Название: Internal Investigations
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811442757
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dd) Revisionsgrund
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Werden Erkenntnisse in der Beweiswürdigung berücksichtigt, die einem Beweisverwertungs- oder sogar -verwendungsverbot i.S.d. § 160a Abs. 1 S. 2 und 5, Abs. 2 S. 3 StPO unterliegen, ist ein relativer Revisionsgrund gegeben.[27] Wie auch im Rahmen des § 97 StPO muss der Revisionsführer darlegen, dass die Voraussetzungen des Abs. 4 nicht vorlagen, wenn diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.[28] Wurde zu Unrecht ein Beweisverwertungs- oder -verwendungsverbot angenommen, kann dies mit der Aufklärungsrüge beanstandet werden.[29]
a) Geschützte Personen
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Dem Schutz des Abs. 2 unterfallen gem. S. 1 und 4 die in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3–3 b und Nr. 5 genannten Personen mit Ausnahme von Rechtsanwälten, nach § 206 BRAO in eine Rechtsanwaltskammer aufgenommenen Personen und Kammerrechtsbeiständen. Die letztgenannte Gruppe von Berufsträgern wird ja seit der Neufassung des § 160a StPO durch Abs. 1 geschützt. Der Ausschlussgrund des Abs. 4 gilt für Abs. 2 entsprechend den Ausführungen zu Abs. 1.
b) Ermittlungsmaßnahme und Erkenntnisprognose
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Zu den Tatbestandsmerkmalen „Ermittlungsmaßnahme“ und das „voraussichtliche Erlangen von Erkenntnissen, über die die Person das Zeugnis verweigern dürfte“ gilt das zu Abs. 1 Gesagte entsprechend.
aa) Berücksichtigungspflicht bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß Abs. 2 S. 1 und 2
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§ 160a Abs. 2 S. 1 und 2 StPO sieht für die dort genannten Personen ein relatives Beweiserhebungsverbot vor.[30] Dass voraussichtlich Erkenntnisse erlangt werden, über die die geschützten Personen das Zeugnis verweigern dürften, ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung besonders zu berücksichtigen. Betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung, sei – so der Gesetzeswortlaut – in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses auszugehen. Soweit geboten, ist die Maßnahme dann zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. Eine Straftat von erheblicher Bedeutung ist nach überwiegender Auffassung eine solche, die mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und darüber hinaus geeignet erscheint, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigten.[31]
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Die Reichweite des relativen Beweiserhebungsverbotes richtet sich wie auch die Reichweite des absoluten Beweiserhebungsverbotes nach der des Zeugnisverweigerungsrechts. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung selbst ist unabhängig davon durchzuführen, ob sich die Maßnahme unmittelbar gegen den geschützten Berufsträger richtet oder gegen einen Dritten.[32] Anders als in Abs. 1 S. 1 ist es nicht erforderlich, dass sich die Ermittlungsmaßnahme gegen die genannte Person „richtet“. Vielmehr ist nach § 160a Abs. 2 S. 1 StPO ausreichend, dass eine geschützte Person „betroffen wäre“. Einer § 160a Abs. 1 S. 5 StPO entsprechenden Regelung bedurfte es in Abs. 2 daher nicht. Entscheidend ist vielmehr die von den Ermittlungsbehörden anzustellende Prognose, ob die Maßnahmen Erkenntnisse hervorbringen werden, die dem Zeugnisverweigerungsrecht einer geschützten Person unterliegen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Strafrechtspflege gegen das Interesse der Allgemeinheit an der vom Berufsträger wahrgenommenen Aufgabe und dem individuellen Interesse an der Geheimhaltung der jeweiligen Tatsachen abzuwägen.