Freiheit . Martin Laube
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Название: Freiheit 

Автор: Martin Laube

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Themen der Theologie

isbn: 9783846337714

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СКАЧАТЬ hellenistischer Freiheitskonzeptionen, denn Zwang und Unfreiheit stellen klassischerweise den Gegensatz schlechthin zur Freiheit dar. Die Interpretation dieses Begriffs in positiver Weise als Bindung an Christus verleiht dem apostolischen Dienst eine Freiheit gerade in der ἀνάγκη. Freiheit und Zwang werden dabei nicht synonym gedacht, wohl aber realisiert sich die Freiheit in der Knechtschaft Christi. Diese Freiheit wird schließlich in einer solch engen Bindung|48| an Christus als ἔννομος Χριστοῦ (»im Gesetz Christi sein«) beschrieben, dass die notwendige Folge eine Relativierung des bestehenden, faktischen νόμος (»Gesetzes«) ist (vgl. 1Kor 9,20f.). Da Paulus in seinem missionarischen Verhalten eine Anpassung an das Gegenüber, seien es Juden, seien es Heiden, praktiziert, etabliert er hiermit ein unumkehrbares Gefälle vom Evangelium zum Gesetz (vgl. Vollenweider 1989: 215).

      Die Verknüpfung von Freiheit mit dem Geist des κύριος (»Herr«) bietet Paulus in einer Gnome in 2Kor 3,17b in einem Kontext (2Kor 2,14–4,6), in dem er eine Apologie seines Apostolats entfaltet. Gegenüber Gegnern, die ihm mangelndes Pneumatikertum vorhalten und ihrerseits auf Empfehlungsbriefe zurückgreifen (vgl. 2Kor 3,1), arbeitet Paulus die Antithetik von einerseits Steintafeln und tötendem Buchstaben, andererseits aber lebendig machendem Geist und Freiheit aus. Hierbei greift er auf Ex 34,29–35 zurück, einen Text, der eventuell für die Gegner leitend war und durch sie in die Diskussion eingebracht wurde, der aber daneben bereits in der jüdischen Auslegung intensiv bedacht worden war. Möglicherweise hatte schon sie die Gesetzestafeln oder das Gesetz mit Freiheit verbunden. Darauf deutet die rabbinische Auslegung von Ex 32,16 hin, in der das Studium der Gesetzestafeln mit Freiheit verknüpft worden ist (vgl. mAv 6,2). Demgegenüber orientiert sich die Auslegung des Paulus zunächst an der Decke, die Mose auf sein Angesicht legt, wenn er mit dem Volk spricht. Diesem Brauch unterstellt Paulus zunächst eine Irreführung – das Volk soll das Verblassen des Glanzes auf Moses Angesicht nicht bemerken –; sodann verbindet er ihn mit einer mehrfachen Verstockung Israels, denn diese Decke liegt auf der Verlesung der Schriften des alten Bundes und auf den Herzen der Israeliten. Erst in der Bekehrung zum Herrn, die hier für Mose gedacht wird (vgl. 2Kor 3,16), wird diese Decke entfernt und ein freier Zugang zum κύριος ermöglicht. War in der jüdischen Überlieferung ein himmlischer Aufstieg Moses beschrieben und – paradigmatisch für das Volk – als möglich dargestellt, so erklärt die Auslegung des Paulus demgegenüber die Bindung des Mose an die Gesetzestafeln als todbringend, um ausschließlich in der Hinwendung zu Christus durch die Vermittlung seines Geistes die Erlangung von Freiheit anzusagen.

      |49|Vollenweider legt seiner Auslegung dieses Abschnitts die Prämisse zugrunde, dass Paulus in den Korintherbriefen das Verhältnis der Freiheit zur Vergangenheit aufarbeitet und in diesem Text das theologische Problem des Gesetzes thematisiert (vgl. Vollenweider 1989: 269). Zumindest aber erhebe sich die akute Frage nach dem christlichen Umgang mit dem Gesetz (vgl. ebd. 284). Darauf deuten die mosaischen steinernen Gesetzestafeln (vgl. 2Kor 3,7), der Buchstabe (vgl. 2Kor 3,6) und die Nähe zu Röm 7f. hin, insofern auch in diesem Text die verurteilende und tötende Funktion des Gesetzes angesprochen ist. Demgegenüber lehnt Jones (vgl. Jones 1987: 61–67; ihm folgend Schnelle 2003: 273) jeglichen Bezug auf das Gesetz ab. Es gehe ausschließlich darum, die Freiheit als παρρησία (»Offenheit«) (vgl. 2Kor 3,12) zu qualifizieren. Hierbei legt Jones Wert auf den Nachweis, dass ἐλευθερία (»Freiheit«) und παρρησία (»Offenheit«) im hellenistischen Sprachgebrauch in großer Nähe zueinander stehen, ja oftmals auch synonym gebraucht werden (vgl. Jones 1987: 61–67). Eine Eingrenzung dieser Freiheit als Freiheit gegenüber dem Gesetz wäre eine unangemessene Einengung. Die Gesetzesfrage wird in der Tat in 2Kor 3 nicht explizit angesprochen. Es scheint Paulus eher um die Verstockung Israels zu gehen, die mit Mose und der Lektüre der Tora gegeben ist, auch wenn Mose innerhalb der jüdischen Tradition – von Paulus partiell zugestanden (vgl. 2Kor 3,9–11) – als Mystagoge des himmlischen Aufstiegs galt. Die Bindung an Mose führt, so die radikale These des Textes, nicht zur Freiheit, sondern zur Verurteilung und zum Tod.

