Freiheit . Martin Laube
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Название: Freiheit 

Автор: Martin Laube

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Themen der Theologie

isbn: 9783846337714

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СКАЧАТЬ die Epheser und Kolosser, zwei zum Johannesevangelium, je ein Beleg zum 1. Petrusbrief und zum Matthäusevangelium sowie drei Belege zur Apokalpyse. Das Verb ἐλευθεροῦν ist fünfmal bei Paulus und zweimal bei Johannes bezeugt, das Adjektiv ἀπελεύθερος einmal bei Paulus. Dies bedeutet, dass im Blick auf den gesamten Wortstamm 27 Belege zu Paulus, insgesamt sogar 29 Belege ins Corpus Paulinum führen, jedoch allein dreizehn Belege außerhalb des Corpus Paulinum gegeben sind. Innerhalb des Corpus Paulinum wiederum begegnet der Wortstamm ἐλευθερ- ausschließlich in der Korintherkorrespondenz, im Galater- und im Römerbrief und hier, von Einzelbelegen einmal abgesehen,|40| überwiegend als theologisches Leitmotiv in klar definierten und in sich abgegrenzten Textkomplexen (1Kor 7 und 9; Gal 4–5; Röm 6–8). Auffällig sind das nahezu völlige Fehlen des Wortstamms in den synoptischen Evangelien und in der Apostelgeschichte sowie die eher periphere Verwendung im Johannesevangelium.

      Der Wortstamm Freiheit scheint demnach in der Verkündigung Jesu und in ihrer Rezeption und Darstellung in den Evangelien keine Rolle gespielt zu haben. Dieser Befund wird auch durch das apokryphe Thomasevangelium nicht in Frage gestellt. Unstrittig sind natürlich Befreiungserfahrungen und -berichte vorhanden, die sich vor allem auf Kranke und Außenseiter der jüdischen Gesellschaft beziehen, ohne hierfür allerdings den Wortstamm ἐλευθερ- zu verwenden. Es wäre eine Verzeichnung der Texte, aus diesen Befreiungserfahrungen einen für die politische und gesellschaftliche Freiheit seiner jüdischen Mitbürger eintretenden Jesus rekonstruieren zu wollen (so aber Bartsch 1983: 506). Die Verheißung der von Lukas gestalteten Antrittspredigt Jesu in Nazareth, er wolle den Gefangenen die Befreiung oder Entlassung verkünden (vgl. Lk 4,18 als Zitat von Jes 61,1), wird im eigentlichen Wortsinn in der Wirksamkeit Jesu nicht eingelöst. Die Tempelsteuerperikope (Mk 12,13–17) zeigt vielmehr eindeutig auf, dass Jesus nicht die politische Option der Widerstandskämpfer gegen das Imperium Romanum und seine versklavende Macht unterstützte.

      Freilich wird man die neutestamentliche und urchristliche Freiheitsbotschaft nicht ausschließlich in einem begriffsgeschichtlichen Verfahren erheben können. Unabdingbar ist es, auf die Kontexte zu achten und hier wiederum auf Gegenbegriffe wie Knechtschaft, Gefangenschaft, Sklaverei (vgl. Gal 3,28; 2Petr 2,19; Apk 6,15; 13,16; 19,18 u.ö.) und natürlich auf die Metaphorik der Freiheitsaussagen überhaupt. Allerdings steht einem eher allgemein gehaltenen Zugriff auf die Freiheitsthematik der höchst auffällige und eine Erklärung verlangende Befund der Paulusbriefe entgegen. Weshalb verwendet Paulus und nur er im frühen Christentum den Wortstamm ἐλευθερ- in den genannten Briefen so eindeutig? Hat er den Freiheitsbegriff in das frühe Christentum eingetragen? Wodurch lässt er sich in der Verwendung des Begriffs leiten? Schließt er sich |41|an ein hellenistisches Verständnis an und trägt so auch zur Hellenisierung des Christentums bei?

