Название: Der Werwolf
Автор: Alexis Willibald
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752933741
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„Er könnt es ihm aber nur zuvor tun wollen.“
„Kurfürst Joachim mit einem Barfüßer um die Wette rennen! Mein Lieber, er ist so stolz auf seine fürstlichen Ahnen als auf seine eigene Weisheit. Er duldet keine Gleichen um sich. Nun gerade – ich meine, wenn Euer Lucer auf den Wegen fortgeht, wie Ihr glaubt – nun wird er keinen stärkeren Widerpart finden, als unseren Markgrafen. Unterstützt ihn der Sachse, desto besser. Rüttelt er an unseren Domstiftern, unseren Bischofshüten, desto fester wird Joachim sie halten. Je weiter der vorwärts will, so mehr Rosse spannen wir hinten an. Dann lass sehen, wer stärker ist.“
„Ihr beruhigt mich.“
„Ruhen, lieber Bruder, heute ja; aber morgen nicht mehr. Ihr habt mich etwas beunruhigt, dass ich's Euch gestehe. Auch auf mich hatte der Mönch gleich anfangs einen seltsamen Eindruck gemacht, aber ich gebe nichts auf augenblickliche Eindrücke; ich hatte es fast vergessen, als Eure Observationen sie wieder erweckten. Saht Ihr ihn essen?“
„Ich zog ihn einst an meine Tafel.“
„Er rührte die Speise aber wohl nur an?“
„O nein, er aß wie ein hungriger Mann mit gutem Magen.“
„So schlang er die Bissen hinunter, ohne zu kosten?“
„Die gute Kost schien ihm zu behagen. Auch trank er“.
„Hastig? Er stürzte hinunter, was man ihm einschenkte, und dann sprudelte es von seinen Lippen.“
„Er schlürfte den guten Wein mit Wohlbehagen und sagte, es wäre eine gute Gabe Gottes.“
„Der Mann kann gefährlich werden. Er ist kein Schwärmer. Es wäre am gescheitesten, ihm eine fette Pfründe in den Mund zu stopfen.“
„Wenn er sich nun den Mund nicht stopfen ließe!“
„Er will ja kein Heiliger werden. Er isst und trinkt. Widerruf, Abt eine Pfründe oder ein Scheiterhaufen. Kennt Ihr einen vierten Fall? Meine Logik weiß nur diese Drei.“
Der Abt, der eine Weile still geschwiegen, lächelte plötzlich heiter auf, wie jemand, den ein Gedanke, welcher Licht ins Dunkel bringt, angenehm überrascht.
„Der Herr von Bredow, Hochwürdigster! Wir vergessen ihn.“
Es musste ein guter Gedanke sein. Der Bischof stieß ein kurzes, lautes, aber herzliches Gelächter aus, wie etwa jemand, den im Schlaf ein Gespenst erschreckt hat, und nun entdeckt es sich, dass es ein Tuch an der Leine, eine Nachtmütze auf einer Stange war, oder eine polternde Katze.
„Frater Henricus!“, rief er. „Der mag ihn belehren.“
„An der Absicht wird es ihm mindestens nicht fehlen,“ entgegnete der Abt. „Bis jetzt bedauerte er ihn nur; denn ich ließ mir sein Wort geben, dass er nicht losplatze, bis wir fort wären.“
„Benissime!“, sagte der Bischof. „Es hätte viel Gelärm verursacht. Das ist auch ein Reformator, den der Satan ausgeschickt hat. Meine Domherren erklärten, sie liefen fort, wenn er mal einen Stuhl bekäme.“
„Darum schicktet Ihr ihn zur Pönitenz zu uns. Meine Konventualen sind den Herren in Brandenburg dafür sehr verpflichtet. Seine Bußpredigten jagen uns die Hühner vom Hofe. Neulich drang er in den Keller, als Unsere ein kleines stilles Konvivium darin feierten; auf die Treppe hatte er sich postiert, dass keiner hinaus konnte. Der Pater Kellermeister erzählte mir Wunderdinge von der Litanei. Ihren Gesang hat er überschrieen, und das will was sagen, wenn meine beim Weine sind.“
„Das muss Euch doch oben stören in Eurem Stüblein beim Meditieren, Herr Bruder.“
„Man muss auch zuweilen die Ohren zuhalten“.
