Название: Mörderjagd in Mecklenbeck
Автор: Gernot Beger
Издательство: Автор
Жанр: Контркультура
isbn: 9783956837470
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Nachdem unsere Hobbyköche schon bei der Vorspeise in Stammtischmanier die dringendsten Probleme der Menschheit gelöst und beim Hauptgang, Risotto mit Garnelen, Jakobsmuscheln und Weißburgunder, über die Niederungen der Hundehaltung palavert hatten, widmeten sie sich der Nachspeise.
»Das Blaubeer-Trifle schmeckt wieder köstlich«, schwärmte Peter. »Hoffentlich haben wir genug davon da«, sorgte er sich.
»Ich denke, Du willst abnehmen«, foppte Gernot ihn und schaute auf seinen Bauch, der eingeklemmt zwischen Stuhl und Tischkante den Raum ausfüllte.
»Also, daran habe ich natürlich auch schon gedacht«, nahm Gernot den ursprünglichen Gesprächsfaden wieder auf. »Der Ring könnte vom Heimpersonal gestohlen worden sein. Da kämen viele Personen in Betracht, schließlich ist das Zimmer meiner Mutter nicht abgeschlossen.«
»Hast Du denn einen bestimmten Verdacht?«, fragte Peter und trank den letzten Schluck Weißwein aus seinem Glas.
»Nicht wirklich«, antwortete Gernot. »Sie hat eine Pflegerin und einen Pfleger, die sich hauptsächlich um sie kümmern. Aber die werden wohl nicht so dreist sein, sie zu bestehlen. Ich tippe eher auf jemand anderen aus dem Heim, dem sich einfach die Gelegenheit bot, den Ring an sich zu nehmen. Meine Mutter ist seit einigen Monaten auch zunehmend tüttelig und würde es einem Langfinger ziemlich einfach machen. Jedenfalls ist sie nach dem Verlust des Ringes so richtig durch den Wind.«
»Wenn der Ring wertvoll ist und deiner Mutter so viel bedeutet, dann hefte doch eine Notiz ans Schwarze Brett im Heim und lobe eine ordentliche Belohnung für den Finder aus«, schlug Peter vor und überlegte gleichzeitig, ob sein Kalorienhaushalt einen weiteren Dessertnachschlag vertragen würde.
Wir Vierbeiner bekamen den Rest Risotto und jeder eine Garnele. Gernot goss uns sogar etwas Wein, ungefähr ein Fingerhutvolumen, in den Napf. Die Aromen umarmten einander wie ein frisch verliebtes Paar. Unverständlicherweise ließ Einstein diese Zugabe unberührt. Er war in Sachen Alkohol Abstinenzler. Manchmal ist Einstein wirklich ein schwacher Hund, der der Versuchung nachgibt, sich eines Genusses zu versagen.
»Oder du kaufst einen ähnlich aussehenden Ring im Internet. Vielleicht merkt deine Mutter den Unterschied gar nicht und ihre Welt ist wieder in Ordnung«, schlug Klaus vor.
Die Zweibeiner entwickelten mit zunehmendem Grappagenuss, den Gernot als Digestiv reichte, weitere nicht allzu ernst zu nehmende Vorschläge zum Wiederauffinden des Ringes. Meine Freunde und ich mussten uns das alles von unserem Liegeplatz aus anhören. Männer, die in fortgeschrittener Weinlaune labern, sind noch schlimmer als Frauen, die Florian Silbereisen Unterwäsche auf die Bühne werfen.
Neben dem Heizkörper auf dem Boden liegend, konzentrierten wir uns auf den Austausch unserer Erlebnisse. Jumper und Einstein erzählte ich von Anna, die Gernots Mutter pflegte und sich so viel Zeit für den Gassigang mit mir genommen hatte. Zeit ist für einen Hund die wertvollste Währung. Anna schien eine reiche Frau zu sein. Zudem war sie die Besitzerin eines unerschöpflichen Leckerlivorrats.
In Jumpers Kopf kullerte der Rotwein, als er mit offenen Augen träumte: »Mein Peter kann Gernot doch auf der nächsten Fahrt nach Düsseldorf begleiten, dann kommen wir alle zu Anna und fressen uns die Bäuche voll.«
»Lasst zuerst die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen, Markus 7,27«, erwiderte der stocknüchterne Einstein ernst.