      3.2. Der Galaterbrief: Die Freiheit in Christus und die Sklaverei unter dem Gesetz

      Die Freiheitsthematik wird im Galaterbrief in der narratio (»im erzählenden Teil«) des Schreibens eingeführt, indem Paulus seinen Bericht über den zurückliegenden Apostelkonvent unter einen fundamentalen Gegensatz stellt: Er nimmt für sich und sein Auftreten auf dem Konvent eine Freiheit in Anspruch, die er in Christus Jesus hat, und grenzt sie scharf von dem Versuch einer namentlich nicht genannten Partei ab, deren Ansinnen er als Versklavung bewertet (vgl. Gal 2,4). Konkret geht es in seinem Bericht um die Frage, |50|die zunächst auf dem Konvent (vgl. Apg 15,1; Gal 2,3) und jetzt auch in Galatien aufkam, ob Heidenchristen beschnitten werden (vgl. Gal 5,1–6; 6,12f.) und ob sie weitere kultische Gebote (vgl. Gal 4,10) halten müssen. Paulus, der Apostel der Heiden, hatte in seiner Mission und in Übereinstimmung mit Grundsätzen der Gemeinde Antiochias Heidenchristen von den Identitätsmerkmalen jüdischer Existenz, zumal im paganen Raum, entbunden. Er hatte damit zur Durchsetzung und Legitimität eines Heidenchristentums neben einem Judenchristentum beigetragen. Mag es auch nach den Berichten über den Apostelkonvent so scheinen (vgl. Gal 2,1–10; Apg 15,1–35), als habe man hier eine Anerkenntnis, zumindest aber einen Kompromiss oder Ausgleich zwischen beiden Varianten gefunden, so zeigt die Entwicklung in den heidenchristlichen Gemeinden, dass Anfragen, Maßnahmen, ja scharfer Antipaulinismus seitens des Judenchristentums ab jetzt die Mission des Paulus begleiten. Das in der narratio erwähnte Selbstverständnis, nämlich die Freiheit, die Paulus in Christus hat, wird im argumentativen Abschnitt des Briefes aufgenommen und ab Gal 4,21 kämpferisch, bisweilen polemisch entfaltet.

      Natürlich richtet sich der Blick schnell auf die beiden Thesen in Gal 5,1 und 13, die wie bereits vor Abfassung des Briefes formulierte Lehraussagen erscheinen. Einerseits: »Zur Freiheit hat uns Christus befreit« (Gal 5,1). Das Substantiv Freiheit und das Verb befreien rahmen das Objekt »uns« und das Subjekt »Christus«. Wie aber und wo und wann hat Christus uns – Paulus denkt hierbei an die christlichen Gemeinden – befreit? Wovon hat er sie befreit? Ist der Gegenbegriff der Freiheit notwendig derjenige der Gefangenschaft? Andererseits: »Ihr aber, liebe Brüder, seid zur Freiheit berufen« (Gal 5,13). In beiden Worten erscheint die Freiheit als ein absolutes Gut, erwirkt von Christus, übereignet in der Berufung, aber auch als die Folge eines Befreiungsgeschehens. Die Freiheit, die Paulus in Christus hat (vgl. Gal 2,4), zu der Christus befreit hat (vgl. Gal 5,1), zu der Gott berufen hat (vgl. Gal 5,13), erscheint weiter und fundamentaler, als dass sie ausschließlich auf die Freiheit vom Gesetz einzuengen wäre (vgl. Dautzenberg 2001: 75). Diese Freiheit kann wieder verloren werden, wenn Versklavung diese Freiheit einengt (vgl. Gal 2,4) oder wenn die heidenchristlichen Gemeinden in Galatien|51| erneut (!) unter ein Joch der Sklaverei gepresst werden (vgl. Gal 5,1b).

      Da die galatischen Gemeinden zuvor nicht unter dem Joch des mosaischen Gesetzes standen, empfiehlt es sich aus dieser Einsicht, aber auch aus anderen Gründen heraus nicht, den Freiheitsbegriff und die Freiheitspredigt des Galaterbriefs ausschließlich als Freiheit vom Gesetz zu verstehen (vgl. Jones 1992: 858). Natürlich appliziert Paulus Freiheit auf die Forderung, den Heidenchristen ein Leben unter der Tora aufzuerlegen (vgl. Gal 5,2–4). Aber er warnt gleichfalls vor einem entgrenzten Freiheitsverständnis, das sich in seiner Lebensausrichtung jeglicher Normen entledigt und die Freiheit als Deckmantel für die σάρξ (»das Fleisch«) (vgl. Gal 5,13) oder das Böse gebraucht (so 1Petr 2,16 in großer Nähe zur Position des Paulus). Als Freie oder als Befreite sollen die Christen Sklaven sein, nämlich in Liebe einander dienen (vgl. Gal 5,14 und in ähnlichem Kontext auch 1Petr 2,17; vgl. bereits zuvor 1Kor 10,29). Damit hält Paulus auch für die Heidenchristen eine schmale Bindung an die Tora aufrecht, da das Liebesgebot explizit als Teil der Tora zitiert wird (vgl. Gal 5,14). Er folgt damit einem differenzierten Modell. Frei sind die Heidenchristen von dem Fluch des Gesetzes (vgl. Gal 3,13), der in der verurteilenden Funktion des Gesetzes bestand. Frei sind die galatischen Christen von der Tora, sofern sie mittels der Beschneidung in den Abrahambund als den Beschneidungsbund eingegliedert werden sollen. Die neue Schöpfung in Christus hat die Differenz von beschnitten und unbeschnitten aufgehoben (vgl. Gal 6,15). In einer allegorisierend-typologischen Interpretation werden in Gal 4,21–31 СКАЧАТЬ