Toter Dekan - guter Dekan. Georg Langenhorst
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Название: Toter Dekan - guter Dekan

Автор: Georg Langenhorst

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783429062842

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СКАЧАТЬ hinter unserem Kollegen, das ist doch klar!“, beteuerte Kösters mit fester Stimme, um dann jedoch nachdenklich nachzuschieben: „Zumindest nach außen … Ob alle Kollegen im Inneren so denken, das weiß ich natürlich nicht. Und ob sie im Konfliktfall bei ihren Willensbekundungen bleiben würden, weiß ich auch nicht. Bei einigen habe ich so meine Zweifel.“

      „Das heißt aber doch, dass dann die ganze berufliche Karriere Ihres Kollegen ruiniert wäre, oder?“, fragte Kellert nach, der hier natürlich sofort ein mögliches Tatmotiv witterte. „Ruiniert wäre Mühlsiepe nicht direkt, wenn es so weit käme“, gab der Prodekan zu bedenken. „Wir sind ja Beamte, entlassen kann man uns also nicht so einfach. Die Universität müsste im Extremfall einen Ersatzposten für ihn bereitstellen. So etwas gibt es an einigen anderen Universitäten schon: Ersatzstellen im Bereich Religionswissenschaft oder Ethik oder was immer sich im Einzelfall anbietet. Das macht natürlich keine Universität gern, aber dazu sind sie nun einmal verpflichtet. Für die wissenschaftliche Karriere von Mühlsiepe wäre es aber natürlich das Aus. Wer liest dann schon noch seine Bücher, wer publiziert Aufsätze, wer lädt zu Vorträgen ein?“

      „Aber kann einem das nicht sogar noch mehr Aufmerksamkeit bringen?“, überlegte Kellert. „Nur kurzfristig“, gab Kösters zurück. „Es gibt zwar einige Stars der Szene, Küng und Drewermann zum Beispiel, deren öffentliche Bekanntheit durch den Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis sicherlich eher noch gesteigert wurde, aber im Normalfall versinkt man nach kurzer Zeit in der Anonymität.“

      „Ganz schön heftig!“, meinte Kellert nach einigem Überlegen, massierte sich die rechte Schläfe, fügte dann aber hinzu: „Und wie steht es denn nun mit dieser, äh Denunziation, also mit diesem Verfahren?“

      Kösters kratzte sich am Hinterkopf und runzelte die Stirn: „Das weiß man nicht so genau. Wissen Sie, in der Kirche läuft so etwas eher hinter den Kulissen. Da gibt es keine klaren öffentlichen Prozesse mit Anklage, Verteidiger und Richter. Soweit wir informiert sind, verhält sich unser Bischof zögerlich. Der ist kein Scharfmacher oder Polarisierer, eher ein ausgewogener und nachdenklicher Mensch. Entweder teilt er die Einschätzung des Dekans nicht, oder er will den Fall nicht hochkochen lassen. Unsere Fakultät hat ja auch einen guten Ruf zu verlieren. Doch, doch, wir gehören in Deutschland zu den führenden Fakultäten! Katholische Theologie aus Friedensberg, die kennt man in den USA und in Lateinamerika. Und das setzt man nicht so leicht aufs Spiel. Gerstmaier war jedenfalls nicht begeistert. Beim letzten Konflikt im Professorium – vorletzte Woche war das – hat er gedroht: ‚Dann wende ich mich eben direkt an Rom!‘“

      „Und, kann er das denn?“ „Sicherlich kann er das! Er hat seine Kontakte, seine Netzwerke und Verbindungen. Mit welchen Aussichten – keine Ahnung … Aber welche Mittel einem Dekan ganz legal zur Verfügung stehen, dazu könnte ich Ihnen vieles sagen. So hat Gerstmaier dem Kollegen Mühlsiepe zum Beispiel letztes Jahr ein Forschungsfreisemester verweigert.“

      Kellert blickte auf, drehte an seinem Kugelschreiber herum und unterbrach: „Ein was?“ „Ein Forschungsfreisemester!“, erwiderte Kösters. „Das muss ich Ihnen natürlich erklären! Bitte entschuldigen Sie! Es gibt so viele Begriffe, die für uns hier in der Uni so selbstverständlich sind. Kritiker sagen ja, die Universitäten sind wie Elfenbeintürme, ganz eigene geschützte Welten. Mit einer eigenen Sprache und mit Regeln und Gesetzen, die nur hier gelten.“

      ‚Von wegen, eigene Gesetze. Mord bleibt Mord!‘, dachte Kellert, unterbrach den Prodekan aber nicht, der fortfuhr: „Also das ist so: Jeder Professor hat die Möglichkeit, sich alle vier bis fünf Jahre für ein Semester von der Lehrverpflichtung freistellen zu lassen. Er muss also weder Vorlesungen noch Seminare halten.“ „Nett, warum gibt es so etwas bei uns nicht“, entfuhr es Kellert.

