Название: BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil
Автор: Harm Peter Westermann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Schwerpunkte Pflichtfach
isbn: 9783811453562
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Dass Leistungspflichten als Zwangsrechte ausgestaltet sind, ist nicht selbstverständlich. Im englischen Recht sind Leistungspflichten nicht ohne Weiteres auch durch korrespondierende Klagerechte gestützt.[2] Ob der Gläubiger die Leistungspflicht selbst prozessual durchsetzen, also specific performance verlangen kann, oder ob er sich mit Schadensersatz begnügen muss, steht im Ermessen des Richters. In der Praxis unterscheiden sich englisches und deutsches Recht allerdings weniger, als es die unterschiedlichen Ausgangspunkte erwarten ließen.[3] Im deutschen Recht kann schon wegen verfahrensrechtlicher Grenzen oft nur Schadensersatz durchgesetzt werden, so etwa bei Dienstpflichten (vgl § 888 Abs. 3 ZPO). Umgekehrt gewähren auch englische Gerichte specific performance, wenn Schadensersatz nicht ausreicht, um das Gläubigerinteresse zu befriedigen. Wenn der Schuldner etwa eine einzigartige Sache liefern soll, für die sich kein Ersatz am Markt finden lässt, ist die Leistungspflicht auch im englischen Recht durchsetzbar.
1. Funktionen und Bedeutung
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Wenn die Vertragsparteien sich auf Augenhöhe begegnen, werden beide Leistungen häufig gleichwertig sein. Insofern kann man auch davon sprechen, dass Leistungspflichten das Äquivalenzinteresse befriedigen, also das Interesse daran, im Austausch für die eigene Leistung eine Leistung gleichen Wertes zu erhalten. Leistungspflichten zielen in der Regel auch darauf ab, die bestehende Güterverteilung zu verändern:[4] Wenn ich mein Auto gegen ein Pferd tausche, zielen die Leistungspflichten aus § 433 Abs. 1 S. 1 iVm § 480 darauf ab, dass Auto und Pferd den Eigentümer wechseln. Selbstverständlich ist das Trennungsprinzip zu beachten: Erst durch einen weiteren „dinglichen Vertrag“ (Verfügungsgeschäft) geht das Eigentum über und wird die Leistungspflicht iSd § 362 Abs. 1 erfüllt.
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Aus den jeweiligen Hauptleistungspflichten ergibt sich die Zuordnung zu den Vertragstypen. Wenn eine Sache gegen Geldzahlung (vgl § 433 Abs. 2) übergeben und übereignet werden soll (vgl § 433 Abs. 1 S. 1), liegt ein Kauf vor. Wird eine Sache gegen Übergabe und Übereignung einer anderen Sache übergeben und übereignet, haben wir es mit einem Tausch zu tun (§ 433 Abs. 1 S. 1 iVm § 480). Wenn der Gebrauch einer Sache gegen Geldzahlung (Miete, vgl § 535 Abs. 2) gewährt wird (vgl § 535 Abs. 1 S. 1), geht es um einen Mietvertrag. Ohne Einigung über die jeweiligen Hauptleistungspflichten kommt in der Regel kein Vertrag zustande, denn die Hauptleistungspflichten gehören ebenso wie die Vertragsparteien zu den essentialia negotii.[5] Davon gibt es allerdings Ausnahmen: Gelegentlich kann eine Leistung durch eine Partei oder einen Dritten bestimmt werden, so nach den §§ 315-317[6] und den §§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2.[7]
2. Nebenleistungspflichten
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Die Hauptleistungspflichten werden durch spezifische Nebenpflichten ergänzt, die dem Leistungsinteresse dienen. Man nennt diese Pflichten Nebenleistungspflichten oder leistungsbezogene Nebenpflichten.[8] Sie verwirklichen wie die Hauptleistungspflichten selbst das Äquivalenzinteresse. Es gibt ausdrücklich geregelte Nebenleistungspflichten, wie etwa die Auskunfts- und Rechenschaftspflicht in § 666 oder die Pflicht zur Abnahme der Kaufsache nach § 433 Abs. 2 Var. 2. Häufig folgen Nebenleistungspflichten aus der (ergänzenden) Vertragsauslegung (§§ 133, 157) und dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242). So ist beispielsweise der Verkäufer eines Elektrorollers verpflichtet, den Käufer auf Gefahren hinzuweisen und über die richtige Bedienung aufzuklären. Ob Pflichten im Einzelfall als Nebenleistungspflichten das Leistungsinteresse schützen, hängt bei Verträgen vom konkreten vertraglichen Leistungsprogramm ab.[9]
