Название: Internal Investigations
Автор: Dennis Bock
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811442757
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1. Grundlagen
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Auch die (noch) relativ junge Norm des § 160a StPO[1] dient dem Schutz des Zeugnisverweigerungsrechts von Berufsgeheimnisträgern i.S.d. §§ 53, 53a StPO, indem sie bestimmt, dass dieses bei der Auswahl und Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen, aber auch bei der Verwertung oder sogar der weiteren Verwendung gewonnener Erkenntnisse berücksichtigt werden muss. Zur Durchsetzung dieses Ziels steht in § 160a StPO ein abgestuftes System von Beweiserhebungs-, -verwertungs- und -verwendungsverboten zur Verfügung.[2] Soweit der Berufsträger selbst Beschuldigter eines Strafverfahrens ist, ist die Norm nach herrschender Ansicht unanwendbar.[3] Gleiches gilt, wie auch für die anderen Umgehungsverbote, wenn der Berufsträger wirksam von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden wurde.[4]
aa) Abs. 1 S. 1 und S. 5
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Der Anwendungsbereich des § 160a Abs. 1 S. 1 StPO erstreckt sich nach der Neufassung auf die in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 oder 4 StPO genannten Personen, Rechtsanwälte, nach § 206 BRAO in eine Rechtsanwaltskammer aufgenommene Personen und Kammerrechtsbeistände. Die genannten Personen müssen Adressat der jeweiligen Maßnahme sein.[5] Ermittlungsmaßnahmen gegen sonstige Personen werden grundsätzlich nicht vom Beweiserhebungs- und -verwendungsverbot des Abs. 1 S. 1 erfasst, selbst wenn die Möglichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit besteht, auch geschützte Erkenntnisse zu gewinnen.[6] Der Schutz der in S. 1 genannten Personen wird dann über § 160a Abs. 1 S. 5 StPO gewährt, so dass bei gegen eine sonstige Person gerichteten Ermittlungsmaßnahmen gewonnene Erkenntnisse von einer geschützten Person, über die diese das Zeugnis verweigern dürfte, unverwendbar sind. Die Löschungs- und Dokumentationspflicht gilt ebenfalls. Stellt sich im Einzelfall heraus, dass die gegen einen Dritten gerichtete Ermittlungsmaßnahme wesentliche geschützte Erkenntnisse hervorbringt, besteht ggf. unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten die Pflicht, die Ermittlungsmaßnahme zu beenden.[7] Für Hilfspersonen des Berufsträgers gilt Abs. 3, der den Anwendungsbereich der Norm auf diese erstreckt.
bb) Kein Ausschlussgrund nach Abs. 4
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§ 160a Abs. 4 S. 1 StPO, der § 97 Abs. 2 S. 3 1. Var. StPO entspricht, schließt die Beweiserhebungs- und -verwendungsverbote aus, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass die zeugnisverweigerungsberechtigten Personen an der Tat oder an einer Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beteiligt sind. Wie auch im Rahmen des § 97 StPO darf der Verstrickungsverdacht nur auf bestimmte Tatsachen gestützt werden, ein Ermittlungsverfahren gegen den Berufsträger muss aber noch nicht eingeleitet worden sein.[8] Entsteht ein hinreichender Verdacht erst nach der aus diesem Grund unzulässigen Beweiserhebung, sind die Erkenntnisse nach herrschender Ansicht verwertbar, solange sich der Verdacht nicht aus den zu Unrecht gewonnenen Ermittlungsergebnissen ergibt.[9] Dieses Ergebnis erscheint deshalb sachgerecht, weil die Ermittlungsmaßnahme zu dem späteren Zeitpunkt zulässigerweise erfolgen dürfte, und gilt ebenso für die nachträgliche Entbindung von der Schweigepflicht.[10] Im umgekehrten Fall, dass der Verdacht nachträglich wegfällt, kann demgegenüber nicht auf die Rechtsprechung zu § 97 StPO zurückgegriffen werden, da die Verwertungs- und Verwendungsregeln des § 160a StPO in jedem möglichen Verfahrenszeitpunkt eine eigenständige Berücksichtigung verlangen.[11]
b) Ermittlungsmaßnahme