      „Ja, das ist schon ein Privileg von uns Professoren, da haben Sie Recht“, räumte Kösters ein. „Andererseits sind wir an den Universitäten ja für zwei Bereiche zuständig: Lehre und Forschung. Und zu echter Forschung kommt man im laufenden Betrieb kaum. In dem Freisemester soll Raum für diese Forschung sein. Für Prüfungen und Verwaltungsaufgaben müssen wir aber auch da weiterhin zur Verfügung stehen, und allein das frisst enorm viel Zeit.“

      „Und wie war das nun mit Gerstmaier und Mühlsiepe?“, wollte der Kommissar wissen. „Nun, Mühlsiepe war eigentlich mal wieder an der Reihe. Wir wechseln in regelmäßiger Abfolge durch, so dass jeder genau weiß, wann er an derReihe ist. So gibt es keinen Streit und keine Bevorzugung.“ „Ist doch fair, oder?“, fragte Kellert dazwischen.

      „Genau!“, stimmte Kösters zu. „Deshalb haben wir diese Regelung ja auch so getroffen. Aber in diesem Fall hat Gerstmaier anders entschieden. Es ist so: Jeder von uns muss ein konkretes Forschungsprojekt benennen und skizzieren, das er in dieser Zeit bearbeiten will. Und der Dekan muss beurteilen, ob das valide ist oder nicht. Normalerweise ist dieser Vorgang nur ein formaler Akt. Man stimmt dem halt zu, egal, was man davon hält. Wir kennen uns ja auch nicht genau im Fachgebiet der anderen aus, können das also kaum kompetent bewerten. Und ob nun jemand die Freiheit zur Forschung nutzt oder das als ‚Semester frei von Forschung“ definiert, das steht letztlich im Belieben des Einzelnen.“

      „Aber?“ „Ja, dieses Mal hat Gerstmaier die Zustimmung verweigert“, meinte Kösters, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und rückte seine Brille zurecht. „Und wie hat er das begründet?“ „Offiziell gar nicht!“, erwiderte der Professor. „Das muss er aber auch nicht. Inoffiziell hat er etwas verlauten lassen wie ‚Theologie der 80er Jahre. Das ist keine Forschung. Alles schon geschrieben. Wiederholungen brauchen wir nicht.‘ In diesem Sinne!“

      Kellert grübelte nach und beugte sich vor: „Und Ihr Kollege Mühlsiepe? Wie hat er das alles hingenommen?“ Kösters stand auf und ging in seinem Zimmer auf und ab: „Mühlsiepe? Der war natürlich aufgebracht. Total sauer. Aber auch tief getroffen. Ich glaube, die Sache schlägt ihm ganz schön auf die Gesundheit. Aber bitte, das müssen Sie ihn wirklich selber fragen. Überhaupt, ich glaube, ich habe schon viel zu viel erzählt.“

      „Nein, das denke ich nicht“, beruhigte ihn der Kommissar. „Denken Sie daran: Hier geht es nicht um die Aufklärung von Querelen und Intrigen unter Kollegen, sondern um Mord. Ich danke Ihnen für Ihre Mitarbeit!“ Mit diesen Worten stand er auf und verabschiedete sich von seinem Gesprächspartner: „Auf Wiedersehen. Und mit Ihrem Kollegen werde ich sprechen, keine Sorge. Bitte sagen Sie ihm aber vorläufig noch nichts von unserem Gespräch, ich würde gern seine unmittelbare und eigene Version hören.“

      „Ach Herr Kommissar“, rief ihm Kösters nach, „noch eine Frage!“ Kellert blieb in der Tür stehen. Der Prodekan kam näher und sprach mit verhaltener Stimme: „Ist die Leiche von Gerstmaier eigentlich schon zur Bestattung freigegeben? Wir müssen uns dann ja um die Beerdigung kümmern, wissen Sie. Das wird sicherlich ein ziemlich großes Ereignis.“

      Kellert schaute ihn fragend an. „Ach so? Nun, ich fürchte, Sie werden sich da noch ein wenig gedulden müssen. Ich habe heute Morgen die Information erhalten, dass er einen Organspende-Ausweis bei sich gehabt hat. Und das entsprechende Prozedere zieht sich noch ein wenig hin.“ „Wie, Gerstmaier hatte einen Organspende-Ausweis!?“ Kösters schaute wirklich überrascht. „Das sieht ihm aber gar nicht ähnlich. Nein, das hätte ich bei ihm nicht erwartet … Sagen Sie mir dann Bescheid, wenn er bestattet werden kann?“ „Das kann ich Ihnen gern zusagen.“

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