Название: Soldatengesetz
Автор: Stefan Sohm
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Heidelberger Kommentar
isbn: 9783811407343
isbn:
Die Bezeichnung „Einwohner der Bundesrepublik Deutschland“ mag aus der früh. Streitfrage[76] herrühren, ob der Soldat der Bw verpflichtet sei, auch die Bewohner der früh. DDR zu verteidigen. Diese Problematik hat sich mit der Wiedervereinigung erledigt.
8. „tapfer zu verteidigen“
30
Der 2. Halbs. von § 7 definiert die Pflicht des Soldaten zur Tapferkeit. Es handelt sich dabei um eine „gesteigerte“ Treuepflicht, nicht um eine eigenständige Dienstpflicht des Soldaten.[77] Folge ist, dass die Tapferkeitspflicht dieselbe räumliche und personelle Geltung aufweist wie die Treuepflicht.[78]
31
„Tapfer“ lässt sich durch einen systematischen Vergleich mit § 6 WStG als „Überwindung von Furcht vor persönlicher Gefahr“ definieren.[79] Mit dieser Umschreibungen allein, auch nicht mit der Forderung nach Zivilcourage[80], nach Eintreten für die „peinliche Achtung der Menschenwürde“[81] usw. ist die gesetzl. normierte Verpflichtung des Soldaten aber nicht ausgeschöpft. Tapferkeit wird heute nicht mehr an denselben Begriffsinhalten zu messen sein, die früher das Ideal eines tapferen Kämpfers bestimmt haben. Ebenso wenig, wie das SG heute einen „blinden“ oder „unbedingten“ Gehorsam verlangt, wie er in früh. deutschen SK vor 1945 viel zu oft gefordert worden ist, wird man heute (als Kehrseite der Gehorsamspflicht) einen tapferen Kämpfer nur in einem Soldaten sehen dürfen, der i.S. eines „Siegen oder Sterben“-Befehls bedingungslos seinen Tod in Kauf nimmt. Von dem Soldaten der Bw als Staatsbürger in Uniform wird vielmehr (wie es die rechtl. Beschränkungen des Gehorsams in § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 zeigen) ein sog. mitdenkender Gehorsam erwartet, bei dem die Folgen einer Handlung mit zu berücksichtigen sind.[82] Tapferkeit setzt nicht voraus, in den eigenen sicheren Tod einwilligen zu müssen. Dies verstieße in letzter Konsequenz gegen die Menschenwürde und das Recht auf Leben (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Die Grenze zwischen noch einzufordernder, zumutbarer Tapferkeit unter Inkaufnahme einer gewissen Lebensgefährdung und sinnlosem, fanatischem Widerstand wird im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände (mil. Lage, Aspekte der Menschenwürde, mögliche Kollateralschäden etc.) und unter Berücksichtigung des Grds. der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit[83] zu ziehen sein.[84]
9. Einzelfälle von Verstößen gegen § 7 bzw. der Begründung von Einzelpflichten aus der Rechtsprechung[85]
32
Versuche, die Rspr. insbes. der WDS des BVerwG zu systematisieren oder zu kategorisieren, führen nur zu der Erkenntnis, dass die Gerichte fallbezogen und daher kasuistisch judizieren. Die nachstehende alphabetische Auflistung hat damit nur Beispielscharakter:
– | Verstoß gegen das Alkoholverbot/Missbrauch des Genusses von Alkohol[86] |
– | Anborgen von Untergebenen[87] |
– | Ankündigung einer Gehorsamsverweigerung[88] |
– | Pflicht zum Tragen des vorgeschriebenen Anzugs[89] |
– | Aufruf in Flugblättern zum Widerstand[90] |
– | Missbrauch der Befehlsbefugnis[91] |
– | Prüfung der Besoldungsmitteilungen auf Richtigkeit und etwaige Überzahlungen[92] |
– | Betrug zum Nachteil des Dienstherrn[93] |
– | Diebstahl von Eigentum des Bundes[94] |
– | Pflicht zur Dienstleistung/„schlechte“ Dienstleistung[95] |
– | Abgabe falscher dienstl. Erklärungen[96] |
– | Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einhaltung des Dienstwegs[97] |
– | Diffamierende Äußerungen in einem Leserbrief[98] |
– | Ehrverletzende Behandlung eines Untergebenen[99] |
– | Eigenmächtige Abwesenheit[100] (die weder durch Urlaub noch durch Gleitzeit nachträglich bewilligt werden kann)[101] |
– | Entwürdigende Behandlung von Untergebenen[102] |
– | Exhibitionismus [103] |
– | Fahnenflucht [104] |
– | Feierliches Gelöbnis darf nicht mit Einschränkungen oder Vorbehalten versehen werden[105] |
– | Widerruf des feierlichen Gelöbnisses ist unzulässig[106] |
– | Missbrauch einer Freistellung vom Dienst gem. SVG[107] |
– | Pflicht zur Gesunderhaltung[108] |
– | Informationspflicht gegenüber Vorgesetzten[109] |
– | Kameradenbetrug [110] |