Название: Rückkehr zu Gott
Автор: Jörg Gabriel
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Studien zur systematischen und spirituellen Theologie
isbn: 9783429060831
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„Konventikelbildung, unbefugte Predigt und Ungehorsam gegen die bischöflichen Anordnungen erklärt er natürlich für unerlaubt; aber damit ist für ihn die Sache nicht erledigt. Er forscht nach dem Glauben der Sektierer, nach ihrem religiösen Verhalten, ehe er eine Entscheidung darüber treffen will, ob sie Ketzer sind. In dem Brief an den Metzer Bischof hat er das programmatisch begründet: die Kirche hat gewiss die Pflicht, die Füchse zu fangen, die den Weinberg des Herrn zerstören, das heißt die Ketzer zu vernichten. Aber sie darf nicht um dieser Aufgabe willen die wahre und schlichte Frömmigkeit gefährden, das religiöse Empfinden des einfachen Gläubigen lähmen und verwirren. Sie muss sich hüten, die religiöse Einfalt der Ketzerei in die Arme zu treiben. Innozenz hatte also, wie diese Worte zeigen, seit dem Beginn seines Pontifikats die Gefahr erkannt, dass durch die starre Haltung der bisherigen Politik die ganze religiöse Bewegung zur Ketzerei werden musste. Er wollte dieser Gefahr begegnen durch eine besonnene und energische Scheidung zwischen Ketzerei und kirchentreuer religiöser Bewegung.“332
Dass die Kirche auch neue Wege in der direkten „Ketzerbekämpfung“ eingegangen war, zeigt ein Ereignis, das 1207 in Pamiers, in Südfrankreich, geschah: Dort fand nämlich eine Disputation zwischen Katholiken und Ketzern statt. Die Kirche war also inzwischen dazu übergegangen, auf friedlichem Wege die „Ketzerei“ zu bekämpfen.
III. Die Dominikaner
Einer der Initiatoren dieser Disputation war der spanische Bischof Diego von Osma (+ 1207), der auf einer Reise durch Südfrankreich (1203/04 und 1205/06) die katharische Ketzerei kennenlernte und daraufhin unermüdlich versuchte, nicht mit Gewalt sondern mit Argumenten die Ketzer vom katholischen Glauben zu überzeugen und wieder für die Kirche zu gewinnen. Diegos Begleiter und Vertrauter war der Kanoniker Dominikus Guzmán (1173/74 – 1221). Dieser gründete Jahre später den „Predigerorden“ (Dominikaner). 1234 wird Dominikus heiliggesprochen.
Dominikus Guzmán333 wurde zwischen 1173 und 1175 im kastilischen Dorf Caleruega (Spanien) geboren. Nach dem Studium der sog. „Freien Künste“ und der Theologie, trat er in das Domkapitel zu Osma ein und wurde Priester. Die Hauptaufgabe dort war die Pflege der Liturgie und die Kontemplation. Im Januar 1201 wurde Dominikus Subprior des Domkapitels. Zur Wende in seinem beschaulichen Leben kam es infolge zweier Reisen (1203/04 und 1205/06), die ihn zusammen mit Bischof Diego nach Deutschland und Skandinavien führten, um im Auftrag König Alfons´ VIII. von Spanien für den Prinzen Ferdinand um die Hand einer adeligen Dame zu werben. Während dieser Reisen lernte Dominikus in Südfrankreich die Häresie der Katharer und Waldenser sowie in Norddeutschland das heidnische Nomadenvolk der Kumanen334 kennen, die als Hilfstruppen dem böhmischen König dienten und in Thüringen schreckliche Frevel verübt hatten.335 Dominikus und Diego wollten zunächst vom Papst die Erlaubnis erhalten, den Kumanen zu predigen. Dieser erteilte ihnen jedoch 1206 den Auftrag, sich der Waldenser- und Katharermission in Südfrankreich anzunehmen. Im Auftrag des Papstes setzte sie der Bischof von Toulouse ganz offiziell als Diözesanprediger ein. In Südfrankreich angekommen, begegneten ihnen in der Nähe von Montpellier drei Zisterzienser, die völlig resigniert von ihren Bekehrungsversuchen berichteten und aufgeben wollten. Diego und Dominikus brachten jedoch eine neue Taktik für diese Mission mit:
„Apostolische Wanderpredigt zu treiben wie die Ketzer selbst, ohne den Prunk und die Machtzeichen der hierarchischen Kirche einherzuziehen, zu leben wie die Ketzer, aber zu lehren wie die Kirche.“336
