Название: Marktforschung
Автор: Richard Kühn
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная деловая литература
isbn: 9783258469867
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Die bisher vorgestellten Studientypen werden auch als Ad-hoc-Studien bezeichnet. Ad-hoc-Studien zeichnen sich dadurch aus, dass das Studiendesign sowie der Fragebogen oder die Testanlage für eine spezifische Problemsituation entwickelt und eingesetzt werden. Ihre Ergebnisse gelten damit “nur” für den Untersuchungszeitpunkt und erlauben an sich keine Aussagen über die Entwicklung spezifischer Merkmale im Zeitablauf. Um Probleme und Chancen aufzudecken oder um aus in der Vergangenheit realisierten Marketingmassnahmen für die zukünftige Planung lernen zu können, sind jedoch Informationen über Entwicklungen eines Merkmals häufig wichtiger als die Kenntnis seines aktuellen Zustandes. So ist es z.B. für die Entdeckung von Imageproblemen interessant, nicht nur das aktuelle Imageprofil zu kennen, sondern auch über dessen Veränderungen während der letzten Jahre Bescheid zu wissen. Zu diesem Zweck werden so genannte Trackingstudien resp. repetitive, quantitative Studien durchgeführt. Damit bezeichnet man sich zeitlich (oft in regelmässigen Abständen) wiederholende Untersuchungen, deren Inhalt und Design identisch sind, um die Vergleichbarkeit der Resultate zu gewährleisten.
In der Praxis sind zwei Formen von Trackingstudien besonders verbreitet:
• Im Rahmen von repetitiven Ad-Hoc Studien überprüfen gewisse Unternehmungen in regelmässigen Abständen z.B. die Entwicklung der Kundenzufriedenheit oder die Entwicklung der Akzeptanz der Verkäufer und der Kundendienstmitarbeiter bei den Produktverwendern.
• Generelle Kennziffern über die Entwicklung des Marktvolumens und der Marktanteile werden häufig von spezialisierten Marktforschungsinstituten angeboten. In so genannten Panelstudien erfassen die Institute regelmässig Daten über die Einkäufe von Verbrauchern oder die Verkäufe von Händlern in einem bestimmen Markt.
Besonders bei komplexeren Marketingproblemen kann die Wahl des passenden Studientyps schwer fallen. Dann ist es hilfreich, die aus dem Marketingproblem hervorgehenden Aufgabe(n) zu präzisieren. Aus entscheidmethodischer Sicht lassen sich die folgenden Aufgaben unterscheiden:4
• Beschreiben einer Situation und damit einer Problemstellung und Erstellen einer Analyse (bzw. Diagnose)
• Prognostizieren von interessierenden Tatbeständen im Markt oder in der Umwelt (Entwicklungsprognose) oder von Wirkungen geplanter Marketingmassnahmen (Wirkungsprognose)
• Erklären, d.h. Aufzeigen von Ursachen eines Problems, einer Entwicklung im Markt oder der Wirkungen einer Marketingmassnahme (Ursachenforschung)
• Finden von Ideen oder innovativen Problemlösungen (Ideengenerierung)
• Beurteilen und Auswählen von alternativen Problemlösungen (Screening)
• Punktuelle oder systematische Kontrolle von ergriffenen Marketingmassnahmen (Tracking, Monitoring)
Abbildung 2-3 zeigt überblicksartig, welche methodischen Aufgaben mit welchen Studientypen am häufigsten verbunden werden. Die Unterscheidung dieser methodischen Aufgaben vermittelt zudem Anhaltspunkte für die Art und Form der Datenauswertung (insbesondere der zu diesem Zweck einzusetzenden statistischen Methoden).
Abb. 2-3: Bedeutung der Studientypen zur Lösung verschiedener methodischer Aufgaben
2.3 Möglichkeiten und Grenzen der Marktforschung
Die Marktforschung bietet nicht nur viele Möglichkeiten, sie hat auch ihre Grenzen. Beides muss der Marketingpraktiker kennen. Dies bewahrt ihn im konkreten Fall vor unrealistischen Erwartungen an eine Untersuchung und erlaubt ihm, den effektiven Nutzen der Angebote von Marktforschungsinstituten besser beurteilen zu können.
