Fachdidaktik Englisch - Fokus Literaturvermittlung. Jürgen Bona Meyer
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      Resümierend bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass die Vermittlung von Literatur über die Lehrwerke allein nicht ausreicht, um das Sinn-Potenzial von Texten unter Verabsolutierung der Schülersicht hinreichend zu erarbeiten. Die für die Lehrwerke ausgewählten Passagen ermöglichen jedoch einen ersten Schritt in Richtung einer fortgeschrittenen Ganztextlektüre, zumal sie mit den Querverweisen auf die Kompetenzseiten wichtige Hilfestellungen geben. Die fragmentierten und isolierten Textauszüge, die in den Lehrwerken als Arbeitsgrundlage angeboten werden, können kaum valide Einsichten über breiter angelegte Plotmuster, subtile und konplexe Charakterentwicklungen oder kategorisierende Genre-Typologien vermitteln; stattdessen besteht anhand dieser Textbeispiele die Gelegenheit, die Verfahren der literarischen Textanalyse mit anschließender Sinnkonstitution, die bewusst auf Generalisierungen verzichtet, einzuüben – Verfahren, die in der Ganztextanalyse erneut zur Anwendung gebracht und dort im Hinblick auf die genannten Makrostrukturen vertieft werden. Gleichwohl werden die lehrwerkanalytischen Abschnitte in Kapitel 2 deutlich machen, dass die Textauszüge immer wieder als repräsentative Aussagen über einen Roman, ein Drama, eine Situation oder eine Figur überansprucht werden. Die Limitation der formalen und ontologischen Aussagekraft eines Textabschnitts wird nicht erkannt bzw. vermittelt.

      1.5 Ziele und Aufbau der Studie

      Der letzte Abschnitt dieser Einleitung wendet sich den Zielen der Studie zu und umreißt knapp ihren Aufbau. Die Untersuchung der hier ausgewählten Lehrwerke gibt Aufschluss darüber, welche literarischen Inhalte und literaturbezogenen Kompetenzen im Oberstufenunterricht Englisch am Ende des zweiten und zu Beginn des dritten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts vermittelt werden könnten – der Konjunktiv ist hier deswegen angebracht, „da die Qualität von Lehrwerkkomponenten nur begrenzt Rückschlüsse auf die damit zu erreichende Unterrichtsqualität ermöglicht“ (Funk 2019: 366). Gleichwohl ist dem Lehrwerk ein hohes Maß an inhaltlicher Qualität und fachlicher Verlässlichkeit abzuverlangen, soll es im Unterricht eine prozess-förderliche Rolle einnehmen. Es bedarf daher in der Unterrichts-Konzeption und Produktion sowie auf der Ebene der Verwendung stets einer kritischen Haltung gegenüber den Lehrwerksinhalten, bzw. den Mut und die fachliche Kompetenz zur Modifikation dieser Inhalte seitens der individuellen Lehrkraft, die die Arbeit mit dem Lehrwerk oder anderen Materialoptionen verantwortet.

      Die beiden für die folgenden Kapitel ausgewählten Themenkreise „Science / Technology / Utopia / Dystopia“ und „Shakespeare“ sind Gegenstände, die sich in der vorliegenden Untersuchung besonders für eine gründliche Literaturerarbeitung im Fremdsprachenunterricht Englisch eignen und die zudem – vor allem im Fall des erstgenannten Themas – auch sehr gut in bilingualen Zusammenhängen, z.B. in Verbindung mit den Sachfächern Geschichte, Biologie oder Ethik, gewinnbringend einzusetzen sind.1 Eine der wesentlichen Vermittlungsstrategien ist der Versuch seitens der Lehrwerke, „auf unterschiedliche Weise Anknüpfungsmöglichkeiten an die Welt der S[chüler:innen] [zu] bieten“ (C-HRU 95). Auch der Unterrichtsgegenstand „Shakespeare“ wird in den Lehrwerken zumindest im Anspruch schülernah konzipiert, was sich aufgrund der historischen wie kulturellen Distanz seiner Werke als besondere Herausforderung gestaltet (vgl. Schmidt 2006). Die hier vertretene These besagt demgegenüber, dass dabei die Aufmerksamkeit für die Texte als Literatur zu kurz kommt, so dass anhand dieser beiden Themen die Gelegenheit genutzt werden sollte, spezifische literarische Kompetenzen zu fördern.

      Unterrichtsmethodisch wird in allen hier untersuchten Bänden eine schülerzentrierte und handlungsorientierte Inszenierung des Geschehens im Klassenzimmer angestrebt, die in hohem Maße kommunikativ ist und sich folglich um sprachliche Authentizität, diskursive Alltagstauglichkeit und lebensweltliche Anwendbarkeit bemüht. Verändert gegenüber früheren Lehrwerksgenerationen und den Bänden der Sekundarstufe I sind in der vorliegenden Dichte aber textlich komplexe Unterrichtseinheiten, die nicht nur jeweils dem AFB-Dreischnitt aus „Verstehen“, „Analyse“ und „Beurteilung / Bearbeitung“ folgen, sondern die auf die balancierte Beherrschung von mündlichen, schriftlichen und medial basierten Textstrategien sowie der Anwendung von Zieltextformaten abzielen. Gemäß einer einschlägigen Methodentypologie wäre hier also in zunehmendem Maße von „Text-Based Instruction“ (Richards/Rogers 2014, 200-213) zu sprechen, die jedoch eine stärkere Fokussierung auf den literaturspezifischen Diskurs inkl. seiner Fachsprache erfordert, als dies aktuell in der Regel gewährleistet ist.

