Fachdidaktik Englisch - Fokus Literaturvermittlung. Jürgen Bona Meyer
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СКАЧАТЬ neuen Deskriptoren jedoch zugestehen können, dass sie in vielerlei Hinsicht jene zentralen Handlungstypologien und Aufgaben-Operatoren im Umgang mit Literatur reflektieren, die im fachdidaktischen Diskurs und in den Lehrwerken längst common currency geworden sind. Dies zeigt sich in den Beschreibungen der Aktivitäten in Auseinandersetzung mit Texten, die dieselben Begriffe (z.B. „describe“, „point out“, „evaluate“, „comment on“) aufweisen, die in den Lehrwerken zur Aufgabenformulierung als action verbs (Operatoren) verwendet werden, dort allerdings zusätzlich jeweils einem AFB zugeordnet und entsprechend differenziert sind.6

      Dem Companion Volume seien hier zwei weitere Korrektive zum ursprünglichen CEFR zur Seite gestellt: zum einen die fremdsprachlichen Literatur-Kompetenzbeschreibungen, die Ivo Steininger vor dem Hintergrund seiner empirischen Studie zur Modellierung literarischer Kompetenz für die Sekundarstufe I vorgestellt hat, zum anderen die Deskriptoren des Literary Framework for Teachers in Secondary Education (LiFT-2): Steininger insistiert auf der holistischen Dimension der literarischen Kompetenz und unterscheidet dabei in seinem Kompetenz-Strukturmodell kommunikative, psychosoziale, reflexive, interkulturelle und methodische Teilkompetenzen, die ihrerseits vielfach aufgespalten sind und im Unterricht an geeigneter Stelle mit geeigneten Aufgaben zur synthetisierenden Interaktion gebracht werden müssen:

Kommunikative Kompetenzen Kategorien
Sprachvermögen Leseverstehen Textproduktion Wortschatz, Reparaturstrategien, Grammatik hierarchie-nieder; hierarchie-höher Sprechen, Schreiben
Psycho-soziale Kompetenzen Kategorie
Psycho-soziale Fähigkeiten Ästhetische Fähigkeiten Empathievermögen, affektive Mobilisatoren Ästhetisches Lesen
Reflexive Kompetenzen Kategorie
Weltwissen Sprachwissen Literarisches Wissen Textdeixis, Wissensdeixis Sprachbewusstheit, metasprachliche Fähigkeiten Gattungswissen und Genreschemata, symbolisches Wissen
Interkulturelle Kompetenzen Kategorie
Soziokulturelles Wissen Fremdverstehen Umgang mit fremdkulturellen Konzepten Einnehmen der Innenperspektive, Einnehmen der Außenperspektive
Methodische Kompetenzen Kategorie
Textbegegnung Sinnkonstitution Schreibhandeln Aufführung und Vortrag Erwartungshaltung aufbauen, Erwartungshaltung erhalten Textinterpretatorisch orientiert, textanalytisch orientiert, Eigenständiges (Arbeiten), Informieren Text als Anlass, Text als Modell Präsentation des Textes Präsentation der eigenen performativen Produkte

      Tab. 4:

      Kompetenzbeschreibungen für den Umgang mit literarischen Texten (im Anschluss an Steininger 2014: 393-398)

      Diesen Kompetenzkategorien sind ihrerseits eigene Deskriptoren zugeordnet, die die jeweilige Kategorie anhand von Handlungsbeschreibungen konkretisieren, aber nicht im Sinne einer Kompetenzhierachie staffeln. Steininger betont, dass an dieses System anschließend in der Sekundarstufe II, „bedingt durch die Verwendung komplexerer Texte (Gattungsvielfalt, Themenbereiche, Erzählstrukturen, Umfang, sprachlicher Komplexität)[, sich] auch komplexere Handlungen“ (Steininger 2014: 399) initiieren lassen: zu denken ist hier insbesondere an metasprachliche diskursive Mittel, die Produktion textbezogener learning outcomes, sowie an die literaturbezogene Erweiterung der reflexiven und methodischen Kompetenzen (vgl. dazu Kapitel 3.3).

