Название: Mein Lebensglück finden
Автор: Karl Frielingsdorf
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783429063320
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Vielleicht sind die Vorbehalte aber auch darin begründet, dass wir das Glücklichsein zu absolut sehen, es mit der „ewigen Glückseligkeit“ gleichsetzen, wo es kein Leid und keine Trauer mehr gibt. Nach diesem Verständnis wären wir zum „Unglücklichsein im Diesseits“ verdammt und könnten nur auf das Glück im „Jenseits“ hoffen. Doch das „ewige Leben“, wo alles Verlangen nach Glück im Jenseits gestillt wird, ist zu unterscheiden von dem hier gemeinten irdischen Glücklichsein. Beide sind allerdings auch nicht zu trennen. Irdisches Glück und ewiges Glück sind nicht unverträglich und gegensätzlich, sondern aufeinander bezogen. So ist das reale irdische Glück etwas, „das wir zwar nicht machen können, das wir dennoch mit gutem Grund in dieser unserer Welt suchen und empfangen wollen, und nicht erst an ihrem Ende oder im Jenseits“ (Hommes, 234).
Wenn mit dem Wort „Glück“ so unterschiedliche Dinge wie die ewige Glückseligkeit und irdische Glückserfahrungen bezeichnet werden, dann sind sie nur in Beziehung zu verstehen. Diese wichtige Erkenntnis hat Thomas von Aquin wie folgt beschrieben: „Wie das geschaffene Gut ein Gleichnis des ungeschaffenen Gutes, so ist auch die Erlangung eines geschaffenen Gutes eine gleichnishafte Glückseligkeit“ (Thomas von Aquin nach Pieper, 1976, 42). So hat jede Erfüllung unserer alltäglichen Glückswünsche, jede Erfüllung unseres Glücksverlangens – und mag es noch so unscheinbar sein – etwas mit der letzten und ewigen Glückseligkeit zu tun. Und wäre es nur der Hinweis darauf, dass diese Erfüllung nicht reicht, um unseren Hunger nach Glück zu stillen.
Es gibt also ein wirkliches irdisches Glück, das nicht so sehr von der Abwesenheit des Negativen („Glück als Fehlen von Unglück“), sondern von der Anwesenheit positiver Erfahrungen und Einstellungen bestimmt wird. Dieses existentielle irdische Glück besteht in einer grundsätzlich bejahenden Einstellung zum eigenen Leben und zur Welt überhaupt mit ihren positiven und negativen Seiten, die letztlich im Glauben verwurzelt ist.
Die himmlische Glückseligkeit ist in den kleinen irdischen Glücksmomenten schon gleichnishaft auf Erden erfahrbar. M. Lütz schreibt in seinem Buch „Unvermeidlich glücklich“, dass die Christen nicht an das unendliche Leben, sondern an das ewige Leben glauben. „Und diese Ewigkeit ereignet sich schon in diesem Leben, zum Beispiel in Momenten des Glücks. Jeder kennt solche dichten Momente, in denen man sich intensiv glücklich fühlt. Unvergänglich sind solche Momente, ewig. Dabei sind diese Momente nicht herstellbar, nicht planbar. Sie ereignen sich, beiläufig manchmal, unerwartet, wenn das Leben ganz leicht wird, fast schwebend“ (Lütz, 180f.). Das Glück verbirgt sich in den kleinen Dingen.
Nach Josef Pieper liegt das höchste Glück des Menschen in der liebevollen Kontemplation, im ruhigen oder überwältigenden Schauen, im sinnlichen und geistigen Ergriffensein von der Schönheit und Wahrheit der Welt (J. Pieper, 2012, 39). Solche Momente können tiefe Sinnerfahrung, ja sogar Gotteserfahrung für uns bereithalten, eine Erfahrung von Ewigkeit. „Und das können ganz alltägliche Anlässe sein, das Lächeln eines Kindes, der Anblick einer entzückenden Landschaft, ein ergreifendes Kunstwerk, aber auch die Erfahrung von Liebe, von Güte, von Zuneigung“. Und solche Glückserfahrung ist kein Lohn für ein moralisches Leben, diese Glückserfahrung ist ein Geschenk. Man kann sich nicht selber glücklich machen (Pieper, 1976, 39ff.). Das hat Mutter Teresa erfahren, wenn sie sagt: „Sei in diesem Augenblick glücklich, das genügt. Wir brauchen nicht mehr als den Augenblick.“
Zum existentiellen, umfassenden irdischen Glück gehören also die kleinen Glückserfahrungen ebenso wie die Annahme der unglücklichen Erfahrungen im persönlichen Leben und im weltweiten Kontext. Wesentlich ist, dass wir die Licht- und Schattenseiten, die Freuden und Leiden, die Höhen und Tiefen in unser Leben integrieren und letztlich unser Leben, so wie es ist, annehmen und uns damit versöhnen.
