Der spirituelle Weg. Bertram Dickerhof
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Название: Der spirituelle Weg

Автор: Bertram Dickerhof

Издательство: Bookwire

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783429062682

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СКАЧАТЬ Freude und Liebe erfüllt ist. In diesem Zustrom neuen Lebens erahnt sie ihren wahren Grund, einen Grund, der grundlos ist, und gewinnt Klarheit darüber, was zu tun ihr nun aufgegeben ist.

      Dies auch tatsächlich zu tun, ob es um ein Handeln, eine Entscheidung oder ein Unterlassen geht, ist neben dem Innehalten und Verweilen das zweite wesentliche Moment des spirituellen Weges. Die Person macht sich dadurch nämlich das neue Leben zu eigen, das ihr in der Tiefe mitgeteilt wurde, und inkarniert zugleich die erfahrene Liebe und Versöhnung in die Geschichte. Wo aus diesem Geist heraus gehandelt und gelebt wird, gedeihen Friede, Freiheit und Gerechtigkeit auf Erden.

      Solches Schreiten wird vermittelt und eingeübt im Ashram Jesu, einer Christlichen Lebensschule, die selbst eine Frucht eines solchen Schreitens ist. Der Weg, der daraus entsteht, öffnet denjenigen, der auf ihm pilgert, und stiftet Gemeinschaft. Und der Pilger braucht Gemeinschaft und Dialog. Denn er lebt in Kontrast zu jedem gesellschaftlichen Mainstream, der sich als Brot- und-Spiele-Betrieb organisiert. Heute muss das Brot meist unter Druck und unter der Herrschaft von Maschinen erworben werden, so dass der Mensch sich selbst dabei verliert. Um diesen Verlust nicht zu spüren, lenkt er sich mit den Möglichkeiten der Konsumgesellschaft ab und kommt sich so noch mehr abhanden. Kreativität und Bescheidenheit, Halt und Flexibilität sind damit bedroht. Die Zukunft einer solchen Gesellschaft macht Sorgen.

      Ohne die Ermutigung, Hilfe und Kritik vieler Menschen, von Freunden und Feinden, aus meinem Orden und aus der Gesellschaft für Gruppenpsychotherapie und Gruppendynamik hätte auch ich den Weg nicht finden können. Gleichfalls wäre dieses Buch ohne die Gäste des Ashram Jesu mit ihren Lebenserfahrungen, Fragen und Anregungen nicht entstanden. Ihnen allen sei von Herzen Dank gesagt. Eine besondere Erwähnung verdienen diejenigen, die mir bei der Abfassung des Buches geholfen haben, besonders Sr. Petra Maria Hothum.

      Ich hoffe und wünsche, dass dieses Buch alle Leserinnen und Leser inspiriert, den ernsthaft Suchenden Orientierung gibt und zur Verständigung zwischen den Religionen und damit zum Frieden auf Erden beiträgt. In einer aus ihren Fugen geratenen Welt wird es immer dringlicher, die Wirklichkeit und sich selbst in einem Grund verankert zu erfahren, der tiefer als alles liegt, um das Leben bewältigen zu können.

      Ashram Jesu, am 23. Oktober 2015

       Bertram Dickerhof

      Ich sah, wie unter der Tempelschwelle Wasser hervorströmte und nach Osten floss … Dieses Wasser fließt in das Meer, in das Meer mit dem salzigen Wasser. So wird das salzige Wasser gesund. Wohin der Fluss gelangt, da werden alle Lebewesen, alles, was sich regt, leben können und sehr viele Fische wird es geben. Wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben.

      An beiden Ufern des Flusses wachsen alle Arten von Obstbäumen. Ihr Laub wird nicht welken und sie werden nie ohne Frucht sein. Jeden Monat tragen sie frische Früchte; denn das Wasser des Flusses kommt aus dem Heiligtum.

      Aus Ezechiel 47

       Die zweite Bekehrung

      Tertiat – das ist die dritte Probezeit im Jesuitenorden.1 Tertiat macht der Jesuit, der nun schon einige Jahre berufstätig ist, um seine letzten Gelübde ablegen zu können.

      Ich erhoffte mir zunächst nicht viel von diesem Tertiat, absolvierte es in den USA, um nebenher zu erfahren, wie sie dort das sterbende Ordensleben und die sterbende katholische Kirche organisieren. Das entsprach meiner damaligen Situation durchaus: Beruflich in der Fortbildung von Ordensleuten engagiert, war ich mit dem Problem der Überalterung der Orden konfrontiert. Aber ich fühlte auch mein eigenes (geistliches) Leben stagnieren – trotz aller Mühe, die ich mir gab. Ich wollte Jesus nachfolgen, hatte eine Ahnung, was das bedeutet, und war doch nicht in der Lage, das Kreuz in meinem Leben anzunehmen. Heftige Teamkonflikte zwangen mich zum Ausscheiden, obwohl ich die Arbeit liebte. Ich pflegte die geistlichen Übungen meines Ordens (Schriftbetrachtung, Heilige Messe, Jahresexerzitien, aktives Mitleben in der Kommunität, deren Oberer ich überdies war) und praktizierte Meditation, meist in Form des Jesusgebets. Gleichwohl waren meine Lebensprobleme nicht gelöst: Meine Einsamkeit. Der Kampf mit dem Zölibat. Mein Verlangen nach nahen Beziehungen … . Vieles hatte ich unternommen, um besser damit zurechtzukommen. Würde ich mit diesem Stand bis zu meinem Lebensende auskommen müssen?