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Das Beweiserhebungs- und -verwendungsverbot des § 160a Abs. 1 StPO erstreckt sich auf alle Ermittlungsmaßnahmen – nach herrschender Meinung – mit Ausnahme der §§ 97 und 100c Abs. 6 StPO, sofern diese eine eigene Regelung treffen.[12] Ermittlungsmaßnahmen sind Tätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden, die auf die Aufdeckung und Erforschung eines Sachverhalts gerichtet sind.[13] Ob die Maßnahme offen oder verdeckt durchgeführt wird, ist irrelevant.[14]
c) Voraussichtliche Erkenntnisse, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte
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Der Schutz des § 160a Abs. 1 StPO bezieht sich auf Erkenntnisse, über die die genannten Personen voraussichtlich das Zeugnis verweigern dürften. Die Reichweite des Erhebungs- und Verwendungsverbotes steht daher in unmittelbarem Zusammenhang mit den Vorschriften der §§ 53, 53a StPO und es ist ein enger Zusammenhang der anvertrauten oder bekanntgewordenen Tatsachen mit der Berufsausübung zu fordern. Ist das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts umstritten, schlägt dieser Streit unmittelbar auf die Anwendbarkeit des § 160a StPO durch.[15] In tatsächlicher Hinsicht ist Sicherheit über das Bestehen des Zeugnisverweigerungsrechts nicht erforderlich, um den Anwendungsbereich zu eröffnen. Ausreichend ist die Prognose, dass bei Vornahme der jeweiligen Ermittlungsmaßnahme entsprechende Erkenntnisse gewonnen werden.[16] Maßgeblich sind die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte.[17] Weitergehende Ermittlungen, ob entsprechende Erkenntnisse zutage treten könnten, sind nicht erforderlich.[18] Treten sie zutage, ist ihre Verwendung gem. § 160a Abs. 1 S. 2 StPO untersagt. Werden nicht geschützte Gegenstände gezielt mit Gegenständen verknüpft, die dem Schutz des § 160a Abs. 1 StPO unterfallen, um eine Überwachung zu verhindern, hindert das rechtsmissbräuchliche Verhalten die Ermittlungsmaßnahme nicht.[19]
aa) Unzulässigkeit der Ermittlungsmaßnahme gemäß Abs. 1 S. 1
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§ 160a Abs. 1 S. 1 StPO enthält ein Beweiserhebungsverbot, das die genannten Personen von gegen sie gerichteten Ermittlungsmaßnahmen gleich welcher Art freistellt. Die Freistellung ist absolut ausgestaltet, d.h. sie ist keiner Abwägung im Einzelfall zugänglich.[20] Auf die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts kommt es nicht an.
bb) Beweisverwendungsverbot gemäß Abs. 1 S. 2
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Unterstützt wird das Beweiserhebungsverbot des S. 1 durch ein absolutes Verwendungsverbot der erlangten Erkenntnisse im weiteren Verfahren. Verboten ist daher nicht nur die Einführung der Erkenntnisse in das Strafverfahren, sondern auch jegliche Form der Nutzung solcher Daten zu Zwecken der weiteren Informationsgewinnung oder -verarbeitung.[21] Ein Verstoß gegen das Beweiserhebungsverbot des § 160a Abs. 1 S. 1 StPO ist nicht erforderlich, um das Verwendungsverbot zu begründen.[22] Im Sinne der Norm „dennoch“ erlangte Erkenntnisse sind insbesondere auch solche, bei denen die Prognose ex ante rechtsfehlerfrei die Durchführung einer Ermittlungsmaßnahme gestattet hat und sich erst ex post herausstellt, dass die Prognose unzutreffend war.[23] Zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und der besonderen Vertrauensbeziehungen greift das Verwendungsverbot aber auch ein, wenn der Zeugnisverweigerungsberechtigte z.B. ohne Entbindung von der Schweigepflicht freiwillig an der Ermittlungsmaßnahme mitwirkt.[24]
cc) Pflicht zur unverzüglichen Löschung gemäß Abs. 1 S. 3 und zur Erstellung von Aktenvermerken gemäß Abs. 1 S. 4
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Unverwendbare Daten i.S.d. § 160a Abs. 1 S. 2 StPO sind gem. S. 3 unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erlangung und die Löschung der Aufzeichnungen sind gem. S. 3 aktenkundig zu machen, um die Einhaltung der Löschungspflicht zu dokumentieren und zugleich die Voraussetzungen СКАЧАТЬ