      2. Zur Forschungsgeschichte

      Als erster wesentlicher wissenschaftlicher Beitrag zur Interpretation der Freiheit innerhalb der Theologie des Paulus kann ein Vortrag des liberalen Theologen Johannes Weiß aus dem Jahr 1902 angesehen werden, in dem unter anderem die Frage nach der Herkunft des Freiheitsbegriffs gestellt wird (zur Forschungsgeschichte insgesamt Jones 1987: 11–24; Coppins 2009: 18–45). Paulus habe, so Weiß, den Begriff aus der griechischen, vorwiegend stoischen Popularphilosophie entliehen, ihn im Wesentlichen als eine Freiheit von Abhängigkeiten verstanden, sodann allerdings in einen neuen Zusammenhang verpflanzt (vgl. Weiß 1902: 7–9.33). Rudolf Bultmann, der u.a. bei Weiß studiert hatte, gab in seiner 1958 erstmals erschienenen Theologie des Neuen Testaments der Freiheit eine zentrale Stellung im Lehrgebäude des Paulus (aber auch Schlier 1935: 492–500). Sie ist nach der Gerechtigkeit Gottes, der Gnade und dem Glauben das vierte Kennzeichen des glaubenden Menschen und wird in den §§ 38–40 im Einzelnen beschrieben als Freiheit von der Sünde, als Freiheit vom Tod und als Freiheit vom Gesetz. Bultmann orientiert sich hierbei an den Textaussagen des Paulus in Röm 5–8, denn es sei eindeutig, »daß sein Denken und Reden aus seiner theologischen Grundposition herauswächst, die sich ja auch in Rm einigermaßen vollständig expliziert« (Bultmann 1968: 191). Demgegenüber orientierte sich Mußner stärker am Galaterbrief und bezog das Befreiungsgeschehen zusätzlich auf die Befreiung von den dämonisierten Weltelementen (vgl. Mußner 1976: 28f.). Samuel Vollenweider hingegen legte in allen und stets grundlegenden Veröffentlichungen zum Thema Wert auf den Nachweis, dass Paulus seine Freiheitsaussagen in einem einigermaßen kohärenten Zusammenhang zum Ausdruck bringe, etwa demjenigen der Freiheit vom Gesetz (vgl. Vollenweider 1989: 21; ders./Link 1997: 502). Damit gehen in seiner Beschreibung des paulinischen Freiheitsverständnisses die Perspektiven auf die neue Schöpfung oder die Gotteskindschaft|42| als Folge des Befreiungsgeschehens einher, während in seiner letzten Publikation die Freiheit von dem Gesetz in ihrem Stellenwert innerhalb der Freiheitsbotschaft des Paulus eher abgeschwächt wird (vgl. Vollenweider 2000: 307). Gleichzeitig verwiesen andere darauf, dass im Freiheitsverständnis zwischen Galater- und Römerbrief Differenzen bestehen, so dass die Vorstellung eines einheitlichen, am Römerbrief gewonnenen Lehrsystems fraglich wurde und sich gleichzeitig die Annahme einer Entwicklung im paulinischen Denken Bahn brach. Dies betrifft vorwiegend das Verhältnis von Freiheit und Gesetz. In einem diametralen Gegensatz zu Bultmanns Ausgangspunkt bindet Jones alle Freiheitsaussagen des Paulus direkt an ein hellenistisches, auf die innere Freiheit bezogenes Verständnis (vgl. Jones 1991: 700).

      Paulus spricht über Freiheit in sehr unterschiedlichen Kontexten, aber thematisiert sie nicht in jedem Brief. Liegt seinem Denken überhaupt ein einheitliches christliches Freiheitsverständnis zugrunde? Oder bieten die Aussagen des Paulus situationsbedingte Adaptionen eines hellenistischen Freiheitsbegriffs (Betz 1994; Jones 1987; Coppins 2009)? Die ungefähr zeitgleich angefertigten Arbeiten von Jones und Vollenweider stimmen jedenfalls in dem religionsgeschichtlichen Urteil überein, dass die paulinische Freiheitsbotschaft vor einem hellenistischen Hintergrund zu verstehen sei (vgl. Jones 1987: 145; Vollenweider 1989: 21). Viel hängt natürlich von der Beantwortung der Frage ab, ob erst Paulus beides, Freiheitsverständnis und -begriff, in die christliche Theologie einträgt oder ob er auf frühchristlichen, möglicherweise sogar mit Jesus (so Niederwimmer 1992: 1053) in Verbindung stehenden oder ins hellenistische Judentum reichenden Voraussetzungen aufbaut. Der Befund deutet klar zur ersten Annahme hin: Paulus ist innerhalb des frühen Christentums der Theologe der Freiheit, und er hat Begriff und Sache in das christliche Denken eingeführt (vgl. Jones 1987: 16–18; Vollenweider 2000: 307). Daher wird besonderes Augenmerk auf das Vorkommen des Wortstamms ἐλευθερ- in den Korintherbriefen zu legen sein, in denen erstmals innerhalb der paulinischen Briefliteratur dieser Wortstamm bezeugt ist.

      |43|3. Kontexte von Freiheit in den Briefen des Paulus

      Mit der Entfaltung des Evangeliums in der missionarischen Verkündigung und in den Briefen an die ersten christlichen Gemeinden betrat Paulus zeitgeschichtlich einen Raum, der durch intensive Freiheitsdiskussionen und -theorien bestimmt war und in dem innerhalb der stoischen Philosophie die Freiheit in die Mitte jeglichen Denkens gestellt worden war. Vollenweider (vgl. Vollenweider 1989: 23–104) orientiert sich in seiner umfassenden Darstellung des Freiheitsverständnisses in der Stoa an der berühmten Rede Epiktets über die Freiheit (Epiktet, Dissertationes IV,1), in der das dominierende Weltbild der hellenistischen Antike zu greifen sei (vgl. Vollenweider 1989: 25). Verbindungslinien zu Paulus fallen sofort ins Auge, wenn etwa von der Freiheit als Gabe Gottes, der Gottessohnschaft des Freien, der Freiheit des Sklaven und der Relation des Freien zum Gesetz gesprochen wird. Das Kennzeichen des stoischen Freiheitsbegriffs ist gerade nicht die willkürliche Realisierung individueller Wünsche (»wie ich will«), sondern im Gegensatz dazu die völlige Unabhängigkeit des Einzelnen von allen Begierden, eine Freiheit von Zwang und äußeren Einflüssen, die einhergeht mit der Einfügung in Gottes Weltordnung. Vollenweider formuliert als ein Ergebnis seiner Untersuchung die These: »Die wirkungsgeschichtliche Schicksalsgemeinschaft von griechischer und christlicher Freiheit hat einen unverkennbaren genetischen Hintergrund: Die paulinische Freiheitsbotschaft verdankt sich historisch gesehen primär dem griechischen Freiheitsgedanken« (ebd. 397). Im Folgenden wird daher bei der Rekonstruktion und Darstellung des paulinischen СКАЧАТЬ