Die Träume von Macht. Eckhard Lange
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Название: Die Träume von Macht

Автор: Eckhard Lange

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Antike Sagen - für unsere Zeit erzählt

isbn: 9783738083774

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СКАЧАТЬ Überweisung tätigte oder an einen Geld- automaten ging? Wo hatte der Täter bereits zugeschlagen?

      Danach entschied sich Thessi für die Niederlassung der Kreissparkasse in einem ruhigen, gutbürgerlichen Vorort, an einer tagsüber wenig belebten Nebenstraße gelegen und - eine Filiale ohne menschliche Bedienung, nur mit Automaten ausgerüstet. Er besorgte sich aus einer nur ihm bekannten Quelle das täuschend echt aussehende Imitat eines handlichen Revolvers, organisierte ein Fahrrad, das er unangeschlossen neben der Eingangstür abstellte und suchte sich einen Platz im Schutz einer gegenübergelegenen Hecke, von dem aus er ungesehen die Straße überblicken konnte. Nun galt es, einfach zu warten, Tag um Tag, ohne sich enttäuschen zu lassen.

      Und es dauerte drei lange Wochen, bis er einen jungen Mann sah, der mehrfach mit seinem Fahrrad vorüberfuhr und offensichtlich ebenfalls Interesse an dieser Filiale zeigte. Zuerst fuhr er nur langsam vorbei, dann stieg er ab, betrat den Automatenraum und studierte lange irgendwelche Aushänge, um sich dabei umzuschauen und die seltenen Kunden zu beobachten. Als dann eine ältere Dame hereinkam, auf einen Rollator gestützt dem Geldautomaten zustrebte, verließ er den Raum, nahm sein Fahrrad und radelte ein Stück weit die Straße entlang, um dann zu wenden.

      Thessi verfolgte in großer Anspannung, was geschah, bereitete sich vor auf den Sprung hinüber auf die andere Straßenseite. Der Radfahrer, ein untersetzter junger Mann in unauffälliger Kleidung - Jeans, ein graues T-Shirt und ein Allerwelts-Baseballcap, das sein Gesicht gut beschattete - stoppte und blieb im Sattel sitzen, um sich eine Zigarette anzuzünden. Er rauchte, fuhr aber nicht weiter. Da kam die Seniorin heraus, ihre kleine Handtasche im Korb des Rollators. Der Verdächtige warf die kaum angerauchte Zigarette fort, trat in die Pedale und fuhr geradewegs auf sein Opfer zu. Mit geschicktem Griff packte er die Tasche und trat dann kräftig gegen das Wägelchen, daß es seiner Besitzerin gegen die Beine stieß und sie straucheln ließ Ohne besondere Eile setzte er dann seine Fahrt fort. Niemand sonst war ja in der Nähe, der zugesehen hatte und ihn vielleicht verfolgen könnte.

      Auch Thessi blieb unsichtbar und ließ ihm einen Vorsprung, ehe er aus seinem Versteck sprang, über die Straße hastete, ohne sich um die alte Frau dort am Boden zu kümmern, sein Fahrrad ergriff und dem anderen folgte. Auch er hatte keine Eile, sondern folgte dem Flüchtenden in gutem Abstand. Der unbemerkt Verfolgte bog in einen Fußweg ein, der durch den Park führte, hielt dort an einer Bank, lehnte sein Rad an die Armlehne und setzte sich. Dann nahm er die Tasche zur Hand, um sie in aller Ruhe zu plündern.

      In diesem Augenblick näherte sich Thessi. Seine Rechte griff in die Hosentasche und umspannte den falschen Revolver, während er sein Rad einfach fallen ließ und sich neben den überraschten jungen Mann setzte. Offen hielt er nun die Waffe in der Hand, damit der andere sie sehen konnte, dann setzte er ihm den Lauf an die Schläfe. Der erstarrte, seine Hände begannen zu zittern. "Leg die Tasche hier zwischen uns," sagte Thessi ruhig. "Und tu, was ich dir sage. Das Ding könnte sonst ganz aus Versehen losgehen."

      "Bitte," stammelte der andere, "es sollte doch alles nur ein Spaß sein." Thessis Stimme wurde ironisch: "Aber dies hier ist kein Spaß. Leg dein Geld und deine Scheckkarte in die Tasche. Und jetzt deinen Personalausweis, damit ich weiß, wie du heißt und wo du wohnst." Der andere gehorchte. Thessi las die Adresse. Er würde zu Fuß mindestens eine Viertelstunde bis nach Hause brauchen. Knapp aber nachdrücklich kam sein nächster Befehl: "Schreib deine Pin-Nummer auf einen Zettel. Und denke daran: Ich finde dich, wenn du jetzt trickst." Thessi steckte den Zettel ungelesen in die Tasche. Der Mann neben ihm machte nicht den Eindruck, als könnte er ihn hinters Licht führen, zu deutlich stand Todesangst in seinen Zügen. "Schließ dein Rad ab, gib mir den Schlüssel!" Vorsichtig drehte sich der Räuber zur Seite, gefolgt von Thessis Arm mit der Waffe. Mit der anderen Hand nahm er den Schlüssel entgegen und steckte ihn ein. "Jetzt deine Hausschlüssel!" "Bitte, ich..." Doch Thessi unterbrach ihn: "Die alte Frau steht jetzt auch ohne Schlüssel da, wenn sie wieder aufstehen kann. Und ohne Geld. Warum sollst du es besser haben." Er nahm das Schlüsselbund, das ihm hingehalten wurde, hielt es einen Augenblick wie nachdenklich in seiner Hand, dann warf er es mit weitem Schwung über den Weg in das gegenüberliegende dichte Gebüsch aus wilden Rosen. "Hör gut zu!" Thessi verlieh seiner Stimme einen dunklen, drohenden Klang. "Wenn es in der Stadt noch ein einziges Mal einen Raubüberfall gibt, wirst du es bitter bereuen. Ein Leben lang - falls dein Leben dann noch lang wird."

