Völkerrecht. Bernhard Kempen
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Название: Völkerrecht

Автор: Bernhard Kempen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Grundbegriffe des Rechts

isbn: 9783811441316

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СКАЧАТЬ einerseits und deren Gesellschaftern andererseits wird die Möglichkeit der Staaten, zugunsten von Anteilseignern zu intervenieren, grundsätzlich abgelehnt, sofern lediglich eine Verletzung der Gesellschaft vorliegt. Dies gilt selbst dann, wenn die gesamten Anteile einer Gesellschaft von einem Gesellschafter eines dritten Staates gehalten werden. Aufgrund einzelner Entscheidungen des IGH sowie der Bestimmungen im ILC-Entwurf ist als Ausnahme weitestgehend anerkannt, dass der Heimatstaat von Anteilseignern dann zur Gewährung diplomatischen Schutzes berechtigt ist, wenn die Gesellschaft aufgelöst wurde und nicht die Auflösung selber als Verstoß gerügt werden soll (vgl. Barcelona Traction, Art. 11 lit. a ILC-Entwurf). Darüber hinaus kann der Heimatstaat der Anteilseigner aufgrund völkervertraglicher Vereinbarungen zur Ausübung diplomatischen Schutzes berechtigt sein, wie es beispielsweise oftmals in Investitionsschutzverträgen (→ Investitionsrecht, internationales) vereinbart wird.

      Durch Vereinbarung kann ein Staat sein Recht zur Ausübung diplomatischen Schutzes auf einen dritten Staat übertragen. Häufig geschieht dies, wenn ein Staat keine eigene diplomatische Mission in einem bestimmten anderen Staat unterhält. So wird beispielsweise der diplomatische und konsularische Schutz der Staatsbürger des Fürstentums Liechtenstein regelmäßig durch die Schweiz ausgeübt. Ein weiteres Beispiel ist Art. 23 AEUV, der Unionsbürgern einen Anspruch auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Behörden eines anderen EU-Staates verleiht, sofern der eigene Mitgliedstaat keine Vertretung in einem Drittstaat besitzt. Fraglich ist, wie weit der durch Art. 23 AEUV gewährte Schutzanspruch reicht. Dabei ist zwischen dem diplomatischen und dem konsularischen Schutz zu unterscheiden ist. Beim diplomatischen Schutz wird der Heimatstaat direkt gegenüber einem Drittstaat tätig, indem er beispielsweise einen Protest einreicht oder eine gerichtliche Streitbeilegung herbeizuführen versucht. Beim konsularischen Schutz handelt es sich hingegen um die Betreuung von Staatsangehörigen, wie z. B. die Unterstützung bei Visumsangelegenheiten oder der Hilfe in Notsituationen, die grundsätzlich kein direktes Tätigwerden gegenüber dem Drittstaat notwendig macht. Zwar spricht der deutsche Wortlaut des Art. 23 AEUV vom „diplomatischen und konsularischen Schutz“. Zu beachten ist aber, dass der Wortlaut dieser Vorschrift in anderen Sprachen für eine restriktivere Interpretation spricht (engl.: „protection by the diplomatic or consular authorities“); gemeint ist dort nur der konsularische Schutz, der von beiden Einrichtungen (Botschaften und Konsulaten) wahrgenommen wird (so auch Art. 46 GR-Ch.). Die Ausübung diplomatischen Schutzes zugunsten fremder Staatsangehöriger ist völkerrechtlich zudem nur dann zulässig, wenn eine ausdrückliche Vereinbarung mit dem betreffenden Drittstaat vorliegt. Die Berechtigung, konsularischen Schutz zugunsten fremder Staatsangehöriger zu gewähren, besteht völkerrechtlich bereits auf der Grundlage einer Notifikation gegenüber dem Drittstaat (Art. 8 WÜK). Demgemäß haben die EU-Staaten nur entsprechende Notifikationen gegenüber Drittländern vorgenommen. Auch das zu Art. 23 AEUV ergangene Sekundärrecht beschränkt den Anspruch auf konsularische Maßnahmen.

      In Bezug auf → Internationale Organisationen sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: Zum einen kann die Internationale Organisation diplomatischen Schutz zugunsten eines ihrer Bedienstete ausüben wollen, und zum anderen kann ein Staat versuchen, zugunsten eines seiner Staatsangehörigen diplomatischen Schutz gegenüber einer Internationalen Organisation zu gewähren.

      Hinsichtlich der erstgenannten Konstellation wird angesichts der Entscheidung des IGH im Reparation for Injuries-Fall (Reparation for Injuries Suffered in the Sevice of the United Nations, ICJ Reports 1949, 174) angenommen, dass die Internationale Organisation aufgrund einer funktionalen Betrachtungsweise zur Schutzausübung und mithin zur Geltendmachung von Schäden berechtigt ist. Gleichzeitig ist es aber auch dem Heimatstaat der betroffenen Person erlaubt, diplomatischen Schutz auszuüben.

