Völkerrecht. Bernhard Kempen
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Название: Völkerrecht

Автор: Bernhard Kempen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Grundbegriffe des Rechts

isbn: 9783811441316

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СКАЧАТЬ Brand in den Räumlichkeiten der Mission zu löschen. Nach einer Ansicht dürfte die Gefahrenabwehr im Interesse des Missionschefs liegen, so dass von dessen mutmaßlicher Zustimmung ausgegangen werden könne. Zudem spreche für die Zulässigkeit des Betretens, dass der Empfangsstaat gem. Art. 22 Abs. 2 WÜD verpflichtet sei, die Mission vor Beschädigungen zu schützen. Nach der Gegenansicht hat der Empfangsstaat dagegen auch in Notsituationen die Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission zu achten, da das WÜD eine Regelung zur Gefahrenabwehr im Gegensatz zu Art. 31 Abs. 2 S. 2 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) von 1963 (Sart. II, Nr. 326) gerade nicht enthalte. Es handele sich auch nicht um eine planwidrige Regelungslücke, das WÜD betone vielmehr bewusst die Unverletzlichkeit der Mission, um einem Missbrauch durch den Empfangsstaat vorzubeugen.

      Ebenfalls hoch umstritten ist, ob der Empfangsstaat auch dann die Unverletzlichkeit des Geländes der diplomatischen Mission achten muss, wenn aus der diplomatischen Mission heraus Straftaten oder gravierende Völkerrechtsverstöße begangen werden. Ein Beispiel bildeten Schüsse, die aus dem libyschen Volksbüro in London auf eine Gruppe regimefeindlicher Demonstranten im Jahr 1984 abgegeben wurden. Die Befürworter eines Eingriffsrechts verweisen darauf, dass in diesen Fällen zunächst der Entsendestaat gegen seine Verpflichtungen aus dem WÜD verstoßen habe. Der Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission korrespondiere nämlich die Pflicht der Diplomaten des Entsendestaates, die Gesetze des Empfangsstaates zu beachten, Art. 41 Abs. 1 WÜD, und die Räumlichkeiten der Mission nur für zugelassene Handlungen zu nutzen, Art. 41 Abs. 3 WÜD (sog. Zweckentfremdungsverbot). Zum Teil wird aus diesem Grund sogar eine Verwirkung des Missionsstatus angenommen. Die Gegenansicht verweist auf die Gefahr, dass eine Versagung des Schutzes bei einer rechtswidrigen Nutzung dem Empfangsstaat ermöglichen würde, unter dem Vorwand rechtswidrigen Verhaltens jederzeit Zutritt zu den Räumlichkeiten der Mission verlangen zu können. Nach einer vermittelnden Position ist im Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsabwägung erforderlich, die bei schwerwiegenden Verletzungen eher zugunsten der Zulässigkeit eines Einschreitens ausschlagen wird, während der bloße Verdacht der Begehung von Straftaten in der Regel nicht genügt. Sollte nach einer entsprechenden Prüfung ein Eingriffsrecht abzulehnen sein, bleibt der Empfangsstaat auf die Sanktionen beschränkt, einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit dem Empfangsstaat vorzunehmen oder eine Abberufung des Missionschefs zu verlangen (s. bereits unter II. 3.).

      Die dritte in diesem Zusammenhang zu nennende Konstellation bildet die Gewährung von Asyl auf dem Botschaftsgelände gegen den Willen des Empfangsstaates. Während es unzweifelhaft völkerrechtswidrig wäre, einer Person Schutz zu gewähren, die Straftaten im Empfangsstaat begangen hat, fällt die Beurteilung deutlich schwerer, wenn zugunsten politisch Verfolgter diplomatisches Asyl gewährt wird. Nach Ansicht des IGH (Urt. v. 20.11.1950, ICJ Rep. 1950, 274 [275 f.] – Asylum Case) ist die Gewährung diplomatischen Asyls als eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Empfangsstaates anzusehen und daher nur dann zulässig, wenn ein berechtigender völkerrechtlicher Rechtssatz vorliegt. Neben der Möglichkeit einer ausdrücklichen Vereinbarung in einem völkerrechtlichen Vertrag wurde für Teile Südamerikas von einer entsprechenden Ermächtigung durch die Bildung regionalen Völkergewohnheitsrechts ausgegangen. Zu beachten ist allerdings, dass sich der Empfangsstaat im Falle einer unzulässigen Asylgewährung nicht gewaltsam Zutritt zu dem Missionsgelände verschaffen darf. Die Bedeutung des Grundsatzes der Unverletzlichkeit der diplomatischen Mission überwiegt in diesem Fall das Interesse des Empfangsstaates an der Festnahme der den Schutz der diplomatischen Mission suchenden Person.

