Название: Handbuch Medizinrecht
Автор: Thomas Vollmöller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Medizinrecht
isbn: 9783811492691
isbn:
199
Besondere Rücksicht muss der Arzt bei der Mitwirkung von Presseberichten auf die Vorschriften des HWG nehmen.[230] § 11 HWG enthält einen Verbotskatalog mit zahlreichen Einzeltatbeständen für die Werbung außerhalb der Fachkreise. § 12 HWG enthält ein absolutes Werbeverbot außerhalb der Fachkreise für Mittel, Verfahren, Behandlungen oder Gegenstände, die sich auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung in einer Anlage zu § 12 HWG aufgeführten Krankheiten beziehen. Ausgenommen ist lediglich die Werbung für Verfahren oder Behandlungen in Heilbädern, Kurorten und Kuranstalten. Ziel des Gesetzes ist die Eindämmung der Selbstbehandlung bei den als schwerwiegend eingestuften Erkrankungen. Ob alleine schon das Foto eines Arztes in einer Zeitschrift als unzulässige Werbung zu bezeichnen ist, ist umstritten.[231] Eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen beanstandete früher bereits die Zurverfügungstellung von Photos für einen Journalisten bzw. das Photographieren in der Praxis.[232] Gehört das Foto zur Art des Mediums ist seine Veröffentlichung nicht schlechthin berufsordnungswidrig. Vielmehr kommt es auf die Gesamtaufmachung und den begleitenden Text an.[233] Insgesamt erscheinen viele berufsgerichtliche Entscheidungen, sofern sie bis in die achtziger Jahre hinein ergangen sind, ziemlich anachronistisch. In den Medien gehört das Bild zum Menschen und der Mensch zum Bild. An dieser einfachen Wahrheit wird auch das Berufsrecht letztlich nicht vorbeikommen. Dementsprechend ist schon in § 27 Abs. 2 MBO a.F. die Zurverfügungstellung des Bildes bzw. die Gewährung eines Photos ersatzlos gestrichen worden. Allerdings wird bei derartigen Bildberichten § 11 Nr. 4 HWG zu beachten sein, wonach die Werbung für Behandlungsmethoden nicht mit der bildlichen Darstellung von Personen in Berufskleidung erfolgen darf. Der BGH[234] legt diese Norm im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG jetzt allerdings einschränkend dahingehend aus, dass das Verbot nur dann gilt, wenn die bildliche Darstellung irreführend ist. Durch die 16. AMG-Novelle (in Kraft seit 26.10.2012) wurde das bisherige Verbot in § 11 Nr. 4 HWG, wonach die Werbung für Behandlungsmethoden nicht mit der bildlichen Darstellung von Personen in Berufskleidung erfolgen darf, aufgehoben. Die Werbung eines Zahnarztes mit Lichtbildern einer Patientin vor und nach einer umfassenden Gebisssanierung verstößt nach einer Entscheidung des OLG Celle[235] weder gegen § 11 Abs. 1 S. 3 HWG noch gegen § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 HWG, wenn für die Behandlung eine medizinische Indikation bestand.
ff) Der Arzt als Unternehmer/mittelbare Werbung
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Das Verbot berufswidriger Werbung richtet sich an jeden Arzt, gleichgültig, ob er niedergelassen, im Krankenhaus angestellt, für einen Gewerbebetrieb, eine Behörde oder die pharmazeutische Industrie tätig ist[236]. Unabhängig von der Rechtsform hat sowohl der Arzt als auch der nichtärztliche Inhaber einer entsprechenden Einrichtung die Vorschriften des HWG zu beachten.[237] Probleme treten dann auf, wenn der Arzt als Betreiber eines gewerblichen Unternehmens mit anderen Instituten in Wettbewerb tritt, deren Leiter selbst nicht den berufsrechtlichen Werbebeschränkungen unterliegen. Prinzipiell ist der Arzt auch in diesen Fällen an die Berufsordnung gebunden.[238] Dies soll nach Auffassung des BGH[239] auch dann gelten, wenn eine GmbH im ambulanten Bereich mit einer stationären Einrichtung konkurriert, da die Ungleichbehandlung im Werbebereich durch höhere betriebswirtschaftliche Aufwendungen der stationären Einrichtung gerechtfertigt sei. Zumindest für den Fall der Werbung einer Klinik für ambulante Heilbehandlung hat das BVerfG[240] diese Unterscheidung nicht nachvollzogen. Gewichtet man die Ausführungen des Gerichts zu den „Belegarztfällen“, könnten sich entsprechende Informationen auch für niedergelassene Ärzte rechtfertigen lassen. Im Ergebnis ist das Kriterium „stationär/ambulant“ daher in den meisten Fällen nicht mehr ausschlaggebend (siehe Rn. 192).
