohr reibend. „Glaubt Ihr etwa, dass es dem Kurfürsten angenehm ist? Aber was hilft's! Es wär' unbrüderlich, seines Bruders Albrecht Einkünfte schmälern wollen.“
„Er ist ja Generalpächter, kriegt die volle Hälfte, und glaubt mir; er braucht das Ganze zu seinem Hofhalt in Mainz.“
„Ja, wäre der Wittenberger Mönch ein wenig pfiffiger, dass er nur gegen die Hälfte, die nach Rom geht, wetterte, so wollten wir uns ja die Ohren gegen die Klagen noch lange zuhalten.“
„Die Sache dringt ins Volk, die Laien bemächtigten sich ihrer, das wird gefährlich“.
„Die Gelehrten zanken sich, weiter nichts. Federkiele gegen Federkiele. Wittenberg gegen Frankfurt, und Frankfurt gegen Wittenberg; die Fehden der Universitäten haben die Welt noch nie in Brand gesteckt. Es muss zuweilen etwas Pulver aufblitzen, damit die Luft rein wird. Ich darf's Euch vertrauen, dass sie in Frankfurt ein solches Feuerwerk präparieren. Der Wimpina sitzt im Laboratorium bis Mitternacht, um die Raketen zu füllen.“
„Ich hörte davon. Tezel wird dort disputieren. Der Kerl hat eine Rabenstimme, gut zum Ausschreier bei einem Aufschlag, aber mit seiner Logik steht es so schlecht als mit seinem Wandel.“
„Lasst Euch das nicht kümmern. Wimpina ist ein Mann, um solchen Aktus einzurichten. Wenn er mit der Faust auf den Katheder paukt und das Maul aufreißt, dass seine Stentorstimme den Saal füllt, ist alles mäuschenstill. Und wenn er's laut haben will, zwinkert er nur, und dreihundert Kehlen donnern jeden Opponenten nieder.“
„Aber was soll's? Worauf läuft's hinaus? Wenn sie ihm den Doktorhut aufdrücken, wird darum der Wittenberger schweigen? Ist er nicht auch Doktor!“
„Lieber Bruder, man muss dem Volke auch ein Spektakel gönnen. Wenn die Menschen nicht zu rechter Zeit durch Schauspiele unterhalten würden, so ihre Sinne beschäftigten, ihre Parteileidenschaften in Anspruch nähmen, stände es schlimmer um unsere Ruhe. Mens agitat, der Geist der Unruhe ist in den Adamssöhnen. Wer weiß, wohin dieser Geist hinausliefe, wenn man ihm nicht dann und wann eine Atzung zuwürfe, auf die sie wie die hungrigen Wölfe sich stürzen. Wenn der Säfte zu viel sind, müssen die Ärzte nach einer goldenen Ader suchen, die sie abführt, damit der Körper gesund bleibe. So fanden die Päpste ihrer Zeit die Kreuzzüge. Das ist nun vorbei; wir sehen es an den Türkenkriegen. Wie lange muss man trommeln lassen, wie viel Handgeld versprechen, damit nur ein geflicktes Herr zusammenkommt. Die Köpfe sind anderswo hingerichtet, die gedruckten Bücher sind in allen Städten verbreitet; die wir sonst allein lasen, wenigstens auslegten, in die stecken schon die Bürger die Nase, ja sogar Edelleute.“
„Das ist eigentlich sehr schlimm,“ fuhr der Abt auf.
„Aber nicht mehr zu ändern. Ein kluger Mann muss auch aus schlimmen Dingen Vorteil zu ziehen wissen. Wer Lust zum Hader hat, lasst das hadern und streiten, am Ende ist's doch nur um des Kaisers Bart. Uns geht es nichts an, am wenigsten darf es uns heute unsere Ruhe stören.“
Aber das Stroh raschelte bald wieder; draußen heulte der Wind und die Ampel am Balken schaukelte sich hin und her, während ein leiser Luftzug die schweren Gehänge bewegte. Als der Bischof sich aufrichtete, um das Tuch, das ihm zur Nachtmütze dienen musste, fester um die Ohren zu binden, sah er schon den Abt halb aufgerichtet sitzen, den Kopf im Arme.
