Название: BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil
Автор: Harm Peter Westermann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Schwerpunkte Pflichtfach
isbn: 9783811453562
isbn:
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Es genügt allerdings, dass der Gegenanspruch mit der Erfüllung der eigenen Leistung fällig wird.[22] So liegt es beispielsweise bei § 1223 Abs. 1: Der Pfandgläubiger muss dem Verpfänder das Pfand erst nach dem Erlöschen des Pfandrechts zurückgeben. Der Anspruch des Verpfänders auf Rückgabe des Pfandes wird also beispielsweise fällig, wenn der Verpfänder die Forderung erfüllt, zu deren Sicherung das Pfand diente. Denn dann erlischt das Pfandrecht gem. § 1252. Wenn der Pfandgläubiger den Verpfänder nun wegen dieser Forderung in Anspruch nimmt, kann der Verpfänder gem. § 273 Abs. 1 die Leistung wegen seines Rückgabeanspruchs verweigern, obwohl der Rückgabeanspruch erst mit Befriedigung der Forderung fällig wird.[23]
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Auch sonstige Einreden stehen – so wie § 390 für die Aufrechnung anordnet – der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts entgegen. Der Anspruch muss also, wie man auch sagt, „vollwirksam“, also durchsetzbar sein. Eine wichtige Ausnahme vom Grundsatz der Durchsetzbarkeit bildet § 215: Wenn der Gegenanspruch noch nicht verjährt war, bevor der Anspruch des Gläubigers entstanden war, kann der Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht auch auf den mittlerweile verjährten Anspruch stützen. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Schuldner sich auch schon vor Verjährungseintritt auf § 273 berufen hat. § 215 bewirkt also, dass bei Ansprüchen, die sich zu irgendeinem Zeitpunkt wirksam gegenüberstanden, die Verjährung das Zurückbehaltungsrecht nicht hindert. Dies erklärt sich aus dem Zweck der Verjährung: Die Verjährung soll vor allem der Rechtssicherheit der Parteien dienen, nach einer gewissen Zeit nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Standen sich Ansprüche aber einmal wirksam gegenüber – bestand also zu diesem Zeitpunkt jeweils die Möglichkeit der Parteien aufzurechnen – so werden diese Ansprüche in ihrem Schicksal verknüpft und die Verjährung soll nicht einer Partei zu Hilfe kommen; diese Verknüpfung der Ansprüche überwiegt das Interesse des Schuldners an der Sicherheit, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Dem Gläubiger wird hierdurch die Aufrechnungsmöglichkeit erhalten, sodass ihn eine drohende Verjährung nicht unter Druck setzt.[24]
In Fall 31 ist zwar der Gegenanspruch des V gem. § 195 verjährt und somit eigentlich gem. § 214 Abs. 1 nicht mehr durchsetzbar. Doch greift hier § 215, sodass V dem K den verjährten Anspruch im Rahmen des § 273 Abs. 1 entgegenhalten kann.
d) Kein Ausschluss des Zurückbehaltungsrechts
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Nicht in allen Situationen wird das Zurückbehaltungsrecht den Parteiinteressen oder den besonderen Umständen spezifischer Schuldverhältnisse und Situationen gerecht. Das Zurückbehaltungsrecht besteht daher nur, wenn es nicht vertraglich oder gesetzlich ausgeschlossen ist.
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Den Vertragsparteien steht es grundsätzlich im Rahmen ihrer Privatautonomie frei, das Zurückbehaltungsrecht gänzlich auszuschließen oder zu modifizieren. So liegt es immer dann, wenn eine der Parteien nach den vertraglichen Vereinbarungen vorleistungspflichtig ist. In AGB sind solche Vereinbarungen allerdings nur eingeschränkt möglich: Gem. § 309 Nr 2 lit. b kann der AGB-Verwender ein Zurückbehaltungsrecht seines Vertragspartners nicht wirksam ausschließen oder einschränken, soweit das Zurückbehaltungsrecht auf demselben Vertragsverhältnis beruht. Dabei liegt eine Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts schon darin, dass seine Ausübung von der Anerkennung von Mängeln durch den Verwender abhängig gemacht wird. § 309 Nr 2 lit. b ist allerdings enger als § 273: Die Norm erfasst nur Vereinbarungen, bei denen sich Ansprüche aus demselben Vertragsverhältnis ergeben. Sie steht Vereinbarungen nicht entgegen, die sich auf Ansprüche aus unterschiedlichen Vertragsverhältnissen (oder Lebenssachverhalten) beziehen.