3. Primärleistungspflichten und Sekundärleistungspflichten
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In Prüfungsarbeiten muss zwischen Primärleistungspflichten und Sekundärleistungspflichten unterschieden werden. Das Schuldverhältnis ist in erster Linie auf Erfüllung der Primärleistungspflichten gerichtet – also der Hauptleistungspflichten und der sie begleitenden Nebenleistungspflichten (auch: leistungsbezogene Nebenpflichten). Durch bestimmte Ereignisse – oft nach Entstehung des Schuldverhältnisses – können aber Ereignisse eintreten, die die Pflichtenrichtung ändern. So kann sich, wenn sich das ursprünglich Vereinbarte wegen Unmöglichkeit (§ 275) nicht verwirklichen lässt, die Pflicht des Schuldners in eine Schadensersatzpflicht umwandeln.[10] Auch kann der Schuldner zur Ersatzherausgabe verpflichtet sein (§ 285). Solche Pflichten nennt man Sekundärleistungspflichten, weil sie gegenüber den Primärleistungspflichten erst „in zweiter Linie“ relevant werden. Ansprüche, die auf Verletzung von Sekundärleistungspflichten gerichtet sind, setzen anders als Primärleistungsansprüche regelmäßig Vertretenmüssen voraus (vgl § 280 Abs. 1 S. 2).
4. Tun und Unterlassen (§ 241 Abs. 1 S. 2)
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§ 194 Abs. 1 erfasst ein „Tun oder Unterlassen“ als Bezugspunkt des Forderungsrechts. Auch in § 241 Abs. 1 S. 2 ist die Unterlassung als möglicher Forderungsgegenstand einer Leistung eigens erwähnt. Wenn eine Ärztin ihre Praxis veräußert, kann der Erwerber beispielsweise vertraglich berechtigt sein, von der Ärztin die Unterlassung einer Praxisneueröffnung in der Nachbarschaft zu verlangen (vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot). Auch kann beispielsweise der Käufer eines Pferdes kraft vertraglicher Vereinbarung mit dem Verkäufer verpflichtet sein, das Pferd nicht zu schlachten und zu verwursten.
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Die in § 241 Abs. 1 S. 2 geregelten Unterlassungspflichten werden auch als selbständige Unterlassungspflichten bezeichnet. In dem Begriff kommt zum Ausdruck, dass diese Pflichten ohne Weiteres selbständig eingeklagt werden können. Bei Unternehmenskäufen (§ 453) vereinbaren Käufer und Verkäufer in der Praxis häufig ausdrücklich ein Wettbewerbsverbot: Der Verkäufer soll dem Käufer des Unternehmens nach dem Verkauf keine Konkurrenz machen. Aus dieser Vereinbarung folgt eine (selbständige) Unterlassungspflicht des Verkäufers. Das gilt natürlich nur, soweit das Wettbewerbsverbot wirksam ist. Die Vereinbarung muss kartellrechtliche Regeln beachten; sie kann auch sittenwidrig iSd § 138 sein. Nach der Rechtsprechung des BGH ist beispielsweise ein zeitlich unbefristetes Wettbewerbsverbot wegen der damit verbundenen Einschränkung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) sittenwidrig iSd § 138 Abs. 1.[11]
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Unterlassungspflichten können aber auch als Schutzpflichten iSd § 241 Abs. 2 entstehen. Dann spricht man auch von unselbständigen Unterlassungspflichten. Praktisch sind sie beispielsweise im Arbeitsrecht wichtig. In Arbeitsverträgen sind stark ausgeprägte Rücksicht- und Treuepflichten prägend. Arbeitnehmer dürfen zwar außerhalb ihrer Arbeitszeit anderen Tätigkeiten nachkommen. Allerdings müssen sie sich für die Interessen des Arbeitgebers und das Gedeihen des Betriebes einsetzen und deshalb alles СКАЧАТЬ