Название: Kapitalmarkt Compliance
Автор: Karl Richter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Wirtschaftsrecht
isbn: 9783811447035
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4. Markets in Financial Instruments Directive I und II (MiFID I und MiFID II)
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Das Kernstück zur Generierung eines integrierten EU-Finanzmarktes bildet die „Markets in Financial Instruments Directive“ (MiFID I-RL 2004/39/EG)[57] vom 21.4.2004. Diese Richtlinie betrifft die Regulierung des Handels am regulierten Markt in Deutschland gleichermaßen wie auch Wertpapierfirmen, die an diesen Marktplätzen tätig sind. Mit Hilfe dieser Richtlinie sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen für Handelsplätze und Wertpapierfirmen geschaffen werden sowie der Anlegerschutz und die Markintegrität gewahrt bleiben. Inhalte dieser Richtlinie sind zu einem detaillierte Organisationspflichten und Wohlverhaltensregeln die für Wertpapierfirmen gelten, sowie ein profundes Konzept zu der Regulierung von Wertpapierhandelsplätzen.
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Aufbauend zu der MiFID-Richtlinie wurde durch das Europäische Parlament und den Rat am 10.8.2006 eine Durchführungsrichtlinie (RL 2004/39/EG, ABlEU 2006 Nr. L 241/26) und eine Durchführungsverordnung (VO 2004/29/EG, ABlEU 2006 Nr. L 241/1) beschlossen, die am 22.9.2006 in Kraft getreten ist. Die Umsetzung der MiFID in Deutschland durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG)[58] in Verbindung mit der Wertpapierdienstleistungs-Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV)[59] führte in der Praxis zu ganz erheblichen Veränderungen der Geschäftstätigkeit von Wertpapierhandelsunternehmen bzw. Banken.
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Diese Regelungen wurden mit Wirkung zum 3.1.2018 durch die MiFID II-Richtlinie (RL 2014/65/EU, ABlEU 2014 Nr. L 173/349) in Verbindung mit der MiFIR-Verordnung (VO (EU) 600/2014, ABlEU 2014 Nr. L 173/84) geändert. Dadurch sollen Entwicklungen seit der Einführung von MiFID I berücksichtigt werden und die Effizienz, Widerstandsfähigkeit und Transparenz der Kapitalmärkte weiter gesteigert werden. Angestrebt werden insbesondere die weitere Stärkung des Anlegerschutzes sowie die Neustrukturierung der Wertpapier- und Derivatemärkte.[60] U.a. soll dies durch gesteigerte Anforderungen an die Vor- und Nachhandelstransparenz, Einbeziehung und Verlagerung von mehr Geschäften an geregelte Märkte, verschärfte Meldepflichten und eine stärkere Regulierung des Hochfrequenzhandels erreicht werden, was erneut einen deutlichen Zuwachs an Compliance-Anforderungen mit sich bringt. In Deutschland wurden (u.a.) die MiFID II-Regelungen durch das am 23.6.2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte 2. Finanzmarktnovellierungsgesetz (2. FiMaNoG)[61] in nationales Recht umgesetzt. Hierdurch wurde das gesamte WpHG neu geordnet, wobei nötige Ergänzungen vorgenommen aber auch in weiten Teilen bestehende Regelungen ohne inhaltliche Änderungen übernommen werden.
5. Aktionärsrechterichtlinie
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Die am 3.8.2007 in Kraft getretene Richtlinie über die „Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften“ musste von den Europäischen Mitgliedstaaten bis zum 3.8.2009 in nationales Recht aufgenommen werden. Entstanden ist die Richtlinie durch einen Vorschlag der Europäischen Kommission vom Januar 2006, der durch den Rat der Justizminister der EU am 12.6.2007 angenommen wurde.[62]
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Sinn und Zweck dieser Richtlinie ist es, dass Aktionäre von börsennotierten Unternehmen im Vorfeld Zugang zu wichtigen Informationen einer anstehenden Hauptversammlung erhalten.[63] Weiterer Bestandteil der Richtlinie ist die Regelung der Stimmrechtsabgabe von Aktionären aus der Ferne sowie die Mindestanforderungen für Frage-[64], Vorschlags- und Beschlussvorlagerechte.[65] Auch hier ist im Gegensatz zu den aktienrechtlichen Richtlinien, die es bislang gab, eine Begrenzung auf im regulierten Markt notierte Gesellschaften vorgesehen, es handelt sich also, obwohl in das Gesellschaftsfeld eingegriffen wird, um den Gedanken der Kapitalmarkt-Compliance, der hier umgesetzt wurde.
