Freiheit . Martin Laube
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Название: Freiheit 

Автор: Martin Laube

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Themen der Theologie

isbn: 9783846337714

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СКАЧАТЬ griechischen Denken verdankt (vgl. Kaiser 2003: 195–198). Dies lässt sich etwa an 1Makk 2,7–13, einer Klage darüber, dass Jerusalem von einer »Freien« zu einer »Sklavin« |31|geworden ist, ablesen, aber auch an der feierlichen Abschiedsrede des Priesters Mattatias an seine Söhne in 1Makk 2,49–68. Der Kampf um das Gesetz wird hier als ein heroischer Befreiungskampf stilisiert, der unsterblichen Ruhm zeitigen wird. Judas, der Anführer der Makkabäer, erscheint in der Erzählung beinahe wie ein antiker Freiheitsheld. Im 2. Makkabäerbuch schließlich wird erstmals die Sammlung und Heimführung der Diaspora mit dem griechischen Verb ἐλευθερόω (»befreien«) bezeichnet und als göttliche Befreiungstat verstanden: »Befreie die unter den Völkern Versklavten« (2Makk 1,27). Politische Autonomie und religiöse Freiheit bilden in den Makkabäerkämpfen also eine untrennbare Einheit, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass die hasmonäischen Könige zeitweise zugleich das Hohepriesteramt in Jerusalem ausübten.

      Als eine ideengeschichtlich gesehen milde Vorstufe der hier skizzierten politisch-religiösen Freiheit kann man das Konzept der persischen Reichsautorisation betrachten (vgl. Frei/Koch 1996). Darunter versteht man eine bestimmte religionspolitische Rechtspraxis im Perserreich, nach der lokales und partikulares Recht der abhängigen Völker (vor allem im religiösen Bereich) als persisches Reichsrecht anerkannt und autorisiert werden konnte. Auch die Formierung des Pentateuch, der Tora, wird gern von diesem Modell her interpretiert: Danach habe der Priester und Schriftgelehrte Esra gemäß einem Edikt des Königs Artaxerxes (Esr 7,12–26) um 400 v.Chr. in der kleinen Provinz Jehud die Tora eingeführt und mit persischer Sanktionsgewalt belegt. Damit hätte die persische Provinz Jehud im 4. Jahrhundert einen teilautonomen Status in Gestalt einer Bürger-Tempel-Gemeinde erreicht (vgl. zur Diskussion Karrer 2001). Indes lässt sich diese These, so ansprechend sie auf den ersten Blick erscheint, nicht halten: Weder ist die Tora auf direkte persische Einflussnahme hin entstanden, noch lässt sich das Edikt Esr 7 als historisches Zeugnis der Perserzeit auswerten (vgl. umfassend Grätz 2004). Vielmehr ist dieser Text als ein – wohl schon aus hellenistischer Zeit stammendes – theologisches Konzept zu verstehen, hinter dem sich letztlich eine Aufteilung von politischer und religiöser Herrschaft verbirgt: Die Perser als Oberherren garantieren – von Gott selbst dazu eingesetzt (Esr 1,1–4) – den Bestand der religiösen Gemeinschaft in Jehud, die sich um die |32|Tora versammelt und insoweit religiöse Autonomie besitzt. Dieses Konzept hat, wie man leicht erkennen kann, nur wenig mit dem griechischen Begriff der Freiheit zu tun, der sich gerade auf die Polis, die politische Gemeinde, bezog und sich nicht auf die rein religiösen Belange beschränkte.

      5. Willens- und Entscheidungsfreiheit

      Blickt man von der Polis wieder auf das Individuum und fragt, ob das Alte Testament mit einer Willens- und Entscheidungsfreiheit des Menschen rechnet, wie man sie aus der griechischen Tradition kennt, so kann man diese Frage in gewisser Hinsicht durchaus bejahen. Wenn Freiheit die Fähigkeit und die Möglichkeit bezeichnet, an Entscheidungen der Gemeinschaft aktiv teilzunehmen und sich in seinem individuellen Handeln von äußeren Einwirkungen frei entscheiden zu können, ist sie im Alten Testament – wenn auch in typischer Brechung – präsent. Dass die Belege nicht aus der Frühzeit der alttestamentlichen Literatur, sondern aus dem Umkreis der deuteronomistischen Verantwortungsethik und aus Texten der hellenistischen Zeit stammen, ist nicht überraschend.

      So setzt etwa Jes 1,19f., ein nachjesajanischer Reflexionstext, voraus, dass der Mensch die freie Wahl zwischen Gut und Böse habe und sich der jeweiligen Konsequenzen bewusst sei. Es geht hier (wie auch in dem späten Vers Jes 30,15) um die Stellung zu Gott, genauer: um die Haltung zur Tora. Besonders plastisch kommt die Entscheidungsfreiheit des Menschen in der Lehrrede Dtn 30,15–20 zum Ausdruck, die mit einer klaren Entscheidungsalternative beginnt: »Siehe, ich habe dir heute das Leben und das Glück vorgelegt, den Tod und das Unglück« (V. 15). Der Mensch kann also wählen zwischen dem Weg des Lebens, der in der Einhaltung der Tora besteht, und dem Weg des Todes, der ins Unglück, in die Gottesferne führt. Auch die Ablehnung der Tora ist also ein Akt der freien Entscheidung, wenngleich sie, wie der Text betont, in die Unfreiheit mündet und den Menschen ins Unglück, am Ende sogar in den Tod zieht (vgl. Lev 26,15–35; 1Kön 9,6f.; 1Chr 28,9; Jer 8,9; 31,37; Ez 5,6).

