Название: Unheilvolle Vergangenheit
Автор: Alexander Pelkim
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783429065171
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»Nein, danke! Der alte Sauertopf hätte sicherlich kein Verständnis für meine Wochenendbelange.«
»Er wird seine Gründe dafür gehabt haben«, nahm Jasmin ihren Chef in Schutz. Sie wechselte das Thema. »Was hältst du von der Sache?«, fragte Jasmin mit einem Seitenblick auf ihren Beifahrer. »Ich meine, was auf dem Weingut passiert ist.«
»Schwer zu sagen, ich tippe auf Unglücksfall. Wie das in dem Alter so gehen kann; unsicher auf den Beinen … bisschen schwindelig … falscher Tritt … mit den Gedanken woanders … dazu das schummrige Licht und bumms, liegt man unten.«
»Und die Druckstellen?«
Zuerst war Rautners Antwort nur ein Schulterzucken, dann bequemte er sich zu einer Antwort: »Vielleicht eine ganz andere logische Erklärung. Abwarten, was die Wollner dazu sagt.«
Jasmin setzte ihren Kollegen vor dessen Haustür ab. Sie war froh, nicht weiter die schlechte Laune ihres Kollegen ertragen zu müssen. Sie selbst fuhr anschließend weiter ins Büro. Es ging aufs Jahresende zu und da wollte sie alle Unterlagen auf dem neuesten Stand haben. Wie so oft blieb die Büroarbeit an ihr hängen, da beide Herren Kommissare im Bezug auf Schriftlichkeiten, Statistiken und den anderen Papierkram etwas nachlässig waren. Außerdem hoffte sie, ab nächsten Freitag ein verlängertes Wochenende in Nürnberg bei ihrem Freund verbringen zu können. Sie stand in einer engeren Beziehung zu Jan-Niklas Berbakowski, einem Hauptkommissar beim Landeskriminalamt, und der hatte sie als seine Begleitung zu einer Hochzeit eingeladen. Berbakowskis Bruder heiratete an Weihnachten und wie üblich bei Frauen hatte Jasmin nichts Passendes zum Anziehen. Also war ein ausgiebiges Shopping-Weekend geplant. Aus diesem Grund hoffte sie inständig, dass sich der Iphöfer Treppensturz als Unglück herausstellte und in der folgenden Woche auch keine weiteren »ungeklärten Todesfälle« auftauchten.
Draußen begann es zu dämmern und Jasmin dachte so langsam an Feierabend, als ihr Handy klingelte. Auf dem Display erschien ein ihr bekannter Name und sie nahm den Anruf entgegen.
»Was ist denn mit dir los, schon wieder Heimweh? Ich denke, du bist am Feiern?«, fragte sie erstaunt.
Der Anrufer war kein anderer als Hauptkommissar Habich. »Das ist keine Feier, das ist eine Mastveranstaltung, üppiges Mittagsbuffet, dann Kaffee und Kuchen und jetzt kommt noch ein Abendessen, obwohl nichts mehr reingeht«, hörte Jasmin ihren Chef stöhnen. »Verwandtschaftstreffen sind anstrengender als jeder Dienst.«
Jasmin lachte: »Dann kannst du dich ja die Woche über wieder erholen.«
»Was hat sich bei euch ergeben?«
»Was meinst du?«, fragte die Kommissarin überrascht.
»Na, mit der Sache in Iphofen.«
»Woher weißt du schon wieder davon?«
»Das kommt davon, wenn man sein Handy nicht ausschaltet und Kollegen nicht auf den Dienstplan schauen.« Was Habich damit meinte, war die Regelung der Rufbereitschaft am Wochenende, die festgelegt war und auf deren Liste Jasmin Blume stand und nicht er, den man irrtümlich angerufen hatte.
