Person werden. Dorothea Gnau
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СКАЧАТЬ es Christus gemäß ist, dann wird er auch in seinem sittlichen Charakter ihm ähnlich werden, so weit es möglich ist.«76

      Christus tritt hier zwar deutlich ins Zentrum der Verkündigung. Der Ruf in die persönliche Christusnachfolge ist ein zentrales Moment der Verkündigung der Zoi-Bewegung. Christus wird jedoch fast ausschließlich im Kontext der Sünde gesehen: als Erlöser durch seinen einseitig als Sühnopfer verstandenen Kreuzestod und als Vorbild tugendhaften Verhaltens für jeden Christen. Seine Bedeutung wird weitgehend auf die einer ethischen Leitfigur reduziert.77. Aus diesem Christusbild leitet sich die starke Betonung der individuellen Frömmigkeit in der Zoi-Bewegung ebenso ab wie die Vorrangstellung einer individualistischen Ethik.

      b)Umgang mit der Schrift

      Während die persönliche Beschäftigung mit der Heiligen Schrift in der Frömmigkeit der meisten orthodoxen Christen zu Beginn des 20. Jahrhunderts kaum eine Rolle spielt, gewinnt sie in der Zoi-Bewegung eine große Bedeutung. Insbesondere das Neue Testament wird in neuer Form Mittel und Gegenstand der Verkündigung. Auf vielfältige Weise setzt sich die Zoi für die Verbreitung der Schrift in allen Bevölkerungsgruppen ein: durch die von ihr publizierten Schriften, durch die Herausgabe von Bibeln in neugriechischer Übersetzung, durch die Anregung zu persönlicher Schriftlesung durch Wortgottesdienste, vor allem aber durch die Einrichtung von »Bibelkreisen«78, in denen im Rahmen von Hauskreisen ein regelmäßiges Schriftgespräch geführt wird. Die Zoi kennzeichnet dabei ein biblizistisches, unkritisch wortwörtliches Verständnis der Heiligen Schrift. Zudem ist die Schriftlesung ausschließlich auf die praktische Verwertbarkeit des Gelesenen ausgerichtet. Leitende Frage für die Schriftlesung bei den Schriftgesprächen ist: »Was will mir der Herr heute sagen? – Was soll ich tun?« Die Begegnung mit dem Wort Gottes, dessen Autorität als normativer Katalog ethischer Weisungen unhinterfragt bleibt, soll dem sittlichen Fortschritt des Einzelnen dienen. Die Schrift dient als Sammlung primär moralischer Anweisungen für alle Lebenslagen.

      c)Liturgie

      Um die aktive Teilnahme an der Liturgie zu fördern, verbreitet die Zoi-Bewegung zweisprachige Textausgaben der Chrysostomus-Liturgie mit neugriechischer Übersetzung und Erläuterungen.79 Nach westlichem Vorbild versucht man durch Veränderungen in der Liturgie die auf »Unkenntnis« zurückgeführten Missstände und den vermeintlichen oder tatsächlichen Mangel an innerer Teilnahme der Gläubigen am Gottesdienst zu überwinden. Der Inhalt der Liturgie bleibt dabei unangetastet, verändert wird lediglich die Gestaltung. So legt man - entgegen der üblichen Praxis vieler orthodoxer Christen - nun Wert darauf, dass die Gläubigen der Liturgie vom Anfang bis zum Ende beiwohnen. Um dies zu erleichtern, wird sie auf die Dauer von etwa einer Stunde verkürzt. Außerdem wird es üblich, dass sich die Gläubigen während des Gottesdienstes setzen. Epistel und Evangelium werden nicht mehr gesungen, sondern der besseren Verständlichkeit wegen verlesen. Zusätzlich werden von Laien geleitete Wortgottesdienste eingeführt. Größere Bedeutung gewinnt auch die Predigt. Der gesamte Gottesdienst wird darauf ausgerichtet »wachgewordenen Christen Hilfe für ihr Leben, Trost für ihr Leid und Weisung für ihr Denken zu geben.«80 Alle diese Maßnahmen zielen darauf, die einzelnen Gläubigen zu einem vertieften Verständnis der Liturgie zu führen. Im Mittelpunkt steht der individuelle Fortschritt der Einzelnen in der Begegnung mit dem Wort Gottes wie durch den Empfang des Sakraments. Die Veränderungen gegenüber der Tradition im Bereich der Liturgie sind daher vor allem von der Sakramententheologie der Zoi-Bewegung her zu verstehen.

      d)Sakramente

      Die Zoi-Bewegung »rückte die Sakramente der Beichte und des Abendmahls wieder stärker in den Vordergrund. Vor allem das Sakrament der Beichte.«81 Von Anfang an hat der Gründer Eusebios Matthopoulos auf diese beiden Sakramente besonderen Wert gelegt. In der Verkündigung wird zum häufigen Empfang der Eucharistie und des Bußsakramentes aufgefordert. Besonders in der Jugendarbeit wird viel Wert auf die Beichterziehung gelegt, in der wiederum Fragen der Sexualmoral den breitesten Raum einnehmen.