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Mit dem Ziel insbesondere die langfristige Mitwirkung der Aktionäre und die Transparenz zwischen börsennotierten Gesellschaften und ihren Anlegern zu fördern,[66] wurde die Aktionärsrechterichtlinie im Mai 2017 nach längeren Diskussionen durch die Richtlinie zur Änderung der Aktionärsrechterichtlinie reformiert.[67] Gegenstand der Änderungsrichtlinie sind insbesondere die stärkere Überwachung der Vergütungspolitik für Mitglieder der Unternehmensleitung durch die Aktionäre, die künftig in der Hauptversammlung über das im Unternehmen angewandte Vergütungssystem abstimmen sollen sowie die stärkere Kontrolle von Transaktionen mit nahestehenden Parteien („Related Parties Transactions“), die ebenfalls von der Hauptversammlung oder zumindest dem Aufsichtsrat genehmigt werden sollen. Zudem werden sowohl die Transparenzregeln für institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und Stimmrechtsberater als auch die Beteiligungstransparenz allgemein ausgeweitet. Ausgestaltet als Richtlinie sind die europäischen Vorgaben bis zum 10.6.2019 in nationales Recht umzusetzen. Für die Praxis bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber eingeräumte Wahlrechte ausnutzen und die Umsetzung insgesamt ausgestalten wird.
6. AIFM[68]
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Am 11.11.2010 hat der europäische Gesetzgeber die Richtlinie betreffend die Verwalter alternativer Investmentfonds[69] erlassen. Die Richtlinie beinhaltet Zulassungs- und Aufsichtsanforderungen für Fondsmanager, so z.B. eine angemessene Eigenkapitalvorhaltung (Art. 9), ein adäquates Risiko- und Liquiditätsmanagement (Art. 15, 16), die Pflicht zur regelmäßigen Bewertung der Assets (Art. 19), die Sicherung der Anlegergelder auf dem Konto einer unabhängigen Verwahrstelle (Art. 21) sowie umfangreiche Offenlegungs- und Berichtspflichten gegenüber Anlegern und Aufsichtsbehörde (Art. 22–24). Betroffen sind alle Manager offener und geschlossener Fonds, soweit diese nicht bereits durch die OGAW-Richtlinie erfasst sind.
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Das Gesetz zur Umsetzung der AIFM-Richtlinie[70] trat in Deutschland am 22.7.2013 in Kraft. In diesem Zuge wurde das bestehende Investmentgesetz[71] aufgehoben und darin enthaltene Regelungen in das neues Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)[72] integriert. Dabei hat der deutsche Gesetzgeber einen sehr umfassenden – über die europäischen Mindestanforderungen hinausgehenden – Regulierungsansatz gewählt, der zu ganz erheblichen Compliance Anforderungen für geschlossene Fonds und andere Anlageinstrumente führt. Für bestimmte Fälle ordnet das KAGB in § 5 Abs. 2 u.a. die entsprechende Geltung der Compliance-Regelung des § 80 Abs. 1 WpHG (§ 33 Abs. 1 WpHG a.F.) explizit an.
7. Kapitaladäquanzverordnung und -richtlinie
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Hinsichtlich Compliance-Gesichtspunkten sind die Kapitaladäquanzverordnung[73] und -richtlinie[74] ebenfalls zu beachten. Im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise im Jahr 2008 kam international die Forderung nach einer Stärkung der Widerstandskraft des Bankensystems auf. Aus Sicht des europäischen Gesetzgebers musste eine Erhöhung der Qualität, Quantität und der internationalen Vergleichbarkeit an Eigenmittel der Banken herbeigeführt werden. Zudem sollten neue Liquiditätsregeln für Banken geschaffen werden, die im Krisenfall eine Zahlungsfähigkeit sichern sollten.
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Der europäische Gesetzgeber erließ vor diesem Hintergrund eine Kombination aus Richtlinie und Verordnung, die CRD IV/CRR.[75] СКАЧАТЬ