      Um einer diplomatischen Mission die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, sieht Art. 25 WÜD die allgemeine Verpflichtung vor, dass der Empfangsstaat der diplomatischen Mission jede Erleichterung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben zukommen lassen muss. Näher konkretisiert wird diese Vorgabe in den Art. 26 f. WÜD. Nach Art. 26 WÜD verfügen die Missionsmitglieder über eine umfassende Bewegungs- und Reisefreiheit im Empfangsstaat, die lediglich in Bezug auf sicherheitspolitisch sensible Gebiete eingeschränkt werden kann. Nach Art. 27 Abs. 1 WÜD ist der freie Verkehr für sämtliche amtliche Zwecke geschützt, hierzu zählen insbesondere das Recht auf Kontakt zu den Organen des Empfangsstaates und auf freien Umgang mit den Staatsangehörigen des Entsendestaates. Weiterhin sind die amtliche Korrespondenz, der Einsatz von Kurieren und das diplomatische Kuriergepäck vor einem Zugriff des Empfangsstaates geschützt, Art. 27 Abs. 2 – 7 WÜD.

      Im Einzelfall kann der Empfangsstaat allerdings ein Interesse an der Öffnung von diplomatischem Kuriergepäck auch ohne die Zustimmung von Vertretern der diplomatischen Mission haben, vor allem wenn ihm konkrete Anhaltspunkte für den Verdacht vorliegen, dass in dem Gepäckstück nicht amtlichen Zwecken dienende Gegenstände, wie z. B. Drogen, Waffen oder Sprengstoff, transportiert werden. Anders als Art. 35 des WÜK enthält das WÜD für ein solches Vorgehen jedoch keine Ermächtigungsgrundlage. Bereits der Einsatz von Durchleuchtungsgeräten wird wegen der Möglichkeit, Zugriff auf geheime Informationen zu erhalten, kritisch gesehen.

      Neben der diplomatischen Mission als Einheit werden auch die einzelnen Missionsmitglieder, soweit sie über einen diplomatischen Status verfügen (s. zur Abgrenzung oben II.1.), völkerrechtlich nach Art. 29 ff. WÜD durch umfangreiche Privilegien und Immunitäten geschützt. Dieser Schutz gilt sowohl im dienstlichen als auch im privaten Bereich des Diplomaten. Selbst die zum Haushalt des Diplomaten gehörenden Familienangehörigen werden vom Schutzumfang miterfasst, Art. 37 WÜD. Auf diese Weise soll die ungestörte Ausübung des diplomatischen Mandats der einzelnen Missionsmitglieder gewährleistet werden. Dem Schutz des Diplomaten dient neben den relevanten Vorschriften des WÜD das Übereinkommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten (Diplomatenschutzkonvention, Sart. II, Nr. 330), aus dem Jahr 1977, das von mehr als 160 Staaten ratifiziert wurde.

      Zu den besonderen Vorrechten des Diplomaten gehört die Unverletzlichkeit seiner Person, Art. 29 WÜD. Dem Empfangsstaat ist es somit untersagt, gegen den Diplomaten Zwangsmaßnahmen wie eine Festnahme, Ausweisung oder Auslieferung durchzuführen. Weiterhin hat der Empfangsstaat den Diplomaten vor Angriffen auf seine Person, Freiheit oder Würde zu schützen, Art. 29 S. 3 WÜD. Der Schutz erstreckt sich auch auf die Privatwohnung und das Vermögen des Diplomaten, Art. 30 WÜD. Weiterhin ist der Diplomat von der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen und der Entrichtung von Steuern im Empfangsstaat nach Maßgabe der Art. 33 bis Art. 36 WÜD befreit.

      Der Diplomat genießt eine völlige Immunität von der Strafgerichtsbarkeit des Empfangsstaates und ist nur in Ausnahmefällen dessen Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit unterworfen, Art. 31 Abs. 1 WÜD. Die Gewährung von Immunität entbindet den Diplomaten allerdings nicht von der Verpflichtung, die Gesetze des Empfangsstaates zu beachten, Art. 41 Abs. 1 WÜD. Lediglich wenn der Entsendestaat einen ausdrücklichen Verzicht auf die Immunität seines Diplomaten erklärt oder der Diplomat selbst ein Gerichtsverfahren gegen eine andere Person im Empfangsstaat in Gang gesetzt hat, besteht keine Immunität für das konkrete Verfahren, Art. 32 Abs. 1 – 3 WÜD.

      Bei der Gewährung der Immunität wird danach unterschieden, ob der Diplomat einen Gesetzesverstoß im Rahmen seines dienstlichen Aufgabenbereichs (sog. funktionelle Immunität) oder bei privatem Handeln (sog. persönliche Immunität) begangen hat. Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein, so z. B. wenn der Diplomat einen Verkehrsunfall während einer Dienstfahrt verursacht. Eine sachgerechte Lösung dürfte sich in der Regel aus dem Gedanken ergeben, ob ein enger Zusammenhang zu den Aufgaben der diplomatischen Mission (s. oben II.2.) СКАЧАТЬ