      Entscheidend für das Sakramentsverständnis der Zoi-Bewegung und ein Unterschied zur orthodoxen Tradition besteht darin, dass beide Sakramente in enge Verbindung miteinander gebracht werden. Der Empfang des Bußsakramentes gilt als Voraussetzung für den Empfang der Eucharistie. Dabei werden beide Sakramente, so lautet der Vorwurf von Christos Yannaras, einseitig unter individualistischem Blickwinkel als Mittel auf dem Weg zur sittlichen Vervollkommnung des Einzelnen gesehen. Das gleiche Denken lässt sich auch am Verständnis der anderen Sakramente zeigen.82 Obwohl das dogmatische Verständnis der Sakramente gegenüber der patristischen Tradition nicht verändert wird, tritt ihr ekklesiologischer und soteriologischer Gehalt komplett in den Hintergrund.

      e)Theologie

      Das Verhältnis der Zoi-Bewegung zur wissenschaftlichen Theologie ist zwiespältig. Der Kern der Bewegung ist zunächst eine Theologen-Bruderschaft. Ein abgeschlossenes theologisches Hochschulstudium ist Voraussetzung für die Aufnahme in die Bruderschaft. Aufgrund dieser Tatsache könnte man vermuten, dass die Bewegung ein differenziertes theologisches System für ihr Evangelisierungsprogramm entwickelt oder dass sie als geistliche Bewegung von Theologen auch Akzente in der wissenschaftlichen Theologie setzt. Tatsächlich spielt die Theologie in der Zoi-Bewegung jedoch nur eine sehr untergeordnete Rolle. Abgesehen von Theologen wie Panagiotis Trembelas und Panagiotis Bratsiotis, die als Ausnahmen gelten können, treten kaum Zoi-Mitglieder als universitäre Theologen in Erscheinung. Die wissenschaftliche Theologie erfährt generell in der Bewegung nur eine sehr geringe Wertschätzung. Yannaras wirft ihr sogar »image« (Gnosiomachia - »Wissenschaftsfeindlichkeit«) vor.83 »Die Frage des Wissens ist nebensächlich. Von der ganzen Last des theologischen Wissens der Universität ist für uns nur ein Bruchteil von Bedeutung«, heißt es in einem Protokoll der Zoi-Bruderschaft aus dem Jahr 1930.84 Charakteristisch für die Zoi-Bewegung sind denn auch weniger inhaltliche theologische Standpunkte, sondern eher ihr Verhältnis zur und ihr Umgang mit der Theologie. Maczewski beschreibt die Missstände der akademischen Theologie Griechenlands in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die Theologiefeindlichkeit des Mönchtums. Er kommt dabei zu dem Schluss:

      »Durch die Zoi wurde die Theologie aus dieser theoretisierenden Existenz herausgeholt und mitten ins neugriechische Leben hineingestellt. Jetzt hatte sie die Exegese für die Predigt, eine Apologie der orthodoxen Lehre gegenüber den nach Griechenland einströmenden heterodoxen Konfessionen, jetzt hatte sie die Ausarbeitung eines Lehrsystems für die Sonntagsschule bereitzustellen. Sie hatte Richtlinien zu schaffen für die Bibelkreisarbeit und den theologischen Rahmen für die Interpretation der Sakramente und der Liturgie zu setzen. Schließlich kam ihr die Erarbeitung einer ausführlichen Ethik zu, die in der Zoi-Bewegung einen zentralen Rang erhielt. … Nicht mehr Philologie und Philosophie, Historie und Dogmatik, sondern Exegese und Homiletik, Methodik und Pädagogik, Ethik und Liturgik wurden ihr [der Theologie] abverlangt«85

      Unter diesen drei Aspekten ändert sich also in der Zoi-Bewegung die Rolle der Theologie gegenüber der Tradition: Ihre Isolierung vom Leben der Gläubigen soll überwunden werden, sie steht in einer Dienstfunktion für die Verkündigung, und sie wird auf die praktische Theologie beschränkt.86 Gegenüber dogmatischen Themen legt die Zoi-Bewegung in ihren Veröffentlichungen und Aktivitäten eine sehr große Zurückhaltung an den Tag. Man hält an den traditionellen Formulierungen fest, auch wenn deren Inhalt durch die einseitige Betonung einer individualistischen Ethik erhebliche Engführungen erleidet.

      Geradezu paradox mutet es an, dass es in den 60er Jahren gerade die Zoi-Bewegung war, die durch ihre rege Publikationstätigkeit die Schriften der russischen Diaspora-Theologen wie Lossky, Florovsky, Schmemann, Meyendorff u.a. in Griechenland bekannt machte. Sie trug damit selbst maßgeblich zur Verbreitung СКАЧАТЬ