Fachdidaktik Englisch - Fokus Literaturvermittlung. Jürgen Bona Meyer
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СКАЧАТЬ durchläuft, beschreibt. Er postuliert dabei eine Sukzession von mehreren Stufen, ausgehend vom „mythische[n] Verstehen“ im Kleinkindalter über ein identifikatorisches „romantisches Verstehen“, gefolgt von einem distanzierten, beobachtend-kritischen Zugang zur Literatur bis hin zum „philosophischen Verstehen“ bei jungen Erwachsenen, das eine ironisch-subversive Lesart von literarischen Texten ermöglicht (vgl. Bredella 2004: 81-138). Burwitz-Melzer (2007) macht in ihrer Kritik an den supranationalen und bundesweiten Referenzwerken einen Vorschlag zur Formulierung von schulischen Lesekompetenzen in einem modellhaften Entwurf für die Jahrgangsstufen 12/13. Dabei unterscheidet sie, im Gegensatz zu den „nicht begründeten und schwammig formulierten“ Kriterien der drei Anforderungsbereiche (im folgenden: AFB) Comprehension / Analysis / Activities für gymnasiale Aufgabenstellungen, wie sie seit Herausgabe der Einheitlichen Prüfungsanforderungen (KMK 2003) auch für die neueren Bildungsstandards verbindlich sind (KMK 2012), fünf unterschiedliche Kompetenzbereiche. Diese lassen sich psycholinguistisch begründen bzw. der Lernprogression und Lesesozialisation folgend organisieren: Es handelt sich um motivationale, kognitive, interkulturelle Kompetenzen sowie solche der Anschlusskommunikation und Reflexion (vgl. Burwitz-Melzer 2007: bes. 139-143). Letztere führen, wie die zuvor genannten Kriterien mit ihren unterschiedlich komplexen Stufen von Sinnkonstitution, zur schriftlichen Textproduktion bzw. zu mündlichen Sprachleistungen der Schüler:innen, die ihrerseits im Unterricht einsetzbar bzw. zu bewerten sind. Im Anschluss an diesen Vorschlag entwickelt Hallet seine vier Kompetenzebenen, die die Lernenden von der „literarischen Lesefähigkeit“ über die „literarische[n] als kulturelle Kompetenzen“ und die „Reflexionsfähigkeit“ bis hin zur „fremdsprachlichen Diskursfähigkeit“ führt (Hallet 2009: bes. 77-85). Es waren all dies Bemühungen, die dazu beitragen sollten, „kulturelle, interkulturelle und transkulturelle Kompetenzen, Lesekompetenzen (vor allem im Bereich des intensiven oder extensiven Lesens), narrative, affektive, imaginative Kompetenzen […] operationalisierbar sowie überprüfbar“ zu machen (Volkmann 2017: 218).

      Drei aktuelle literaturdidaktische Korrekturvorschläge. Im Jahr 2018 erschien der Companion Volume zum CEFR, der eine deutliche Reaktion auf die zuvor geäußerte Kritik erkennbar werden lässt, insofern ästhetischen (als Subspezies von „kreativen“) Texten und ihrer Betrachtung mehr Platz eingeräumt wird als zuvor. Es gibt im ergänzenden CEFR, analog zu den sprachlichen Kompetenz-Deskriptoren, auch solche für die Abbildung und Messung literaturbezogener Kompetenzen, die im Bereich der Sprachmittlung („mediation“, vgl. dazu Quetz 2019) und der dabei besonders hervorgehobenen Eigenschaft des „constructing new meaning“ (CEFR 2018: 103) angesiedelt sind und im Zuge der anschließenden Ausführungen ausführlich erläutert und klassifiziert werden.4 So wird der Auseinandersetzung mit kreativen Texten und der ästhetischen Literatur in diesem Ergänzungsband zwar mehr Raum innerhalb des Beschreibungsschemas zuteil als im ursprünglichen Rahmenwerk. Eine Definition dessen, was „kreative“ Texte umfasst, liefert der Ergänzungsband hingegen nicht – ob es sich dabei um z.B. ‚witzige‘ Werbetexte, um emotiv-expressive bzw. appellative Texte wie Tagebucheinträge oder Kommentare oder eben um Texte der sogenannten Höhenkammliteratur handelt, wird nicht konkretisiert.