Die Mehrzahl der im Abschnitt 2.2 vorgestellten Studientypen benutzt Befragungsmethoden, um die gesuchten Daten zu beschaffen. Die Möglichkeiten und Grenzen der Marktforschung werden in diesen Fällen wesentlich durch die Auskünfte bestimmt, welche die befragten Personen geben können und geben wollen.
Befragte können relativ präzis und verlässlich Fragen beantworten, die sich auf Angebote und sonstige Marketingmassnahmen beziehen, zu denen sie aktuelle oder nicht zu lange zurückliegende Erfahrungen besitzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Fragen sich auf objektiv feststellbare Dinge beziehen wie etwa die Häufigkeit oder Intensität des Konsums bestimmter Produkte, die Art der Produktverwendung oder demographische Merkmale der Person (Alter, Familiengrösse, Ausbildung etc.). Bereits etwas unsicherer, aber doch noch recht verlässlich sind im allgemeinen Aussagen über zum Zeitpunkt der Befragung vorhandene Präferenzen, Vorstellungen, Einstellungen (z.B. Qualitätsurteile, Preisvorstellungen, Urteile über Werbeaussagen).
Bedeutend wird die Unsicherheit der Befragten und damit auch ihrer Antworten, wenn sie über Dinge Auskunft geben sollen, zu deren Beurteilung ihnen die Erfahrung fehlt. Dieser Fall liegt etwa vor, wenn Untersuchungspersonen präzisieren sollen, ob, in welcher Menge oder zu welchem Preis sie ein ihnen vorgestelltes, völlig neuartiges Produkt im nächsten Jahr kaufen werden. Wie die Marktforschungspraxis zeigt, werden die Aussagen umso unzuverlässiger, je weniger das neue Angebot den bisherigen Erfahrungen der Befragten entspricht bzw. je neuartiger es ist. Zur Illustration dieser Problematik werden z.B. Untersuchungen zitiert, die im Zusammenhang mit der Einführung des heute selbstverständlichen schlauchlosen Autoreifens durchgeführt wurden.5
Diese Untersuchungen brachten regelmässig nur unsichere, eher negative Ergebnisse, weil sich die Befragten nicht vorstellen konnten, dass der schlauchlose Reifen die “Luft hält” und die behaupteten Produktvorteile (selteneres “Platzen”, grössere Unfallsicherheit) wirklich aufweist.
Aus diesen Schwierigkeiten sollte nicht geschlossen werden, dass Marktforschung Fragen, die sich auf künftige Tatbestände bzw. auf die Zukunft beziehen, gar nicht stellen sollte. Die Marktforschung hat durchaus Techniken entwickelt, die es erlauben, auch zu derartigen kritischen Themenbereichen für das Marketing interessante Daten zu beschaffen. Die aufgezeigten Grenzen führen jedoch dazu,
• dass Marktforschung zur Kontrolle und Problementdeckung sowie zur Beschreibung (Situationsanalyse) vergleichsweise verlässliche und sichere Daten liefert, da sie an konkreten Erfahrungen der Befragten anknüpfen kann,
• während Marktforschung zur Wirkungs- und Verhaltensprognose, zur Ideengenerierung und -auswahl (dem so genannten Screening) eher nur wenig sichere und häufig stark interpretationsbedürftige Aussagen bereitstellen kann.
Weniger verlässliche Aussagen sind auch dann zu erwarten, wenn die Befragten über Dinge Auskunft geben sollen, die ihnen wenig oder kaum bewusst sind. Dies trifft z.B. zu, wenn durch Befragung die effektiven psychischen Kaufmotive oder auch nur die echten Kaufkriterien und ihre Bedeutung für die Befragten zu ermitteln sind. Konsumenten kennen insbesondere bei weniger rationalen Kaufentscheiden kaum ihre wirklichen Motive oder wollen sie nicht nennen, weil sie als rationale, vernünftig entscheidende Menschen erscheinen möchten. Es besteht СКАЧАТЬ