Название: Der Schoppenfetzer und das Maulaff-Mysterium
Автор: Günter Huth
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783429064174
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Der Mann, dem Engelchen, wie er seine Sekretärin gern nannte, die Tür aufhielt, war für einen Italiener recht groß. Mehr als eins achtzig, schätzte Filißter. Er war schlank, trug einen hochwertigen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd und eine dunkelrote Seidenkrawatte. Seine schwarzen Schuhe waren auf Hochglanz poliert – vermutlich italienische Designerschuhe. Das schwarze Haar trug er dicht an den Kopf gegelt, sein Teint war gebräunt. Unter buschigen dunklen Augenbrauen musterten zwei dunkle Augen den Immobilienmakler. Diese Eindrücke hatte sich Filißter mit einem schnellen Blick verschafft. Es gehörte zu seinem Geschäft, Menschen blitzschnell einzuschätzen. Im Immobiliengeschäft, wo sich nicht wenige Scharlatane tummelten, war das die Basis des Erfolgs.
Filißter erhob sich und streckte dem Besucher die fleischige Hand entgegen. „Grüß Gott, Herr Lupo, was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches?“
Sie schüttelten sich kurz die Hände und Filißter wies auf den Besucherstuhl auf der anderen Seite des Schreibtisches. Der Mann nahm entspannt Platz.
„Herr Filißter, ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen.“ Dabei zog ein angedeutetes Lächeln über seine Gesichtszüge.
Der Immobilienmakler hob verwundert die Augenbrauen. Bis jetzt war ihm nicht bewusst, dass er Hilfe benötigte. Dann kam der Besucher sofort zur Sache. Schon nach wenigen Sätzen überzog Filißters Gesicht eine fahle Blässe und er riss ungläubig die Augen auf. Als er etwas entgegnen wollte, hob der Mann herrisch die Hand.
„Sie haben verstanden, was ich gesagt habe. Ich empfehle Ihnen eindringlich zu kooperieren. Sie sollten die Ernsthaftigkeit dieses Angebots keinesfalls in Frage stellen. Die Konsequenzen müssten Sie tragen.“ Er erhob sich langsam. Dabei beugte er sich leicht nach vorn und der Immobilienmakler konnte unterhalb seiner linken Achsel eine Ausbeulung erkennen, über deren Ursache er nicht rätseln musste. Filißter war regelmäßiger Konsument einschlägiger Fernsehkrimis.
„Ich werde Sie in zwei Stunden anrufen, dann erwarte ich eine positive Antwort. Ihre Mobilnummer habe ich ja.“ Er hob eine Visitenkarte Filißters in die Höhe, von denen an mehreren Stellen im Büro kleine Stapel herumlagen. Vor der Tür blieb er noch einmal kurz stehen und sah über die Schulter. „Habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie eine sehr nette Frau haben?“ Ohne ein weiteres Wort verließ er Filißters Büro.
Fili saß wie versteinert in seinem Bürosessel und starrte auf den leeren Besucherstuhl. Hatte er das gerade nur geträumt? Er sog die Luft ein und roch den Hauch eines herben Rasierwassers, den sein Besucher hinterlassen hatte. Kein Traum, brutale Realität! Hastig griff er zum Telefonhörer und wählte seine Privatnummer. Nach dem zweiten Läuten ging seine Frau an den Apparat.
„Hallo Filischatz“, begann sie sofort zu sprechen, „du, es ist gerade ungünstig. Es stellt sich gerade Herr Rossatello, der neue Nachbar, vor, dem du das Haus gegenüber verkauft hast. Ein sehr netter Mann. Du hast mir gar nicht davon erzählt. Gibt es etwas Wichtiges?“
Fili Filißter wurde plötzlich ganz schlecht. Es war richtig, dass das Anwesen schräg gegenüber seinem Wohnhaus zum Verkauf stand. Es stimmte auch, dass ihn der Eigentümer beauftragt hatte, den Verkauf vorzunehmen. Allerdings hatte er noch mit niemandem einen Kaufvertrag abgeschlossen. Er musste an die Worte seines Besuchers denken. Jetzt gab es keinerlei Zweifel mehr an der Ernsthaftigkeit seiner Ausführungen.
„Ach Miez“ – er nannte seine Frau, die eigentlich Marianne hieß, immer bei ihrem Kosenamen – „ich wollte dir nur sagen, dass ich schon jetzt nach Hause komme.“
„Fein, dann kannst du Herrn Rossatello gleich kennenlernen.“
Filißter legte den Hörer auf, sprang hoch und ließ alles stehen und liegen. Sehr zum Erstaunen seiner Sekretärin rauschte er im Eiltempo aus seinem Büro. Sie konnte sich gar nicht erinnern, ihren Chef jemals so in Eile gesehen zu haben.