      Ziele. Die vorliegende Studie untersucht mit ihrem lehrwerkanalytischen Ansatz verschiedene kompetenzorientierte Schulbücher auf Methoden und Modelle der Literaturvermittlung. Natürlich eignet diesem Verfahren eine gewisse Subjektivität in Betrachtung und Ergebnissen: Im Vordergrund steht eine konzeptionelle und inhaltsorientierte Untersuchung der Lehrwerke. Sie steht damit in Gegensatz zu einer prozessorientierten empirischen Studie, mit der die Anwendung und Rezeption im praktischen Unterrichtsgeschehen abzubilden wäre.2 Die Lehrwerke werden im Folgenden daraufhin betrachtet, inwieweit sie für die Lernenden Angebote schaffen, literarische Texte auf ihre textinterne Kompositions- und Kommunikationsstrukturen hin zu untersuchen und deren Implikationen im Verfahren der Interpretation zu deuten. Erörtert werden muss dabei die Frage, inwieweit diese dem Anspruch genügen, die curricular angestrebte Wissenschaftspropädeutik und Allgemeinbildung auf dem Gebiet der Text- und Medienkompetenzen zu erreichen: als eine Balance von starker Kompetenzorientierung mit der darin implizierten sprachlich-kommunikativen Handlungsfreiheit im beruflichen Alltag hier und der Perspektivierung auf ein mögliches (Fremd-)Sprachenstudium dort.

      Aufbau. Das für die Lehrwerkanalyse zentrale Kapitel 2 im Anschluss an diese einleitenden Abschnitte ist wie folgt gestaltet: Zunächst werden die vier Lehrwerke aus der Vogelperspektive betrachtet, um einen Eindruck darüber zu vermitteln, welchen allgemeinen Stellenwert literarische Texte darin im Einzelfall einnehmen (Abschnitt 2.1). Abschn. 2.2 wendet sich anhand des Themas „Science / Technology / Utopia / Dystopia“ den spezifischen Lernaufgaben mit Bezug auf die für die unterschiedlichen Lehrwerke ausgewählten literarischen Textpassagen zu. Wie auch im Shakespeare-Kapitel (Abschn. 2.3) wird es dabei in verschiedenen Fällen notwendig sein, das jeweils zugrunde liegende Werk insgesamt in Augenschein zu nehmen und inhaltliche bzw. kontextuelle Aspekte zu berücksichtigen. Es folgt dann eine Auseinandersetzung mit den dazugehörigen Aufgabenformaten sowie, am Ende der jeweiligen Diskussion, konstruktiven Vorschlägen weiterer Textpassagen als Ergänzung zu denen im Lehrbuch. Mit diesen Ergänzungen, die im digitalen Anhang zu diesem Band zugleich die Textbasis für die Kopiervorlagen darstellen, soll für Studierende und Lehrkräfte die Möglichkeit geschaffen werden, ein genaueres und stimmigeres Bild vom Gesamttext zu erhalten, bzw. mit diesen Passagen den Schüler:innen ein solches zu vermitteln.

      Kapitel 3 „Ergebnisse und Perspektiven“ schließlich wird noch einmal auf die Ziele einer funktional differenzierenderen Vermittlung von Literatur im Schulunterricht eingehen und dabei für eine Pflege rezeptionstheoretischer, kommunikativer Anteile ebenso argumentieren wie für die Re-Etablierung ästhetischer und textzentrierter Aspekte der Literatur, so dass insgesamt ein höherer Grad an wissenschaftspropädeutischem Kompetenzstandard erreicht wird, der es den Studierenden gleichermaßen wie den Hochschullehrkräften erlaubt, die bislang häufig abrupten Phasenübergänge von der Sekundarstufe zur Tertiärbildung als Kontinuum zu erkennen und damit leichter zu bewältigen.

      2 Vier Lehrwerke: Camden Town – Context – Green Line – Pathway Advanced

      2.1 Inhaltlich-struktureller Aufriss der Lehrwerke

      Auf allgemeiner Ebene erscheinen alle hier zu betrachtenden Lehrwerke der Qualifikationsphase (QP) inhaltlich miteinander vergleichbar: Die Schülerbände unterteilen sich, in abweichender Reihenfolge, in einzelne Lernmodule sowie in ihrerseits noch einmal untergliederte Anhänge. Die Lernmodule entsprechen den im jeweils länderspezifischen Kernlehrplan (KLP) vorgegebenen Themenblöcken. Medial weitgehend hybridisiert, sind sie in der Mehrzahl mit digitalen Datenträgern ausgestattet – im Falle von Pathway СКАЧАТЬ