      |33|Ganz eigene Wege, die (relative) Entscheidungsfreiheit des Menschen zu definieren, geht die sogenannte jahwistische Schöpfungserzählung Gen 2,4b–3,24. Man könnte sie unter die Überschrift »Freiheit und Begrenzung« stellen und hätte damit das anthropologische Grundproblem angemessen beschrieben. In den altorientalischen Schöpfungsmythen, die im Hintergrund der biblischen Überlieferungen stehen (etwa die Epen von Atramchasis oder Gilgamesch), ist die Erschaffung des Menschen ganz von den Bedürfnissen der Götter her gedacht: Der Mensch wird geschaffen, um den Göttern die mühevolle Arbeit abzunehmen, so dass man von einem entfremdeten Menschsein und einer im Prinzip »negativen Anthropologie« (Otto 1994: 62; ausführlich Zgoll 2012: 40–57) sprechen kann. Der Mensch ist Spielball der Götter, keiner eigenen Entscheidung fähig, damit aber auch »entschuldigt«, weil er keine Verantwortung für seine gegenwärtige Situation tragen muss. Vielleicht liegt sogar ein wesentliches Motiv für die Abfassung und Ausgestaltung der großen mythischen Erzählungen darin, den Menschen auf diese Weise zu »entlasten«.

      Blickt man in die zweite Schöpfungsgeschichte, vernimmt man andere Töne. Denn hier steht der Mensch in seiner Freiheit und Entscheidungsfähigkeit im Mittelpunkt des Geschehens. Auf der einen Seite ist Adam, der Mensch an sich, frei und fähig, sein Leben selbsttätig zu gestalten, den Garten also nicht für Gott oder die Götter, sondern für sich selbst zu bebauen (Gen 2,8.15) und sich sein Gegenüber frei zu wählen (Gen 2,18–24). Auf der anderen Seite lässt die Erzählung keinen Zweifel daran, dass die Wahlfreiheit nur eine relative ist, denn sie ist in doppelter Weise eingeschränkt: Sie ist begrenzt von der Endlichkeit und Kreatürlichkeit des Menschen, und sie ist begrenzt durch die ur-menschliche Konstitution, die Sünde (Gen 2,16f.; 3,1–19). Die Sünde selbst liegt in nichts anderem als in der Übertretung des göttlichen Verbots, vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen, man könnte auch sagen: Sie liegt in der Nicht-Beachtung des Gottseins Gottes und damit zugleich in der Missachtung der Begrenzung des Menschen durch Gott. Denn darin liegt die eigentliche Verfehlung des Menschen: dass er sein Menschsein nicht anerkennt und über sich hinausgreift, also die Grenzen seiner Freiheit überschreitet. Dem Menschen wird |34|also nicht nur ein begrenzter Lebensraum, sondern auch ein Entscheidungsspielraum zugewiesen, der seiner Endlichkeit und Kreatürlichkeit gemäß ist und der eigentümlichen Gebrochenheit des menschlichen Lebens entspricht (vgl. die sogenannten Fluchworte Gen 3,14–19).

      Die Frage nach der Willens- und Entscheidungsfreiheit des Menschen ist, wie man nicht zuletzt an der Schöpfungserzählung sehen kann, eng verknüpft mit dem Problem, wie sich göttliche Vorherbestimmung bzw. Determination und menschliche Freiheit zueinander verhalten.

      6. Determination und Freiheit

      In der Weisheitsdichtung der hellenistischen Zeit, vor allem im Buch Jesus Sirach, bricht die Frage nach der Vorherbestimmung menschlichen Handelns, nach dem Verhältnis von göttlicher Allmacht und Entscheidungsfreiheit, wie sie schon die ältere Literatur beschäftigt hat, nun als ein eigenes Thema auf (Maier 1971; Wicke-Reuter 2000; Kaiser 2008; vgl. zum Problemfeld »Determinismus«, »Vorsehung« und »Schicksal« insgesamt Schrage 2005: 15–30 sowie den Sammelband von Kratz/Spieckermann 2008). Das Buch Jesus Sirach, von einem Schriftgelehrten und Weisen im Jerusalem des 2. vorchristlichen Jahrhunderts noch vor der Religionsnot unter Antiochos IV. verfasst, spiegelt in einzigartiger Weise die Begegnung der jüdischen Religion mit dem Hellenismus wider. Motive und Themen aus der griechischen Dichtung und Philosophie werden aufgenommen, abgewandelt und in die jüdische Theologie integriert, um aufzuzeigen, dass die jüdische Religion dem hellenistischen Denken ebenbürtig oder gar überlegen ist. Für den Verfasser ist es ein Grund-Satz, dass alle σοφία (»Weisheit«) von Gott stamme (Sir 1,1) und sie in Gestalt der göttlichen Weisung, der Tora, auf Erden ihre Wohnung gefunden habe.

      So wird in Sir 15,11–20 – in СКАЧАТЬ