»Nein, nein«, entgegnete ich mit entspannter Miene. »Anna hat keine Kinder, wir bräuchten mit niemandem zu teilen.«
Einen Moment malten wir uns in unserer Fantasie eine nimmer endende Fressorgie aus, bis mir wieder dieser seltsame Glaskasten in ihrer Wohnung einfiel. Ich erzählte meinen beiden Freunden davon und fragte:
»Habt ihr eine Ahnung, wozu so etwas gut sein kann?«
»Soso«, überlegte Einstein laut, legte seine Stirn in Falten und kaute intensiv auf seinem Golfball, was bei ihm immer ein Zeichen für angespanntes Nachdenken war. »Ein Glaskasten wie ein Aquarium, aber ohne Wasser und Fische.«
»Ja«, bestätigte ich, »nur mit Luft gefüllt. Ob etwas auf dem Boden lag, konnte ich allerdings nicht erkennen. Der Kasten stand einfach zu hoch.«
Jumper, noch im Fressmodus gefangen, meinte: »Vielleicht eine große Vorratskiste aus Glas, damit man immer sieht, wie viele Leckerlis noch da sind.«
Einstein sah den gerade aus der Pubertät entwachsenen Jumper mit Nachsicht an und sagte: »In Sprüche 10,3 heißt es: ‚Jahwe lässt keinen verhungern, der gottgefällig lebt, doch die Gier der Gottlosen stößt er zurück.«
GERNOT KAUFT EINEN RING
IM INTERNET
Ich kann ja zumindest mal schauen, was da im Internet so angeboten wird‘, ging es meinem Leinenhalter durch den Kopf. Gernot hatte am folgenden Nachmittag während des Rasenschneidens einen Entschluss gefasst. Ihm war klar, dass der Gedanke, seiner Mutter einen ähnlichen Ring zu schenken wie den, der verloren gegangen war, seinen Reiz hatte. ‚Wenn der Preis stimmt, wäre das wirklich ein feines Geschenk zu ihrem Geburtstag in der kommenden Woche. Und wenn der Ring dem verloren gegangenen ähnelt, könnte er so tun, als ob das Originalschmuckstück wieder aufgefunden wäre. Eine leichte Demenz kann auch ihre Vorteile haben‘, dachte er sich. Zufrieden betrachtete er nach getaner Arbeit den kurz geschnittenen Rasen, auf dem sich deutlicher als zuvor meine tellergroßen Pinkelstellen abzeichneten. Er räumte die Gartengeräte in die Garage und ging ins Haus, um sich mit einem Kaffee und seinen Lieblingsschokoladenkeksen zu belohnen. Mit dem Kaffeebecher in der Hand setzte er sich vor den PC und tippte in die Google-Suchzeile ‚Schmuck aus zweiter Hand‘ ein. Die Übersicht zeigte Angebote von ihm namentlich bekannten ortsansässigen Juwelieren sowie von Privatpersonen auf den einschlägigen Marktplätzen wie Ebay und Co. Letztere wählte er aus und machte unter der Kategorie Diamantringe ein Häkchen. Er war erstaunt über das reichhaltige und preisgünstige Angebot. Ab zweihundertneunundzwanzig Euro ging es los. ‚Da könnte ich Jule zu ihrem Geburtstag glatt auch einen Ring schenken‘, ging es ihm durch den Kopf. Jetzt musste nur noch ein Exemplar gefunden werden, das dem von Christine möglichst ähnlich war. Nur wenige Klicks weiter hatte er gefunden, was er suchte. Ein Sofort-Kauf Angebot für einen zeitlosen Goldring mit einem Diamanten in der Fassung. Aussehen und Größe kamen dem Original in seiner Erinnerung sehr nahe. Der Preis von fünfhundertneunundneunzig Euro war tragbar, die Zusendung sogar kostenlos. Zur Sicherheit sah er sich noch andere Angebote auf anderen Plattformen an. Aber er fand nichts Besseres. Zwischenzeitlich war sein Kaffee kalt geworden. Bei seiner konzentrierten Suche hatte er ihn vergessen. Kurz entschlossen klickte er zu der ursprünglichen Ebay-Seite zurück, betätigte bei dem Angebot, welches ihm zusagte, den Button ‚In den Warenkorb‘ und zahlte fünfhundertneunundneunzig Euro per Pay Pal. Frohgemut lehnte er sich sodann in seinem Schreibtischstuhl zurück. Jetzt war er überzeugt, dass die Idee von Klaus an dem Kochabend ein guter Vorschlag war. »Mäuschen, da haben wir für die Oma ein feines Geburtstagsgeschenk gefunden«, kommentierte er seinen Fund sichtlich zufrieden. Der Ring, so stand es im Angebot des Verkäufers, müsste in vier Tagen bei ihm sein.
Schneller als erwartet sollte ich wieder mit СКАЧАТЬ