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Allerdings werden die Regelungen einer Berufsordnung zunehmend wettbewerbsrechtlich als Marktverhaltensregeln i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG angesehen. Bietet z.B. ein Gastronomiebetrieb einem Arzt im Rahmen einer sog. „Botox-Party“ den gesellschaftlichen Rahmen, außerhalb seiner Klinik zu Werbezwecken u.a. kostenlose Faltenbehandlungen durchzuführen, leistet er Beihilfe zu Verstößen dieses Arztes gegen die Berufsordnung und kann selbst als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.[241]
i) Berufsrechtlicher Adressatenkreis
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Da die Berufsordnung sich nur an Ärzte und nicht an juristische Personen, z.B. Krankenhausträger, MVZ oder Heilkunde-GmbH richtet, ist umstritten, nach welchen Grundsätzen sich ein nichtärztlicher Inhaber, der eine derartige Firma leitet, zu richten hat. Versorgungszentren unterliegen z.B. nicht unmittelbar dem ärztlichen Berufsrecht, wohl aber die in ihm tätigen Ärzte, unabhängig davon, ob es sich um ein „Freiberufler-MVZ“ oder ein Versorgungszentrum mit angestellten Ärzten handelt.[242]
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Eine restriktive Auffassung will der Berufsordnung in diesen Fällen eine Reflexwirkung beimessen. Zwar richte sich die Berufsordnung nicht an eine juristische Person als Arbeitgeberin der Ärzte. Die juristische Person dürfe aber die ihr verbundenen Ärzte nicht hindern, ihren Berufspflichten gerecht zu werden; diese Pflicht binde die juristische Person mittelbar.[243] Die Gegenansicht[244] sieht die Berufsordnung als reines „Binnenrecht“, welches, da von der ärztlichen Selbstverwaltung beschlossen, keine außen stehenden Dritten binden könne. Nur dort, wo vom Gesetzgeber entsprechende Einschränkungen vorgesehen seien (wie z.B. im HWG), könnten entsprechende Sanktionen greifen. Einen anderen Ansatz wählt der BGH[245]. Dieser sieht bereits in der Duldung der berufswidrigen Handlung durch den Arzt den Wettbewerbsverstoß, den sich die juristische Person als Träger der Einrichtung zu eigen macht. Insoweit ist die juristische Person schon als „Störer“ i.S.v. § 1 UWG a.F. anzusehen.[246] Das bedeutet im Ergebnis, dass derartige Unternehmen (z.B. Heilkunde GmbHs oder MVZ) sozusagen nicht völlig losgelöst vom ärztlichen Berufsrecht agieren können. Verleitet oder zwingt ein Unternehmen seine Ärzte zu berufsrechtswidrigen Handlungen bzw. Unterlassungen, kann es wettbewerbsrechtlich als Störer in Anspruch genommen werden. Hält sich das Unternehmen hingegen z.B. bei seiner Informationspolitik an die mittlerweile vom BVerfG weit gezogenen Grenzen, ist der Vorteil für den Arzt dann ein Reflex, der für sich alleine nicht berufsordnungswidrig ist.[247] Der im Unternehmen tätige Arzt kann sich im Falle eines Verstoßes gegen das ihn bindende Berufsrecht nicht darauf berufen, er habe auf Weisung des Trägers des Unternehmens handeln müssen bzw. im Falle der Weigerung hätten ihn Sanktionen getroffen. Dieses Problem mag im Rahmen der zu treffenden berufsrechtlichen Maßnahme eine Rolle spielen, stellt aber keinen Rechtfertigungsgrund dar; insofern steht dem Arzt wie jedem anderen Arbeitnehmer das (sanktionslose) Recht zur Demonstration zu. Wurde eine GmbH nur gegründet, um zulässige ärztliche Werbebeschränkungen zu umgehen, kann der Arzt, dem das Unternehmen gehört, u.U. dennoch direkt belangt werden.[248] Die frühere Unterscheidung, wonach anderes nur dann gelte, wenn der Arzt weder Geschäftsführungsbefugnisse habe, noch finanziell an dem Unternehmen beteiligt sei,[249] ist heute obsolet. Im Übrigen ist auch der frühere Ansatz, für die finanzielle Beteiligung solle es bereits ausreichen, wenn der Arzt durch die Art der Vergütung am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens partizipiere,[250] heute nicht mehr entscheidend.[251] Allerdings bleibt es bedenklich, wenn die Geschäftsführung mit dem Namen des Arztes „hausieren“ geht, und der Arzt diese Form der Werbung durch Angabe bestimmter Informationen in einer Art und Weise fördert, durch die die Grenze zur „Anpreisung“ überschritten wird. Werden diese Grundsätze beachtet, dürfte auch die Verwendung des Arztnamens in Werbeprospekten nicht zu beanstanden sein. Ob derartige Werbeprospekte „ungezielt“ oder nur auf bestimmte Anfragen hin verteilt werden dürfen, ist umstritten. Die frühere Rechtsprechung,[252] wonach Patientenanfragen nur individuell beantwortet werden durften, ist СКАЧАТЬ