[33] Bei Straftaten, die nicht von erheblicher Bedeutung sind, greift die Regelverpflichtung ein, die entsprechende Maßnahme zu unterlassen. Es handelt sich um einen Fall intendierten Ermessens. Im Wirtschaftsstrafrecht stellt sich im Hinblick auf die Höhe der in Ordnungswidrigkeitenverfahren teilweise verhängten Bußgelder das Sonderproblem, ob § 160a Abs. 2 S. 1 StPO auch Eingriffe zur Ermittlung einer Ordnungswidrigkeit gestattet.[34] Die besseren Gründe sprechen gegen die Verhältnismäßigkeit einer auf Aufdeckung einer Ordnungswidrigkeit gerichteten Ermittlungsmaßnahme, da anderenfalls über die Ordnungswidrigkeit das Verdikt der Gemeinschädlichkeit verhängt werden müsste, was dem Charakter des OWiG widerspricht, so dass eine entsprechende Qualifizierung dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muss.[35]
bb) Beweisverwertung gem. Abs. 2 S. 3
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Auch für die Frage der Beweisverwertung gilt gem. § 160a Abs. 2 S. 3 StPO der in S. 1 normierte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Verwertungsverbot ist dabei, wie bereits zu Abs. 1 ausgeführt, nicht an das Bestehen eines Beweiserhebungsverbotes geknüpft, so dass dem unterschiedlichen Zeitpunkt der Beurteilung und den neu gewonnenen Erkenntnissen eine besondere Bedeutung zukommt.[36] Insbesondere kann der Verdacht bezüglich einer erheblichen Straftat zunächst die Beweiserhebung gerechtfertigt haben, sich dann aber zerstreuen, so dass eine Beweisverwertung bezüglich der festgestellten geringfügigen Straftat unverhältnismäßig ist.[37] Ob dies auch in umgekehrter Richtung gilt, etwa wenn trotz Verdachts einer nur geringfügigen Straftat eine Ermittlungsmaßnahme durchgeführt wurde, die dann Erkenntnisse über eine erhebliche Straftat erbringt, ist umstritten.[38] Der Gesetzgeber hat sich in BT-Drucks. 16/5846 S. 37, dafür ausgesprochen. Puschke/Singelnstein nehmen indes an, dass der Mangel nicht ohne weiteres geheilt werde, sondern die Verwertbarkeit des rechtswidrig gewonnenen Beweises nun anhand der Kriterien der Abwägungslehre zu bestimmen sei.[39] Gleiches müsste dann aber auch für Abs. 1 gelten. Vermittelnd schlägt schließlich Bertheau vor, die Unzulässigkeit der Beweiserhebung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 160a Abs. 2 S. 3 StPO zu berücksichtigen.[40] Auf diese Weise will sie den Bedenken von Puschke und Singelnstein Rechnung tragen. Es bleibt im Hinblick auf ihre Ausführungen zur nachträglichen Entbindung von der Schweigepflicht aber leider unklar, ob diese Einschränkung immer gilt und wie der vergleichbare Fall im Rahmen des § 160a Abs. 1 StPO zu behandeln sei.
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Zu anderen Zwecken als zu Beweiszwecken können einmal gewonnene Erkenntnisse im Unterschied zu § 160a Abs. 1 StPO stets verwendet werden.[41] Die mittelbare Verwertung der erlangten Informationen wird von Abs. 2 nicht erfasst und die Norm sieht auch keine Löschungs- oder Dokumentationspflichten vor. Ein absolutes Beweiserhebungs- und Verwendungsverbot kann jedoch auch unabhängig von § 160a Abs. 2 StPO aus einem Eingriff in den Kernbereich privater Lebensgestaltung erwachsen.[42]
cc) Revisionsgrund
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Vgl. oben Rn. 60.
4. § 160a Abs. 5 StPO: § 97 StPO bleibt unberührt
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Dass § 97 StPO dem § 160a StPO gem. dessen Abs. 5 nur in dem Umfang vorgeht, in dem § 97 StPO eine eigenständige Regelung trifft, wurde bereits wiederholt betont.[43] Die Reichweite dieser Feststellung ist jedoch umstritten. Unstreitig entfaltet § 97 StPO keine Sperrwirkung für die Beweisverwendungs- und -verwertungsanordnungen des § 160a StPO, da sich § 97 StPO ausschließlich auf die Zulässigkeit der Beweiserhebung bezieht.[44] Ebenso unstreitig folgt aus der Vorrangregelung des § 160a Abs. 5 StPO, dass eine Beschlagnahme, die nach § 97 StPO unzulässig ist, auch dann unzulässig bleibt, wenn sie nach § 160a StPO zulässig wäre.[45] Umstritten СКАЧАТЬ