      Der umgekehrte Fall, nämlich die Ausübung diplomatischer Protektion gegenüber einer Internationalen Organisation, ist bisher in der Staatenpraxis nicht vorgekommen. Es besteht weithin Einigkeit, dass die Regeln des diplomatischen Schutzes, die zwischen Staaten gelten, analog anzuwenden sind. Eine ganze Reihe von Detailfragen, etwa der Notwendigkeit der Erschöpfung des Rechtsweges, sind allerdings noch nicht abschließend geklärt.

      Der jeweilige Heimatstaat verfügt über einen erheblichen Ermessenspielraum, ob und ggf. in welcher Weise er diplomatischen Schutz gewähren will. Zu den häufigsten Maßnahmen gehören Verhandlungen mit dem Verletzerstaat, offizieller Protest, ökonomischer Druck sowie die Androhung einer Verschlechterung oder der Abbruch der diplomatischen Beziehungen, die allesamt – weil ohnehin von der Völkerrechtsordnung erlaubt (Retorsion) – keinen besonderen Voraussetzungen unterliegen, sowie → Gegenmaßnahmen (Repressalien), die zwar für sich genommen völkerrechtswidrig sind, aber als Reaktion auf ein völkerrechtswidriges Verhalten gerechtfertigt sein können. Bei Zustimmung des Verletzerstaates besteht zudem die Möglichkeit, ein gerichtliches oder schiedsgerichtliches Verfahren durchzuführen (→ Streitbeilegung, friedliche [allg.]). Ergibt sich bei einer Vertragsverletzung aus dem zugrundeliegenden Vertragswerk ein eigenständiges Streitbeilegungskonzept, dann ist dieses zu verwenden.

      Nicht völlig unumstritten ist die Frage, ob zur Ausübung diplomatischen Schutzes in Ausnahmefällen die Anwendung von Gewalt erlaubt ist. In der Praxis ist es wiederholt vorgekommen, dass Staaten eigene Staatsangehörige mit militärischen Mitteln aus lebensbedrohlichen Situationen, denen sie in fremden Hoheitsgebieten ausgesetzt waren, befreiten. Nach überwiegender Ansicht verstößt ein solches Vorgehen allerdings gegen das in Art. 2 Ziff. 4 UN-Ch. enthaltene → universelle Gewaltverbot. Art. 1 ILC-Entwurf spricht daher auch konsequenterweise davon, dass diplomatischer Schutz nur durch „diplomatic action or other means of peaceful settlement“ auszuüben sei.

      Da nach herrschender Ansicht ein Heimatstaat im Wege des diplomatischen Schutzes die Verletzung eines eigenen Rechtes geltend macht (oben II.), ist der Heimatstaat auch Inhaber eines eventuellen Wiedergutmachungsanspruches. Etwaige Entschädigungszahlungen sind daher grundsätzlich an den betreffenden Heimatstaat zu richten und nicht an die geschädigte Person, zu deren Gunsten der Heimatstaat intervenierte. Zwar soll der Heimatstaat nach Art. 19 lit. c ILC-Entwurf vom Verletzerstaat erhaltene Zahlungen an die geschädigte Person weiterleiten. Einer völkerrechtlichen Verpflichtung unterliegt er insoweit aber nicht.

      Die natürliche oder juristische Person, zu deren Gunsten ihr Heimatstaat diplomatischen Schutz gegenüber dem Verletzerstaat auszuüben berechtigt ist, hat aus dem Völkerrecht selbst keinen eigenen Anspruch gegen ihren Heimatstaat auf die Gewährung dieses Schutzes. Dies bemisst sich allein nach dem jeweiligen nationalen Recht, für deutsche Staatsangehörige/Staatszugehörige somit allein aus der deutschen Rechtsordnung.

      Art. 112 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung (1919) enthielt noch folgende Bestimmung: „Dem Ausland gegenüber haben alle Reichsangehörigen inner- und außerhalb des Reichsgebietes Anspruch auf den Schutz des Reichs.“ Eine ausdrückliche Regelung findet sich heute jedoch weder in Art. 16 GG noch in einer anderen Vorschrift der deutschen Rechtsordnung. Dennoch ist in der Rechtsprechung des BVerfG (E 55, 349 [364 f.]; 77, 170 [214 f.]; 92, 26 [46 f.]) anerkannt, dass aus der Schutzpflichtendimension der nationalen Grundrechte (in Verbindung mit der deutschen Staatsangehörigkeit/-zugehörigkeit) prinzipiell СКАЧАТЬ