      Und nun hatte ich mein Tertiat angetreten. Ich hatte keine Ahnung, dass es zu einer wesentlichen Zäsur in meinem Leben werden sollte. Es schenkte mir eine „zweite“ Bekehrung. Neben der Arbeit an der eigenen Biografie und den Geistlichen Übungen der dreißig Tage2 enthält diese geistliche Sabbatzeit auch ein sogenanntes Experiment, einen praktischen Einsatz, um mit der inneren Erneuerung in der Alltagspraxis zu experimentieren. Bei der Wahl des Experiments wurde mir, der ich zunächst einen Einsatz in den USA im Sinn hatte, allmählich ganz und unbezweifelbar klar, dass ich nach Indien gehen sollte, nach Kolkata, um dort den „armen und demütigen Jesus“ zu suchen und zu finden. Dort arbeitete ich zunächst in Mutter Teresas Sterbehaus für die Ärmsten mit. Aber ich fand ihn nicht, den ich suchte. Sollte ich vielleicht aufs Land gehen, um mich stärker auszusetzen? Um diese Frage zu entscheiden, verbrachte ich die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr südlich von Kolkata im Ashram eines Jesuiten. Dort geschah etwas mit mir, was mir Hoffnung gab: Von meinem Herzen schien etwas wie eine eiserne Klammer abzufallen, die es eingeengt hatte. Ich empfand Trost. Sollte ich auf die Spur zu der Erfüllung gestoßen sein, die ich ersehnte? Also entschied ich, länger an diesem Ort zu bleiben, an dem es „nichts“ gab: kein bequemes Bett, keinen Strom und damit kein Radio und kein Fernsehen, weder Internet noch Licht – es wurde morgens gegen sieben Uhr hell und nachmittags gegen sechs Uhr dunkel –, natürlich weder Zeitung noch Zeitschriften – allerdings eine kleine Bibliothek und ringsherum nur ärmlichste Fischerdörfchen: Shopping unmöglich.

      Statt „mehr von Trost und guten Gefühlen“ erlebte ich in den folgenden acht Wochen jedoch geradezu das Gegenteil: Langeweile, Trockenheit und Leere, Unruhe und viel Ablenkung in Gebet und Meditation – und ich betete und meditierte viel, auch nachts, da ich es vor Rückenschmerzen auf der harten Pritsche nicht lange aushalten konnte. Meiner Unerfülltheit konnte ich allerdings nicht ausweichen. Sie war mein Begleiter bei allem, was ich tat. Und doch muss sich dabei im Hintergrund, von mir unbemerkt, etwas verändert haben. Denn eines Tages gingen mir die Augen auf und ich „sah“, dass ich in der Einheit mit allem und mit Gott lebte. Dass alles von Gott erfüllt war. Einfach so. Die natürlichste Sache der Welt, die weitergeht, wie sie immer weitergeht, weil sie nie anders war als von Gott erfüllt. Eine Tatsache, die vollkommen nüchtern lässt. Ein Faktum jenseits aller Gefühle. Nur war ich bisher blind dafür gewesen.

      Und nun saß ich am Howgli, einem Mündungsarm des Ganges zwischen Kolkata und Diamond Harbour, und dachte darüber nach, wie ich nach diesen Erfahrungen meines Ashram-Aufenthaltes in Zukunft beten und leben könne. Wie betet man zu einem Gott, der einen umgibt und durchdringt wie die Luft? „In dem wir leben uns bewegen und sind, ja, von dessen Art wir sind“? (Apg 17,28). Wohin das Herz erheben, wenn Gott alles erfüllt? Was ihm sagen, was er nicht wüsste, der ich vor ihm bin wie ein offenes Buch?

      Ich hatte in den zwei Monaten im Ashram intensiv Meditation geübt, dabei meine Atmung kontrolliert, um den Atem zu verlangsamen und doppelt so lange aus- wie einzuatmen, mich auf ein Chakra und ein Mantra konzentriert, das mein Mitbruder mir gegeben hatte. Das erschien mir nun so unbedeutend und künstlich, wie einen Eimer Wasser in den Howgli zu schütten, der hier, nicht weit vor seiner Mündung, bereits mehrere Kilometer breit war und das unendliche Meer erahnen ließ. Ozeanriesen schipperten auf ihm nordwärts nach Kolkata. Die Wellen plätscherten müde ans Ufer. Die Fischer rollten ihre Netze ein mit magerem Fang. Wozu diese Plackerei?, dachte ich. Wozu ‚gut‘ meditieren? Wozu perfekte Meditationstechnik? Wozu Konzentration auf ein Chakra oder ein Mantra? Ausgefeilte Meditationstechnik: das hat etwas von Überheblichkeit! Als könne man durch Perfektion Erleuchtung herstellen, quasi СКАЧАТЬ