      Eben solche Erweiterungen werden in einem weiteren Korrektiv zum CEFR genauer ausgeführt. Mit LiFT-2 sind – für die jeweilige schulsprachliche (i.d.R. also die jeweilige L1-) Literatur – zwei aufeinander folgende Kompetenzstufen für 12- bis 15jährige und 15- bis 18jährige Schüler:innen definiert. Dieses seit 2010 in einem multinational operierenden Forschungsnetzwerk unter Beteiligung von fünf europäischen Nationen erarbeitete Rahmenwerk definiert sechs Niveaustufen literarischer Kompetenz, die als Entwicklung von „indifferen[ten]“ (mit „geringer Übung im Lesen“) zu „fachkundigen“ Lesenden modelliert wird, welche literarische Texte auch metasprachlich erfassen, beschreiben und beurteilen können.7

      Das zu entwickelnde Fachwissen innerhalb der LiFT-2-Matrix übersteigt die Kompetenzmodellierungen des CEFR 2018 erheblich. Denn gegenüber diesem tritt eine Diskursbeherrschung hinzu, derzufolge auf diesem Niveau Konzepte wie Plot, Handlungschronologie, narrative Mehrsträngigkeit, Erzählperspektive und die Semantisierung von (meta-)literarischen Motiven ebenso verfügbar sind wie die heuristische Deutung stilistischer und rhetorischer Figuren. Die Lernenden „können Literatur aus verschiedenen Perspektiven erschließen (psychologisch, politologisch, soziologisch, philosophisch, kulturell etc.) und interpretieren“ und darüber hinaus „Texte in Bezug zu anderen Schriften oder Künsten setzen (z. Bsp. Filme, bildende Kunst)“ (LiFT-2: Niveau 6 > Schüler(-innen)). Um diese Diskursfähigkeit zu erlangen, gestattet das Framework auch eine ästhetische Kompetenzausbildung der Schüler:innen:

       Sie können die Eigenarten verschiedener Kunstwerke erkennen und vergleichen;

       unterscheiden zwischen Lektüreansätzen für unterschiedliche Zwecke innerhalb und außerhalb des schulisch-institutionellen Kontextes;

       vergleichen und synthetisieren unterschiedliche Lesarten eines Textes in einem Studienprojekt;

       finden Aspekte des literarischen Diskurses und reflektieren ihn in angemessener Terminologie (Metasprache);

       schließlich erkennen sie anhand „professioneller Kritiken“ (= wissenschaftliche Literatur) „ästhetische Tendenzen“

      (LiFT-2: Niveau 6 > Didaktik: „Handlungen der Schüler (-innen)“)

      Auffällig an der Zusammenstellung dieser Deskriptoren ist die Tatsache, dass hier Aktivitäten im Vordergrund stehen, die eine intensive Auseinandersetzung mit dem konkreten literarischen Text erfordern. So betrachtet lässt sich LiFT-2 im Sinne der vorliegenden Studie als ein Impuls zu einer re-philologisierenden Unterrichtsgestaltung für ästhetische Texte begreifen (alternativ wird im EFL-Unterricht der Begriff „deskbound approach“ konzeptualisiert, vgl. Eschbach 2019: 66-71), der auf literaturaffine Themen angewendet zu einem höheren Grad an fremdsprachlichem Literatur-Wissen verhelfen könnte.

      1.4 Literaturdidaktische Problemfelder

      Die folgenden Ausführungen setzen sich mit wichtigen Aspekten der Unterrichtsparadigmen auseinander, die den fortgeschrittenen gymnasialen Literaturunterricht prägen. Ziel ist es, den didaktischen Stellenwert des Interpretierens im Umgang mit literarischen Texten neu zu bestimmen und (wieder) aufzuwerten. Dazu müssen im Vorfeld einige Begriffe näher untersucht werden, die für den allgemeinen Fremdsprachenunterricht in sprachdidaktischer Hinsicht zwar hilfreich und notwendig sind, aber insgesamt geradezu den Status von Universalien erlangt haben. Dabei geht es um die Frage, ob das Kriterium von „Authentizität“ auch literaturdidaktisch seine uneingeschränkte Berechtigung hat, und andererseits um das schwierige Verhältnis zwischen literarischem Text und (lernenden) Rezipient:innen – hier geraten kognitive Prozesse wie die immersive Rezeption im unmittelbaren Leseakt ebenso in den Blick wie die (anschließende) Reflexion über das Gelesene. Ein besonderes Augenmerk wird in diesem Zusammenhang СКАЧАТЬ