Es ist nicht auszuschließen, dass Diego und Dominikus in der Frage, wie diese Irrlehren am wirksamsten bekämpft werden könnten, vom Papst die entsprechenden Anweisungen bekommen haben.337 Denn als Innozenz 1204 die Zisterzienser Arnald von Cîteaux, Petrus de Castro Novo und Radulfus, beide von Fontfroid, die zwei Jahre später völlig frustriert auf Diego und Dominikus trafen, mit der Mission gegen die Katharer beauftragt hatte, hatte er sie am Ende seines Schreibens ermahnt,
„durch ein offen sichtbares bescheidenes Auftreten alle törichten Einwände zu entkräften und in Worten und Taten alles zu vermeiden, was selbst einem Ketzer Grund zu Vorwürfen geben könnte.“338
Leider hielten sich die zisterziensischen Legaten nicht an die Ratschläge des Papstes. Diego und Dominikus dagegen beherzigten diese päpstlichen Anweisungen, als sie 1206 in Montpellier eintrafen. Dem Legaten Raoul von Fontfroid hatte der Papst in einem Schreiben vom 17. November 1206 ausdrücklich die neue Methode aufgetragen,
„geeignete Leute … zu schicken, die in Nachfolge des armen Lebens Christi in schlichter Kleidung unter die Ketzer gehen und sie durch Beispiel und Rede zurückgewinnen sollen.“339
Bischof Diego vertrat nun in Montpellier die Strategie des Papstes:
„Seht die Häretiker, wie sie unter Vortäuschung, fromm, evangelisch arm und diszipliniert zu sein, die Einfältigen überzeugen können. Wenn ihr ihnen aber das Gegenteil davon zeigt, werdet ihr wenig aufbauen, viel zerstören und nichts erreichen. Schlagt sie mit ihren eigenen Waffen, vertreibt ihre vorgetäuschte Heiligkeit durch ein echtes religiöses Leben.“340
Da Bischof Diego nach Spanien zurückkehren musste und dort starb (1207), übernahm Dominikus die Verantwortung für die Mission. Er fand immer mehr gleichgesinnte Gefährten, die ihm helfen wollten. So nahm im Laufe von fast zehn Jahren das Predigtwerk des Dominikus immer festere Strukturen an. Deshalb baten Dominikus und Bischof Fulko von Toulouse auf dem Laterankonzil von 1215, die neue Gemeinschaft als Orden anzuerkennen. Jordan von Sachsen (+ 1237), Nachfolger des hl. Dominikus in der Ordensleitung, schreibt in seinen Buch über die „Anfänge“ des Ordens:
„Bruder Dominikus schloss sich diesem Bischof (Fulko) an und gemeinsam gingen sie zum Konzil. Dort baten sie beide den Herrn Innozenz, dass er den Orden des Dominikus und seiner Gefährten bestätigte. Der Orden solle ‚Predigerorden‘ genannt werden und auch ein solcher sein. Ebenso sollten den Brüdern ihre Einkünfte, die sie vom Grafen (Montfort von Toulouse) und vom Bischof bekommen hatten, bestätigt werden. Nachdem sich der Bischof von Rom ihr Ansuchen angehört hatte, forderte er Bruder Dominikus auf, zu seinen Mitbrüdern zurückzukehren, um sich mit ihnen zu beraten und nach reiflicher Überlegung gemeinsam eine bereits approbierte Ordensregel auszuwählen. Wenn dies geschehen sei, solle er zum Papst zurückkehren, damit dieser alles bestätige.“341
Unter Papst Honorius III. (1216 – 1227) wurde der neue Orden – der sich für die Regel des hl. Augustinus entschieden hatte – durch die Bullen von 1216 und 1217 bestätigt. Das erste Generalkapitel des Ordens erarbeitete 1220 in Bologna die Konstitutionen des Ordens, die erst 1259 abgeschlossen wurden.342 Dominikus starb 1221 in Bologna.
IV. Versöhnung mit Teilen der Waldenser – die „Katholischen Armen“
Während die neue Form der „Ketzerbekämpfung“ bei den Katharern bzw. Albigensern (benannt nach der südfranzösischen Stadt Albi) wenig erfolgreich war, griff sie bei waldensischen Gruppen. In Pamiers gelang 1207 in Gegenwart der Bischöfe von Toulouse und Conserans und einiger Äbte der Durchbruch, und eine waldensische Gruppe unter der Führung des Spaniers Durandus von Huesca kehrte zur Kirche zurück.343
Ein Jahr später, 1208, wurde die Rückkehr der Gruppe des Durandus in Rom formell vollzogen. Nach einer eingehenden Glaubensprüfung erhielt die Gruppe, die sich fortan die „Katholischen Armen“ nannte, eine offizielle Bestätigung und Anerkennung. Die „Katholischen Armen“ waren kein religiöser Orden im eigentlichen Sinne, sondern ihre vom Papst genehmigte Regel ist „vielmehr ein erster Versuch, eine Organisationsform zu schaffen für einen Verband kirchlich СКАЧАТЬ