Dürnsteiner Puppentanz. Bernhard Görg
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Название: Dürnsteiner Puppentanz

Автор: Bernhard Görg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783990013687

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СКАЧАТЬ Dürnstein. Es ist keine drei Minuten her, da ist sie an mir vorbei getrieben. Ich bin nämlich auf einer Bank am Ufer gesessen.«

      »In welcher Entfernung ist das Objekt an Ihnen vorbeigeschwommen?«

      »Vierzig bis fünfzig Meter. Und meine Augen sind immer noch so gut, dass ich keine Brille brauche. Daher weiß ich auch, dass es kein Objekt sondern ein toter Mensch gewesen ist. Dem hat ein ganzes Eck vom Schädel gefehlt.«

      Ihm war spätestens in diesem Moment klar, dass sie der Sache nachgehen mussten. Schnapsdrossel hin oder her.

      »Gut, Frau Machherndl, wir kümmern uns darum. Wo können wir Sie erreichen, falls wir Sie noch brauchen?«

      »In meinem Haus in Oberloiben. Und ich gehe davon aus, dass Sie mich bestimmt noch brauchen werden. Meine Telefonnummer haben Sie ja.«

      Er war sicher, dass Doris die Nummer längst weggeschmissen hatte. War ja schließlich mehr als ein Jahr her, dass sie zum letzten Mal mit Josefa Machherndl gesprochen hatte.

      »Selbstverständlich.«

      Lügnerin, dachte er. Aber toll, wie sie es verstand, gut- Wetter zu machen.

      »Und was werden Sie in dem Fall tun?«

      »Das werde ich gleich mit meinem Stellvertreter, dem Herrn Chefinspektor Malzacher, besprechen, der gerade mir gegenüber sitzt.«

      »Ist das noch immer der unmögliche ältere Herr mit dem dicken Bauch?«

      »Auf Wiederhören, Frau Machherndl. Und nochmals Dank für Ihren Anruf.«

      Die Chefinspektorin legte auf und sah ihn an. Sichtlich quietschvergnügt.

      »Einen sehr tollen Eindruck hast du ja bei ihr nicht hinterlassen. Aber für eine Schnapsdrossel scheint sie noch sehr gute Augen zu haben. Zumindest was dich betrifft.«

      »Blöde Kuh.«

      »Und was hältst du von ihrer Geschichte?«

      Er kratzte sich am Ohr. »Zwar nicht sehr viel, aber zu meinem Leidwesen auch nicht so wenig, dass wir es uns leisten könnten, sie zu ignorieren.«

      »Sehe ich genauso. Sichtbar eingeschlagener Schädel. Wenn das stimmt, dann kann es kein Schwimmer gewesen sein, der sich totgestellt hat. Aber eine Leiche müsste doch eigentlich untergehen.« Sie rieb sich nachdenklich am Kinn. »Egal. Wenn die Machherndl die angebliche Leiche vor ein paar Minuten bei der Anlegestation in Dürnstein gesehen hat, dann kann sie ja noch nicht weit weitergetrieben sein. Also: Du verständigst in Krems die Strompolizei. Die sollen die Donau zwischen Krems und Loiben absuchen. Zur Sicherheit aber bis Dürnstein fahren. Vielleicht ist ja dort etwas ans Ufer gespült worden.«

      Freitag, 16. April 17 Uhr 05

      Der Kapitän hatte auf seinem Steuerstand so lange gewartet, bis der letzte Passagier in Krems von Bord gegangen war. Er zog den Knoten seiner roten Krawatte enger und rückte seine weiße Mütze so zurecht, dass sie auf seinem Kopf ganz leicht, aber erkennbar, schief saß. Nach rechts abfallend. Würde ihm nach Meinung seiner Frau ein besonders schneidiges Aussehen verleihen. Dann verabschiedete er sich von seinem Steuermann mit Handschlag und winkte den auf dem Deck stehenden Mitgliedern der Crew zu.

      Er war froh, nur ein paar Schritte von der Anlegestelle entfernt einen reservierten Parkplatz zu haben. Weil Parken an dieser Stelle ein riesiges Problem war. Viele Passagiere ließen sich deshalb von Verwandten oder Bekannten mit dem Auto abholen. Nachdem die MS Wachau deutliche Verspätung gehabt hatte, würde heute kaum jemand auf seinen Chauffeur warten müssen.

      Zu seiner Überraschung standen noch immer sechzig bis achtzig Leute um die Anlegestelle herum, einige sogar noch auf dem Ponton. Als er das Schiff verließ, wusste er genau, was folgen würde. Kameras und Handys wurden mit ihm als Ziel gezückt und einige Passagiere wollten sich mit ihm gemeinsam fotografieren lassen, wobei sich zwei Damen bei ihm sogar einhängten. Er war diese Prozedur gewohnt und ließ sie geduldig und auch recht gern über sich ergehen. Kundenzufriedenheit war für ihn oberstes Gebot. Allerdings hatte er eine eiserne Regel: Er würde sich nie zu einem Kaffee oder einem Glas Wein einladen lassen. Nicht einmal ins der Anlegestelle gegenüberliegende »Wellenspiel«. Das probierten alleinstehende Damen immer wieder.