      Jedoch unterscheidet das Companion Volume unterschiedlich gerahmte Rezeptionsszenarien. Der persönlich-intuitive Rezeptionsprozess geht gemäß diesen Abschnitten dem analytisch-evaluativen voran. Die Hierarchie führt vom „engagement“ über die „interpretation“ („ascribing meaning or significance to aspects of the work including contents, motifs, characters’ motives, metaphor, etc.“, CEFR 2018: 115) zur „analysis“ („of certain aspects of the work including language, literary devices, context, characters, relationships. etc.“, CEFR 2018: 116) und „evaluation“. Die Interpretation ist also als Form der Bedeutungsgebung nominell in der Hierarchie enthalten, ihr kommt aber lediglich ein subordinärer kognitiver Status zu: „Describing a personal reaction and interpretation is cognitively far simpler than giving a more intellectual analysis and / or evaluation.“ (CEFR 2018: 116) In deutlichem Selbstwiderspruch zu den gerade dargelegten Ausführungen ordnet gleichwohl auch der CEFR 2018 die individuelle literary literacy mit der Befähigung zur Interpretation den höheren und höchsten sprachlichen Stufen zu:

      Progression up the scale is characterised as follows: At the lower levels the user / learner can say whether he / she liked the work, say how it made him / her feel, talk about characters and relate aspects of the work to his / her own experience, with increased detail at B1. At B2 he / she can give more elaborate explanations, comment on the form of expression and style and give his / her interpretation of the development of a plot, the characters and the themes in a story, novel, film or play. At the C levels, he / she can give broader and deeper interpretations, supporting them with details and examples. (CEFR 2018: 116)

      Es zeigt sich hier die nach wie vor deutliche Unsicherheit gegenüber der Arbeit mit literarischen Texten und Werken: So werden z.B. gängige Umstellungen im Satzbau (z.B. Inversion, Ellipse, Anakoluth) in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen poetischen Verfahren (Metapher und Ambiguität) als „abnormal syntax“ stigmatisiert. Demgegenüber ließe ein neutraler, deskriptiver Kriterienkatalog – als der sich der CEFR doch auch in der Version von 2018 ausgibt – eine weniger wertende Formulierung wie ‚non-standard‘ erwarten. Zur Veranschaulichung seien hier die im neuen CEFR abgebildeten literaturbezogenen Kompetenzniveaus und ihre dazugehörigen Deskriptoren aufgeführt:5

ANALYSIS AND CRITICISM OF CREATIVE TEXTS (INCLUDING LITERATURE)
C2 Can give a critical appraisal of work [sic] of different periods and genres (novels, poems, and plays), appreciating subtle distinctions of style and implicit as well as explicit meaning. Can recognise the finer subtleties of nuanced language, rhetorical effect, and stylistic language use (e.g. metaphors, abnormal syntax, ambiguity), interpreting and ‘unpacking’ meanings and connotations. Can critically evaluate the way in which structure, language and rhetorical devices are exploited in a work for a particular purpose and give a reasoned argument on their appropriateness and effectiveness. Can give a critical appreciation of the deliberate breach of linguistic conventions in a piece of writing.
C1 Can critically appraise a wide variety of texts including literary works of different periods and genres. Can evaluate the extent to which a work meets the conventions of its genre. Can describe and comment on ways in which the work engages the audience (e.g. by building up and subverting expectations).
B2 Can compare two works, considering themes, characters and scenes, exploring similarities and contrasts and explaining the relevance of the connections between them. Can give a reasoned opinion about a work, showing awareness of the thematic, structural and formal features and referring to the opinions and arguments of others. Can evaluate the way the work encourages identification with characters, giving examples. Can describe the way in which different works differ in their treatment of the same theme.
B1 Can point out the most important episodes and events in a clearly structured narrative in everyday language and explain the significance of events and the connection between them. Can describe the key themes and characters in short narratives involving familiar situations that are written in high frequency everyday language.
A2 Can identify and briefly describe, in basic formulaic language, the key themes and characters in short, simple narratives involving familiar situations that are written in high frequency everyday language.

      Tab. 3:

      Kann-Beschreibungen für den Umgang mit literarischen Texten (CEFR 2018: 117)

      In unmittelbarer Reaktion auf die Veröffentlichung des Begleitbandes kritisiert Birgit Schädlich, dass die neuen Deskriptoren kaum dazu angetan seien, den „‚Mehrwert‘ des literarischen Lesens“ abzubilden (Schädlich 2019: 203) und, im Gegenteil, solche Eigenschaften СКАЧАТЬ