„Ihr lägt auch lieber in Eurer warmen Kämmenate in Lehnin; und wenn ich denke, um welche Lumperei – wir uns auf diesem Stroh wälzen müssen“.
„Es ist eben das, was Ihr Lumperei nennt, Hochwürdigster, was mir nicht aus dem Sinn will. Erlaubt, dass ich Euch morgen am Tage meine Gedanken darüber mitteile.“
„Kleinigkeiten muss man schnell abtun. Wälzt ab, was Euch auf dem Herzen liegt.“
„Ihr kamt nach mir, verweiltet auch kürzere Zeit in Wittenberg, überdies als Kirchenfürst, dem man mit allen Rücksichten, die Eurer hohen Würde gebührten, entgegenkam. Aber, verzeiht, ich habe mehr gesehen und erfuhr mehr. Es ist nicht das Volk allein, nicht die Bürger, Studenten, Professoren; der Anhang dieses Mönches geht weiter in Sachsen, als wir denken. Doch Ihr wisst es besser als ich, wie er aus der kurfürstlichen Kanzlei Vorschub erhält, wie der Kurfürst selbst ihm die Stange hält. Das dürfte uns freilich in Brandenburg nicht kümmern. Aber Ihr hättet die gedrängt volle Kirche sehen sollen, wenn er predigt, wie aller Augen auf seinen Lippen hangen, wie, wenn er sie öffnet, es wie ein Zauber ist. So hörte ich noch keinen Menschen predigen in deutscher Sprache.“
„Man sagt, er predigt nicht in Niederdeutsch. Wie verstehen sie ihn denn?“
„Das vergisst sich alles. Es ist ein Deutsch, was man noch nicht hörte, eine kräftige, körnige, ja sogar ist's eine wohlklingende Sprache.“
„Dann ist's ein Hexenmeister, Abt. Wer Deutsch wohl reden kann, tut's nimmer mit rechten Dingen.“
„Er verdreht nicht die Augen, er streckt nicht die Arme aus, wie die Dominikaner, er sucht nicht zu erschüttern durch schreckliche Bilder, noch die Herzen der Frauen durch sanfte Vorstellungen und Klagen zu erweichen. Man möchte sagen, er redet von der Leber weg, er redet von der Kanzel, wie er zu Hause reden würde. Bisweilen erhebt sich wohl seine Stimme, wo er in Zorn gerät, dann rollt es wie ein Donner und man sieht erschrocken hin, wo es wohl einschlagen wird. Aber dann steht er wieder oben, wie ein Kind, das selbst nicht weiß, welche Macht ihm gegeben ist. Er spricht zu den Hörern wie auf der Straße, im Haus, wie ein guter Mann zu Zänkern in der Herberge sprechen würde; zutraulich, freundlich, als bitte er sie um Rat in einer gemeinsamen Sache, wo er ihnen doch Rat gibt. Hochwürdigster Herr, da in dieser Weise widersteht ihm keiner; er könnte mehr sagen, Irrtümer, Torheiten, selbst Ketzereien, sie würden ihm auch folgen, glauben. Ich glaube, wenn der Teufel diesen Mann gewönne, ich meine im Augenblick, wo der Feuerstrom seiner Worte die Gemeine mit sich reißt, der Erbfeind könnte noch einmal auf der Erde siegen.“
„Lebe einer in Wittenberg vierzehn Tage, und höre, sehe das mit an, und bleibe ruhig!“
„Ei, Ihr seid selber fortgerissen.“
„Wie heißt er doch gleich; ich vergesse immer wieder den Namen, Lucer oder Luder?“
„Er СКАЧАТЬ