„Und die Augen zudrücken,“ setzte der Bischof hinzu. „Wenn doch die Leute diese goldene Regel ad notam nähmen, es stünde besser um die Welt.“
„Und der Pater beschwört's, sie wären nachher blass und bleich geworden, so hat er gesprochen.“
„Probatum sit! Herr Bruder, und wenn er den Mönch in Wittenberg zum Säulenheiligen macht, da oben wird er uns nichts schaden. Ich wollte selbst an den Heiligen Vater schreiben, dass er ihn kanonisiert. St. Luther auf einer Säule, da mag er in den Wind predigen, und wir unten hören's nicht – ein guter Gedanke – gute Nacht, Herr Bruder!“
Ob sie eine gute Nacht gehabt? Ihre Köpfe sanken mit gar verschiedenen Gedanken in die weichen Kissen. Der Abt dachte lächelnd: “Wie er sich überhebt! Schimpft ihn einen Bauer, und vergisst, dass er selbst eines Bauern Sohn ist. Wie hoch sie durch Zufall steigen, die Art kann sich doch nimmer verleugnen.“ Herr Hieronymus von Brandenburg verzog die Lippen, und ein verächtlich Lächeln schwebte darüber, als seine Augen zum Bettgenossen hinüberschielten: „Platte Geister, platte Furcht! Weil er nie über seine Sippschafts- und Klosterkreise hinauskam, dünkt ihm alles ungeheuerlich, was nicht alltäglich ist. Wer die Welt und Menschen kennt, weiß jedem seinen Platz anzuweisen.“ Dann hörte man ein tiefes Schnarchen hüben und drüben, ob der Bauersohn oder der Edelmann – das war der Abt – stärker schnarchte, weiß ich nicht; sie schnarchten beide wie gute Leute und reiche Pfründner. Aber es blieb nicht ruhig in der Gaststube, ein leises Wehen ging durch dieselbe, dass man wohl glauben konnte, die Kobolde trieben ihr Spiel. Denn will man's auch erklären, was sie natürlich nennen, warum die Ampel in einem Weg an ihrer Kette knarrte und schaukelte, und warum die Bettvorhänge sich immer hoben und senkten, und dreimal ein Nachtvogel an die Fenster schlug, und im Schlot es pustete und stöhnte; wie kam's, dass unterweilen die schweren eichenen Bettstellen knarrten, als stemme sich ein Gefolterter an die Pfosten; wie kam's, dass der Abt jetzt mit dem Kopf unter das Deckbett rutschte und wie ein Knäuel sich krümmte, dass er mit den Zähnen klappte und der helle kalte Angstschweiß auf der Stirn ihm perlte? Woher kamen die Schmerzenslaute aus dem anderen Bette, jetzt wie ein Geheul, jetzt wie ein heiserer stöhnender Hilfsruf? Wer lag denn auf Herrn Hieronymus, oder wer lauerte hinter den Vorhängen, dass er krampfhaft an die Seitenwände mit beiden Händen presste, und aus tiefer Brust kamen schneidende Töne, wie der Wind, der durch Ritzen einen Durchweg sucht? Und was faltete jetzt der Abt die Hände auf der Brust und presste sie enger und enger und stöhnte: „Um aller Barmherzigkeit willen, Gnade meiner Seele!“ Und welcher Dämon fuhr ihn an, als er jetzt, die Decke fortschleudernd, mit einem entsetzlichen Schrei aus dem Bette kugelte. Er floh vor seinem Ankläger, dem furchtbaren Mönch mit der Donnerstimme. Aber drüben schrie es noch entsetzlicher; der vom Alp Gefeßelte hatte sich losgerissen, er entfloh den Wölfen mit den Feueraugen, um einem noch entsetzlicheren in den Rachen zu rennen. Da hatten sie sich gefasst und hielten sich an den Schultern, und schüttelten sich und zitterten beide und ihre Stimme versagte. Und welcher Kobold lachte nun höhnisch in der Ampel, die auf ihre totenbleichen Gesichter ungewissen Schein warf, wie sie mit stierem Auge und aufgerissenen Lippen sich anstarrten, und aus einem Munde: „Gnade, Barmherzigkeit!“ riefen? Und woher schallte die Stimme, die beiden ins Herz schmetterte: „Deren bedürft Ihr Sünder!“ Und wie die Lampe sich drehte und ein anderer Schein auf sie fiel, СКАЧАТЬ