Die Angst vor dem Tod überwinden. Karim El Souessi
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Название: Die Angst vor dem Tod überwinden

Автор: Karim El Souessi

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783866164154

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СКАЧАТЬ Gegenstände, sondern im eigenen Inneren. Mit Recht verweist der amerikanische Management-Trainer und Autor S. R. Covey darauf, dass das Paradies „kein Ort ist, wo man hingeht, sondern ein Bewusstseinszustand“. Dieser Bewusstseinszustand entsteht nicht, wenn wir unsere Sehnsucht nach Glück durch die Befriedigung materieller Wünsche oder durch die Suche nach irgendeinem weltlichen Ort des Glücks zu stillen versuchen und damit eher noch vertiefen. Auch die Flucht vor dem Alltag hilft nicht. Wir finden nirgendwo, was wir eigentlich suchen: einen stillen Geisteszustand, einen Bewusstseinszustand voller Gleichmut und Gelassenheit, in dem „jeder Tag ein guter Tag ist“50 und der uns hilft, auch schlimmes Leid in Ruhe und Gelassenheit zu ertragen. Zwanghaftes Festhalten an Perfektionismus und Zeitdruck, an selbstgesteckten Zielen und am „Funktionierenmüssen“ sind große Hindernisse. Wir sollten den Mut haben, weniger zu funktionieren und mehr zu sein wie die Kinder. Was hat uns früher einmal zum Lachen und Leuchten gebracht? Worin waren wir so vertieft, dass eine vollkommene, eine heilige Stille entstand?

      Es geht darum, dass wir uns dieses Paradies zurückholen, indem wir unser Anhaften an allzu festen Zielen lösen und zulassen, dass Stille entsteht, anstatt unser Glück in äußeren Dingen, Zielen und dem Anklammern an Bindungen zu suchen. „Das größte Glück, das dir zuteilwerden kann, ist das Bewusstsein, dass du nicht unbedingt Glück brauchst“, schrieb der US-amerikanische Schriftsteller William Saroyan, und schon Aristoteles lehrte vor 2000 Jahren, dass jeden Menschen etwas anderes glücklich macht. Kranke sehen in der Gesundheit das höchste Gut, Arme im Reichtum, manch alter Mensch im Jungsein. Wir glauben vielleicht, dass uns die interessante Reise, der vollkommene Lebenspartner oder der Besitz eines Hauses glücklich macht. Dabei jagen wir äußeren Dingen hinterher, Dingen, die allesamt vergänglich sind und uns bestenfalls kurze Augenblicke der Freude ermöglichen.

      Abb. 6: Der Prophet Mohammed im Siebenten Himmel vor Gott

      Genauso können das Festhalten an erlebtem Leid oder die Sorge um zukünftiges Leid zu endlosen Beschäftigungen werden und den Blick auf die Endlichkeit des Daseins verdecken. Der verstorbene Kabarettist Hanns-Hermann Kersten drückt dies in seinem Gedicht „Ganz still und stumm“ eindrücklich aus:

      Wir sitzen still auf unserm Stern,

      und wer uns lieb hat, hat uns gern.

      Und wer uns hasst, der lässt es bleiben.

      So kann man sich die Zeit vertreiben.

      Wenn sich die Erde dreht und dreht,

      dann merkt man, wie die Zeit vergeht.

      Zermürbend wirkt die Rotation.

      Wo bleibt der Tod? Da kommt er schon.51

      Wenn Sören Kierkegaard in seiner Rede „An einem Grabe“ fordert, den Tod ins Leben mit Ernsthaftigkeit einzubeziehen, dann will er zu Bedachtheit aufrufen: „Der Tod im Ernst [bedacht] gibt Lebenskraft wie nichts anderes, er macht wachsam wie nichts anderes.“52 Ohne die Begrenzung des Todes, so Wilhelm Schmid, wäre unser Leben bedeutungslos, denn „es gäbe keinen Grund, sich um ein schönes und erfülltes Leben zu sorgen. Und gelänge es einst, das Leben ewig dauern zu lassen, schwände die Anstrengung, es wirklich zu leben, dramatisch, und die Individuen brächten ihr Leben wohl erst recht damit zu, auf ‚das Leben’ zu warten.“53

7Wie sollten wir leben, um nichts versäumt zu haben?

      „Am Ende des Lebens sollst du nicht fragen“, so Rabbi Zusya, „warum du nicht Jesus, Buddha oder wer auch immer gewesen bist, sondern warum du nicht du selber gewesen bist.“ Aber wer bist du in Wahrheit? Du kommst als Niemand auf die Welt, entwickelst eine Persönlichkeit, wirst ein Jemand, um dann wieder ein Niemand zu werden. Aber nun bist du ein anderer Niemand als der, der du bei deiner Geburt warst, ein Niemand, der das eigene Ich-Gebäude geformt, durchlebt, bereichert und überschritten hat.

      Die Schriftstellerin George Eliot, eigentlich Mary Anne Evans (18191880), ruft uns auf, die kostbare Zeit dafür zu nutzen, die eigene Persönlichkeit – sie gab sich selbst je nach Lebenslage sieben verschiedene Namen – voll zu entfalten: „Es ist nie zu spät, das zu werden, was du hättest sein können.“54 Aber wer und wie solltest du sein? Wie solltest du gelebt haben? Vielleicht gibt der argentinische Dichter Jorge Luis Borges, der im Alter von 85 Jahren das folgende Gedicht schrieb, eine Antwort darauf:

      AUGENBLICKE

      Wenn ich mein Leben

      noch einmal leben könnte, im nächsten Leben,

      würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen.

      Ich würde nicht so perfekt sein wollen,

      ich würde mich mehr entspannen.

      Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich gewesen bin,

      ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen.

      Ich würde nicht so gesund leben.

      Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen,

      Sonnenuntergänge betrachten,

      mehr bergsteigen, mehr in Flüssen schwimmen.

      Ich war einer dieser klugen Menschen,

      die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten;

      freilich hatte ich auch Momente der Freude,

      aber wenn ich noch einmal anfangen könnte,

      würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben.

      Falls du es noch nicht weißt,

      aus diesen besteht nämlich das Leben;

      nur aus Augenblicken, vergiss nicht den jetzigen!

      Wenn ich noch einmal leben könnte,

      würde ich vom Frühlingsbeginn an

      bis in den Spätherbst hinein

      barfuß gehen.

      Und ich würde mehr mit Kindern spielen,

      wenn ich das Leben noch vor mir hätte.

      Aber sehen Sie …, ich bin 85 Jahre alt und weiß,

      dass ich bald sterben werde.55

      Dieses Gedicht macht deutlich, wie sehr der herannahende Tod die Zeit immer kostbarer werden lässt, „wie ein Tag, unterweilen eine Stunde im Preis hochgeschraubt ward, wenn der Sterbende mit dem Tode marktete…“56

      Der amerikanische Psychotherapeut Sheldon Kopp empfiehlt in seinem Buch „Triffst Du Buddha unterwegs“57, sich selbst einen – wie er formuliert – ‚eschatologischen Waschzettel’ zu schaffen, der vielleicht in Form einer Auflistung wie bei Kopp, vielleicht aber auch in Form eines Gedichtes wie oben, das auflistet, was für Sie im Leben bis in die letzten Stunden vor Ihrem Sterben wichtig ist. Angehörige, Sterbende und Begleiter können sich damit besser vor Augen halten, auf welche Dinge sie besonders achten wollen. Hier ein paar Vorschläge aus meinem eigenen Waschzettel:

      • Tu nur СКАЧАТЬ