      Die Waffe auf den jungen Mann gerichtet, stand er auf, schloß die geraubte Tasche, hängte sie sich um, hob vorsichtig sein Fahrrad auf und sagte dann: "Du wirst hier sitzenbleiben, bis ich fort bin. Vergiß nicht: So ein Ding hat eine gewisse Reichweite." Dann fuhr er los, ohne sich noch einmal umzusehen, geradewegs zur Sparkassenfiliale, wo ein Krankenwagen gerade die Gestürzte abtransportierte. Thessi ging an den umstehenden Gaffern vorbei in den Raum, zwei Polizisten suchten noch den Boden ab, hinderten ihn aber nicht, an den Servicedrucker zu gehen. Er schob die geraubte Karte ein: Gut viertausend Euro Bestand auf dem Girokonto. Eintausend D-Mark Überziehungskredit. Thessi wechselte zum Geldautomaten, hob mit kurzem Abstand zweimal 2.500 Mark ab, dann zerriß er Karte und Zettel und warf beides in den Abfallkorb. Den Personalausweis würde er erst später vernichten.

      Gemächlich radelte er durch den Park. Die Bank war leer, das Fahrrad lehnte noch an gleicher Stelle. Verborgen im Gebüsch sah er den Täter, der nun ein Opfer war, wie er sich gebückt durch die Dornen arbeitete auf der Suche nach seinem Schlüsselbund. Er bemerkte ihn nicht. Thessi grinste.

      Zu Hause durchsuchte er die Tasche nach einer Adresse. Die alte Frau hatte gerade einmal 150 Mark abgehoben. Wahrscheinlich den ganzen Rest ihrer Rente. Thessi verdoppelte den Betrag und legte einen Zettel dazu. In Großbuchstaben schrieb er: "Er ist bestraft worden. Er wird es nie wieder versuchen. Gute Besserung!" Und dann fügte er noch hinzu, gleichsam als Unterschrift: "Ein Gerechter."

      Am nächsten Tag in der Schule rief er einen seiner Bundesmitglieder heran und gab ihm die Tasche. "Hier ist die Adresse. Gib das dort ab. Wenn sie fragt, sag nur: Ein Unbekannter hätte dich darum gebeten. Und sieh zu, daß du schnell wieder abhaust. Keinerlei Auskünfte, verstanden?" Der Junge nickte, geehrt über den Auftrag und bereit, zu schweigen wie ein Grab.

      In der nächsten Sonntagsausgabe der lokalen Zeitung war folgende Notiz zu lesen: "Das städtische Seniorenheim freut sich über die großzügige Spende von 4.850 D-Mark eines Ungenannten, die bar auf das Konto der Stadt eingezahlt wurde. Die Heimleitung möchte sich daher auf diesem Wege im Namen aller Bewohnerinnen herzlich bedanken.“ Man werde das Geld zur Beschaffung eines seit langem dringend benötigten Spezialbetts zur Intensivpflege verwenden und hoffe, daß dies im Sinne des geheimnisvollen Wohltäters ist.

      Es hat übrigens keine weiteren Überfälle der bekannten Art in der Stadt mehr gegeben. Der Täter konnte allerdings auch nicht ermittelt werden. Ungeklärt blieb ebenfalls, warum nach dem letzten Handtaschenraub die Beute dem Opfer unversehrt zurückgegeben wurde, ob vom Täter oder von einem ehrlichen Finder, mußte also offen bleiben. Die dringende Bitte der Polizei an einen solchen, sich als wichtiger Zeuge zu melden, blieb erfolglos. Die Staats- anwaltschaft nahm deshalb den Fall nach Ablauf eines weiteren halben Jahres zu den Akten und stellte die Ermittlungen ein.

      Die Reifeprüfung

      Es war Spätherbst. Über die Stadt zogen dunkle Wolken hinweg, Regen prasselte auf die Dächer. Eine trübe Stimmung hatte wie jedes Jahr viele Menschen erfaßt, der neblig-nasse Tag verstärkte solche Gefühle. Die Schüler und Schülerinnen des zwölften Jahrgangs blickten mißmutig aus dem Fenster, der dozierende Pädagoge blieb allein mit seinem Stoff, und er bemerkte es wohl. Doch da ihn eine Erkältung plagte, seine Stimme immer wieder in Heiserkeit versagte und auch er das Ende der Stunde und dieses Vormittags herbeiwünschte, nahm er Desinteresse und Schläfrigkeit der Klasse demütig hin.

      Thessi saß am rechten Rand des tischgebildeten Halbrunds und beobachtete aufmerksam die Szene. Die Düsternis, die des Raumes wie die innere, sie kümmerte ihn wenig. Er war solche СКАЧАТЬ