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Zurückbehaltungsrechte können auch gesetzlich ausgeschlossen sein. Ein Beispiel bietet § 570: Der Mieter von Wohnraum soll sich gegen den Herausgabeanspruch des Vermieters nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht stützen dürfen. Dahinter steht der Gedanke, dass die Zurückbehaltung meist unverhältnismäßig wäre, weil die Gegenansprüche des Mieters meist geringere Beträge haben. Die Norm soll auch verhindern, dass der Mieter ein Zurückbehaltungsrecht missbräuchlich geltend macht, um den Vermieter zu Zahlungen zu nötigen, die gar keine Rechtsgrundlage haben.[25] Ein weiteres Beispiel findet sich in § 175: Der Bevollmächtigte hat kein Zurückbehaltungsrecht gegen den Anspruch des Vollmachtgebers auf Rückgabe der Vollmacht nach deren Erlöschen. Das dient dem Schutz des Vollmachtgebers, der sich aus der Rechtsscheinwirkung der Vollmacht ergibt: Denn die Geschäfte des Vertreters werden ihm weiter zugerechnet, bis ihm die Vollmachtsurkunde zurückgegeben wird (vgl § 172 Abs. 2).
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Das Zurückbehaltungsrecht ist nach § 273 Abs. 1 auch ausgeschlossen, wenn sich „aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt“. Das verweist nicht nur auf vertragliche Ausschlüsse des Zurückbehaltungsrechts. Vielmehr kann sich auch aus Eigenheiten spezifischer Schuldverhältnisse ergeben, dass ein Zurückbehaltungsrecht unangemessen wäre. Beispielsweise lässt sich ein Zurückbehaltungsrecht oft nicht gegenüber Hilfsansprüchen (wie etwa Auskunfts- oder Rechenschaftsansprüchen) geltend machen.[26] Gleiches gilt, wenn die Hauptansprüche der Sicherung[27] des Gläubigers dienen. Ein einfaches Beispiel bietet die Konstellation, dass ein Zurückbehaltungsrecht auf einen Anspruch zur Herausgabe verderblicher Waren gestützt wird. Das Zurückbehalten und Verfallen dieser Waren würde eine unverhältnismäßige Härte für den Gläubiger darstellen. Daher besteht in solchen Fällen kein Zurückbehaltungsrecht.
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Das Zurückbehaltungsrecht kann auch ausgeschlossen sein, wenn es im Ergebnis auf eine unzulässige Aufrechnung hinauslaufen und dem Schutzzweck eines Aufrechnungsverbots zuwiderlaufen würde.[28] So ergibt sich aus § 393 nach dieser Wertung auch, dass ein Zurückbehaltungsrecht nicht gegen einen Anspruch eingesetzt werden kann, der sich auf die Herausgabe eines deliktisch erlangten Gegenstands bezieht.[29] Andernfalls ließe sich § 273 instrumentalisieren, um Privatrache auszuüben: Schuldet beispielsweise S dem G 1.000 Euro, zahlt aber nicht, könnte G auf den Gedanken kommen, einen wertvollen Gegenstand des S zu stehlen (etwa seinen goldenen Ring). Er könnte dann, wenn nicht schon die Konnexität fehlt, mit Hilfe von § 273 verhindern, dass S seinen Anspruch auf Herausgabe des Rings durchsetzen kann. Wenn es um gleichartige Ansprüche – und damit um die Aufrechnung – geht, verhindert § 393 ebendies. Der Gedanke dieser Norm passt aber auch auf § 273. Dogmatisch lässt sich der Ausschluss der Aufrechnung in solchen Situationen am besten über eine Analogie zu § 393 begründen: Eine planwidrige Regelungslücke lässt sich bejahen; zumindest müsste man den Wortlaut „aus dem Schuldverhältnis etwas Anderes ergibt“ arg strapazieren, um die Lösung schon bei diesen Worten zu verorten. Die Interessenlage ist vergleichbar, denn die von § 393 besorgte Situation liegt ebenso vor wie im unmittelbaren Anwendungsbereich der Norm.
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