»Und wer hat dann den Kriminaloberrat informiert?«
»Keine Ahnung, vermutlich irgendein Kollege, der keinen Plan hatte und nicht wusste, dass du zum Wochenenddienst eingeteilt warst. Ist ja auch egal, jetzt erzähl mal, was los war.«
Unverzüglich kam Jasmin der Aufforderung des Hauptkommissars nach und setzte ihn ins Bild. Sie schloss ihren Bericht mit den Worten ab: »Wir müssen die Obduktion abwarten, bis wir wissen, ob wir überhaupt ermitteln müssen, und die erfolgt, laut unserer Gerichtsmedizinerin, frühestens morgen Nachmittag.«
*
»Hallo, Frau Doktor!« Die Stimme ertönte von der halb geöffneten Tür her. »Bin ich zu früh oder können Sie schon etwas sagen?«
Die Angesprochene blickte von ihrer Arbeit auf und schaute erstaunt den Besucher an. Im weißen Kittel mit Einweghandschuhen stand sie an einem der beiden Seziertische über einen Toten gebeugt. Ihr gegenüber beschäftigte sich ein weiterer Kollege mit der Leiche. Im Hintergrund waren zwei Sektionsassistenten dabei, den zweiten Tisch zu räumen. Der dortige Tote – ein Unfallopfer – wanderte gerade in einen Leichensack. »Ach, der Herr Hauptkommissar!«, stellte sie verwundert fest. »Schon wieder zurück aus dem Schoß der Familie? Es ist doch erst Sonntagmittag vorbei. Sie haben es aber nicht allzu lange ausgehalten.«
Tatsächlich hatte Habich nach dem sonntäglichen Frühstück bei seinem Bruder, bei dem er auch übernachtet hatte, wieder die Heimfahrt angetreten. Schnell noch ein paar kurze Abschiedsworte an den Jubilar und die noch anwesenden Verwandten und dann nichts wie ab. Die Feier am Samstag mit Begrüßungen, Umarmungen, Händeschütteln und Fragen über Fragen hatten ihm gereicht. Theo hier und Theo da, wie ein verlorener Sohn war er herumgereicht worden, dabei hätte doch eigentlich sein Onkel die Hauptperson sein sollen. Da er sich aber bei Familienfesten oft rarmachte, hatte er an dem Wochenende im Mittelpunkt gestanden, was ihm gar nicht behagt hatte.
Habich winkte ab. »Das mit der Familie wird überbewertet. Ist nicht so mein Ding. Außerdem hätte ein längerer Aufenthalt meiner Taille noch mehr geschadet«, lächelte er und strich sich über den Bauch.
Auf den letzten Teil von Habichs Erklärung ging Dorothea Wollner gar nicht ein. »Sie sind kein Familienmensch?«
Verlegen druckste Hauptkommissar Habich herum. »Nun, was meine Verwandtschaft betrifft eher nicht, und Familie …, na ja, für eine eigene ist es schon ein bisschen zu spät.«
»Es ist nie zu spät.« Die blonde Rechtsmedizinerin schüttelte den Kopf und fixierte ihn aus ihren blauen Augen. »Aber lassen wir das, deswegen sind Sie sicherlich nicht gekommen. Wir sind gerade bei der inneren Leichenschau.« Sie deutete auf den nackten Leichnam, der dort mit geöffneter Bauchdecke auf dem kalten Edelstahltisch lag. Der Hauptkommissar zeigte keine Reaktion, er war solche Anblicke gewöhnt. »Karl Birkner ist nicht alleine durch Genickbruch gestorben … Nein, anders ausgedrückt, er hätte auch ohne den Sturz nicht mehr lange gelebt … «
»Und warum?«
»Weil es bei dem alten Birkner gleich mehrere mögliche Todesursachen gibt«, bemerkte die Gerichtsmedizinerin ungerührt, so als wenn das alltäglich wäre.
»Wie geht denn so etwas?«
»Es gibt einerseits Anzeichen für einen Herzinfarkt, dann haben wir den Genickbruch und außerdem noch eine weitere Verletzung … «
»Wie definiert sich ›weitere Verletzung‹ genau?«
Nach Habichs Frage entstand eine kleine Pause. Frau Doktor Wollner atmete hörbar aus. »Bei der äußeren Leichenschau haben wir Hämatome im Bauchbereich entdeckt … «
»Verursacht durch was?«
»Kann ich noch nicht genau sagen.«
»Was vermuten Sie aufgrund Ihrer bisherigen Diagnose?«
Jetzt wiegte die Medizinerin den Kopf hin und her. »Vermutungen gebe ich eigentlich nicht gerne ab … «
»Na ja, soll ja nichts Offizielles sein, nur mal so unter uns … rein spekulativ.«
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