      Kaum war er mit der Foto-Prozedur fertig, steuerte ein schlanker, bebrillter Mann auf ihn zu, an den er sich erinnerte. Es war der Passagier, der die Vogelscheuche fotografiert hatte. In der Hand hielt er ein Tablet.

      »Entschuldigung, Herr Kapitän. Ich wollte Ihnen nur das Foto zeigen, das ich gemacht habe. Ich habe es jetzt rüberkopiert.« Er hielt ihm den Bildschirm hin. »Hier in der Vergrößerung, sehen Sie? Ich habe mich geirrt. Es war doch keine Vogelscheuche.«

      Freitag, 16. April 17 Uhr 09

      Was für ein Kaff. Gföhl. Der Ort genauso nichtssagend wie sein Name. Noch gestern um diese Zeit hätte ihn das gar nicht gestört. Weil er zu dieser Zeit noch überzeugt gewesen war, hier seine Abschiedsvorstellung als niederösterreichischer Polizeidirektor zu geben. Die hätte von ihm aus auch in Alt-Nagelberg oder Großmugl stattfinden können. Alles Orte, die er ohnehin kein zweites Mal in seinem Leben sehen würde.

      Heute stand die Eröffnung der neuen Polizeistation auf dem Programm. In Wahrheit nur ein Umbau. Er hatte sich alle Mühe gegeben, aus der Veranstaltung ein großes Fest zu machen. Nicht nur dem Image der Polizei, sondern auch dem Landeshauptmann zuliebe, der schon vor sechs Wochen sein Kommen zugesagt hatte. Ihn würde er ja auch in seiner neuen Funktion gut brauchen.

      Wenigstens war das Wetter hervorragend. Blauer Himmel. Die Frühlingssonne spendete ausreichende Wärme. Kein Wind, allenfalls ein Lüftchen, schwer beladen mit dem aufdringlich süßen Duft des Flieders an der Mauer da drüben. Dazu allerlei Blütenpollen, die ihn in der Nase juckten. Im wahrsten Sinne des Wortes reizend war es hier im Freien. Auf dem Hauptplatz. Eine Festveranstaltung mit allem Drum und Dran. Örtliche Blasmusikkapelle. Glanzpolierter Spritzenwagen der Freiwilligen Feuerwehr. Mit Frühlingsblumen bekränzte Weinkönigin im Dirndl. Die Gföhler Gemeinderäte und sonstigen Honoratioren vollständig angetreten. Und gut hundert Personen als Publikum. Begrüßung durch den Bürgermeister, dessen Nase eine innige Beziehung zu alkoholischen Getränken aller Art verriet. Selbstverständlich mit dem Herrn Landeshauptmann als erstem Adressaten der Grußbotschaft. Dann hatte der Gemeindevorsteher aber als zweiten Ehrengast nicht ihn, sondern die neue Sicherheitssprecherin der Volkspartei begrüßt. Landtagsabgeordnete Katharina Krenn. Sie saß neben ihm, zog die Blicke auf sich und stahl ihm, Wolfgang Marbolt, dem obersten Sicherheitsverantwortlichen des Landes, die Show. Das tat weh. Aber lang nicht so weh wie der Telefonanruf eines guten Freundes gestern Abend.

      Jetzt saß er in der ersten der vor dem Gemeindeamt aufgestellten sechs Reihen und tat so, als würde er den salbungsvollen Worten des Landeshauptmanns aufmerksam lauschen. Die ölige Stimme schien ihm heute den falschen Zungenschlag, den er bei Reden des Landesfürsten immer zu hören glaubte, besonders deutlich zu unterstreichen. Neben sich die Sicherheitssprecherin. Zugegeben attraktiv, aber in Sicherheitsfragen völlig unbeleckt. Eigentlich hatte er erwartet, vor der Besetzung dieser Position vom Landeshauptmann zumindest konsultiert zu werden. Wozu war er denn der oberste Sicherheitsbeamte des Landes? Aber nichts dergleichen. Als ob er Luft wäre.

      Aber der Landeshauptmann und seine Abgeordnete konnten ihm heute so oder so gestohlen bleiben. Seine Gedanken kreisten um ein viel dringenderes Problem. Wie sollte er das Desaster seiner Frau erklären? Warum war er auch so dumm gewesen? Vor drei Wochen hatte er ihr gegenüber geprahlt, СКАЧАТЬ