Fili Filißter warf sich in seinen Pkw, der in der Tiefgarage des Bürogebäudes stand. Das Haus gehörte auch ihm. Zwölf Minuten später steuerte er den Wagen auf sein Grundstück im Steinbachtal, ließ den Mercedes vor der Garage stehen und hastete durch eine schmiedeeiserne Seitentür in den großen Garten, um seinen Bungalow über die Terrasse zu betreten. Im Unterbewusstsein nahm er den Geruch des frisch gemähten Rasens wahr.
„Miez!“, rief er, da sie nicht im Wohnzimmer war. Keine Antwort. Völlig panisch rannte er jetzt in jeden Raum des Bungalows auf der Suche nach seiner Frau. Sie war nirgendwo zu finden. Es gab keine Nachricht, keinen Hinweis. Verzweifelt ließ er sich auf einen Küchenstuhl fallen. Plötzlich vernahm er Essensgeruch. Fili Filißter hob den Kopf und sah zum Herd. Im Backofen brannte Licht. Durch die Scheibe der Bratröhre konnte er eine Auflaufform erkennen. Jetzt war er absolut sicher, dass etwas geschehen war. Seine Frau hätte niemals ein im Ofen befindliches Gericht allein gelassen. Langsam drehte er den Ofen aus.
In diesem Augenblick läutete das Telefon. Der Immobilienmakler sprang auf und hastete ins Arbeitszimmer, griff sich den Hörer und bellte ein „Ja!“ in den Hörer.
„Hallo, Herr Filißter“, drang Lupos Stimme an sein Ohr, „Ihre Frau war so freundlich, der Einladung meines Kollegen zu einem Aufenthalt außer Haus zu folgen. Machen Sie sich keine Sorgen. Wenn Sie unserer Bitte Folge leisten, werden Sie sie unversehrt zurückerhalten. So lange ist sie unser Gast. Sie wissen ja, was Sie zu tun haben. Ich werde Sie in zwei Stunden wieder anrufen.“ Es trat eine kurze Pause ein, dann fuhr er fort: „Ihre Frau lässt Ihnen noch etwas ausrichten. Sie sollen sich das vegetarische Gericht, das sich in Ihrem Backofen befindet, gut schmecken lassen. Miez, wie Sie sie nennen, hat es mit viel Liebe für Sie zubereitet.“ – Pause – „Wir hören voneinander.“ – Pause – „Da wäre doch noch eine Kleinigkeit. Die Polizei dürfte unser kleines Arrangement sicher nicht interessieren. Die Schlüssel zur Weinstube haben wir an uns genommen. Sie wissen ja warum.“ Das Gespräch wurde unterbrochen.
Filißter erhob sich und eilte in den Flur. Einen Moment starrte er wie hypnotisiert auf das Schlüsselbrett an der Wand. Tatsächlich fehlte der Bund mit den Zweitschlüsseln zum Maulaffenbäck. Die Hilflosigkeit, die er empfand, war schrecklich. Er konnte einfach nicht verstehen, wieso dieser Italiener so harte Mittel einsetzte, um sein Ziel zu erreichen. Warum war ihm das so wichtig? Voller Angst erhob er sich, verließ das Haus und setzte sich in sein Auto. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Wünschen des Entführers seiner Frau nachzukommen.
*
Nepomuk Schlossisweg, der Pächter des Maulaffenbäck, stand in der Küche der Weinstube und diskutierte mit dem Koch über die Spezialität der Woche. Im wöchentlichen Wechsel bot die Küche der Weinstube den Gästen eine fränkische Spezialität an. Dieses Schmankerl wurde, seit man dieses Angebot kreiert hatte, bestens angenommen. Nächste Woche sollten Fränkische Schnickerli mit Kartoffelbrei auf der Speisenkarte stehen – ein Gericht, das traditionsgemäß aus Rinderpansen hergestellt wurde. Früher ein „Armeleuteessen“, jetzt eine Delikatesse.
Der Wirt zog sich sein Trachtenjackett an, das er in der Küche abgelegt hatte. Seit er Gastronom dieses traditionsreichen Weinlokals war, zeigte er sich dort gern bodenständig und konservativ. Passend zu den Dirndln seiner Bedienungen. Seine Gäste mochten es stimmig.
Als alles besprochen war, läutete sein Handy. Am Telefon war seine Frau Annalena. Sie hielt sich nicht mit langen Vorreden auf. „Nepomuk, komm bitte so schnell wie möglich nach Hause. Herr Filißter ist hier und möchte dich umgehend sprechen. Es sei sehr dringend!“ Das Drängen in ihrer Stimme war unüberhörbar.
„Ich komme“, gab Schlossisweg zurück. Er war alarmiert. Wenn seine Frau ihn beim vollen Vornamen nannte, hing Ärger in der Luft. Für gewöhnlich sprach sie СКАЧАТЬ