Название: Steuerstrafrecht
Автор: Johannes Franciscus Corsten
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811406506
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(3) Aktuelle Rechtsprechung des BGH zum großen Ausmaß
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Das hat offenbar auch der BGH erkannt[785] und daher die bisherige Rspr. aufgegeben und stattdessen eine einheitliche Grenze von 50 000 EUR für das Erreichen des großen Ausmaßes eingeführt.[786] Er begründet dies (weiterhin) mit der in dieser Höhe auch für den Vermögensverlust großen Ausmaßes beim Betrug gem. § 263 StGB von der Rspr. entwickelten Betrag.[787] Dabei stellt er die „strukturellen Unterschiede“ zwischen den Normen heraus, da § 263 StGB anders als § 370 den Eintritt eines Vermögensschadens voraussetze. Hingegen genüge für die Steuerhinterziehung die „tatbestandliche Gefährdung des Steueraufkommens“.[788] Die Gleichsetzung von Schaden und „tatbestandlicher Gefährdung“ in § 370 finde ihre Rechtfertigung darin, „dass die falsche Steuerfestsetzung nahezu immer zu einem Schaden führen wird“.[789] Stehe aber „die Gefährdung des Steueranspruchs dem beim Fiskus eingetretenen Schaden bei der Tatbestandserfüllung qualitativ gleich“, sei „die Verdoppelung des Schwellenwertes bei dem sog. Gefährdungsschaden nicht zu begründen.“[790] Als Möglichkeit zur Abmilderung der sich aus der Reduzierung des Betrages ergebenden Verschärfung betont der BGH den großen Spielraum, der dem Tatgericht auch bei Überschreiten der Grenze von 50 000 € verbleibt, um entgegen der Indizwirkung des Betrages dennoch keinen besonders schweren Fall anzunehmen.
(4) Kritik an der aktuellen Rechtsprechung des BGH zum großen Ausmaß
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Die Vereinheitlichung des Hinterziehungsbetrages für die Bestimmung des großen Ausmaßes ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings überzeugt das Abstellen auf den für § 263 StGB entwickelten Betrag unter Hervorhebung der „strukturellen Unterschiede“ der beiden Normen nicht. Näher hätte es gelegen, aus der Erkenntnis, dass § 370 niedrigere Anforderungen an die Rechtsgutsgefährdung stellt als § 263 StGB, konsequenter Weise auch einheitlich höhere Beträge für das Erreichen des großen Ausmaßes anzusetzen. Ein einheitliches Abstellen auf den höheren der früher angewendeten Beträge von 100 000 EUR wäre dem geringeren Unrechtsgehalt der Steuerhinterziehung gegenüber dem Betrug gerechter geworden und hätte zudem die Rechte der von der Rechtsprechungsänderung betroffenen Steuerpflichtigen geachtet, die seit Einführung des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 davon ausgehen muss, dass sie bei einer Steuergefährdung im Umfang von unter 100 000 EUR keine Steuerhinterziehung großen Ausmaßes begehen. Die geänderte Rspr. wirkt für den davon betroffenen Steuerstraftäter im Ergebnis wie eine rückwirkende Gesetzesverschärfung und wirft daher die Frage auf, ob sie sich mit dem Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 2 GG (§ 1 StGB) vereinbaren lässt.[791] Das BVerfG hat die Geltung des Gesetzlichkeitsprinzips für Strafzumessungsvorschriften bestätigt,[792] wertet Rechtsprechungsänderungen allerdings grundsätzlich nicht als Verstoß. Die Gerichte sind danach an eine einmal feststehende Rspr. insb. dann nicht gebunden, wenn diese sich im Licht geläuterter Erkenntnis oder angesichts des Wandels der sozialen, politischen oder wirtschaftlichen Verhältnisse als nicht haltbar erweist.[793] Selbst wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse oder der allgemeinen Anschauungen nicht eingetreten ist, kann ein Gericht ohne Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG von seiner früheren Rspr. abweichen, wenn dies hinreichend und auf den konkreten Fall bezogen begründet ist.[794] Zudem muss sich die Änderung im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung halten.[795] Hingegen kommt, wenn keine nachvollziehbare Anpassung der Rspr. erfolgt, insb. wenn sachfremde Erwägungen angestellt werden, ein Verstoß gegen das Willkürverbot gem. Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht.[796] Mit der Entscheidung, den für das große Ausmaß entscheidenden Betrag bei Verkürzung der zu zahlenden Steuer zu halbieren, wird keine nachvollziehbare Anpassung an bessere Erkenntnisse vorgenommen. Der Vergleich mit dem beim Betrug angesetzten Betrag trägt diese Entscheidung bereits nach den eigenen Ausführungen des Gerichts nicht. Auch der Behauptung, dass die falsche Steuerfestsetzung nahezu СКАЧАТЬ