Ein schwedisches Märchen schildert uns unterschiedliche Lebensanschauungen und Antworten auf die Frage nach einem geglückten Leben:
„An einem schönen Sommertag war um die Mittagszeit eine Stille im Wald eingetreten. Die Vögel steckten die Köpfe unter die Flügel. Alles ruhte.
Da steckte der Buchfink sein Köpfchen hervor und fragte: ‚Was ist das Leben?‘ Alle waren betroffen über diese schwere Frage.
Eine Rose entfaltete gerade ihre Knospe und schob behutsam ein Blütenblatt nach dem andern heraus. Sie sprach: ‚Das Leben ist eine Entwicklung.‘
Weniger tief veranlagt war der Schmetterling. Lustig flog er von einer Blume zur anderen, naschte da und dort und sagte: ‚Das Leben ist lauter Freude und Sonnenschein.‘
Drunten am Boden schleppte sich eine Ameise mit einem Strohhalm, zehnmal länger als sie selbst, und sagte: ‚Das Leben ist nichts als Mühe und Arbeit.‘
Geschäftig kam eine Biene von einer honighaltigen Blume zurück und meinte: ‚Das Leben ist ein Wechsel von Arbeit und Vergnügen.‘ Sie stellte sich vor, wenn sie den Honig aus der Blume holt, das sei Vergnügen, aber wenn sie Waben baut, das sei Arbeit.
Wo so weise Reden geführt wurden, steckte der Maulwurf seinen Kopf aus der Erde und sagte: ‚Das Leben ist ein Kampf im Dunkel‘. Dann verschwand er.
Die Elster, die selbst nichts weiß und nur vom Spott der anderen lebt, sagte: ‚Was ihr für weise Reden führt. Man sollte wunder meinen, was ihr für gescheite Leute seid‘.
Es hätte nun einen großen Streit gegeben, wenn nicht ein feiner Regen eingesetzt hätte, der sagte: ‚Das Leben besteht aus Tränen, nichts als Tränen‘. Dann zog er weiter zum Meer.
Dort brandeten die Wogen und warfen sich mit aller Gewalt gegen die Felsen, kletterten daran in die Höhe und warfen sich dann wieder mit gebrochener Kraft ins Meer zurück und stöhnten: ‚Das Leben ist ein stets vergebliches Ringen nach Freiheit‘.
Hoch über ihnen zog majestätisch ein Adler seine Kreise, der frohlockte: ‚Das Leben ist ein Streben nach oben‘.
Nicht weit davon stand eine Weide, die hatte der Sturm schon zur Seite geneigt. Sie sprach: ‚Das Leben ist ein Sich-Neigen unter eine höhere Macht‘.
Dann kam die Nacht. – In lautlosem Fluge glitt ein Uhu durch das Geäst des Waldes und krächzte: ‚Das Leben heißt, die Gelegenheit nutzen, wenn die anderen schlafen‘.
Schließlich wurde es still im Walde.
In der Schule löschte der Professor, der über den Büchern gesessen hatte, die Lampe aus und dachte: ‚Das Leben ist ein Schule‘.
Nach einer Weile ging ein junger Mann durch die menschenleeren Straßen nach Hause. Er kam von einer Lustbarkeit und sagte vor sich hin: ‚Das Leben ist eine fortwährende Jagd nach Vergnügen und eine Kette von Enttäuschungen‘.
Morgens wehte ein leichter Wind durch die Straßen, der meinte: ‚Das Leben ist ein Rätsel‘.
Auf einmal flammte die Morgenröte in ihrer vollen Pracht auf und sprach: ‚Wie ich, die Morgenröte, der Beginn des kommenden Tages bin, so ist das Leben der Anbruch der Ewigkeit‘“ (Autor unbekannt).
Wenn das Glück also nicht so sehr im Fehlen des Negativen liegt, worin besteht es dann konkret? Wir glauben meist glücklich zu sein, wenn wir positive, befreiende und gute Lebenserfahrungen machen, die in uns Freude und Lebensbejahung wecken. Sie gipfeln in dem Grundgefühl: Es ist gut zu leben und einfach da zu sein.
Im Alltag findet sich ein solches „kleines Glück“ oft, wenn sich ein bestimmter Wunsch, СКАЧАТЬ