Selbstgespräche. Charles Fernyhough
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Название: Selbstgespräche

Автор: Charles Fernyhough

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783831269525

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СКАЧАТЬ Tabletten wurde das Gegenteil beobachtet. Die Teilnehmer dieser Gruppe brauchten tatsächlich länger, um einschlafen zu können. Vermutlich weil sie davon ausgingen, entspannt zu sein, sich aber ganz anders fühlten, was sie zu der Schlussfolgerung veranlasste, dass sie noch aufgedrehter sein mussten als gewöhnlich.

      Doch bei der anschließenden Befragung zeigten die Teilnehmer sehr geringe Einsicht in die psychologische Wirkung der Tabletten und führten die Veränderung ihres Schlafmusters stattdessen auf äußere Faktoren zurück, wie zum Beispiel auf ihr Abschneiden bei einer Prüfung oder auf Probleme mit der Freundin.

      Nisbett und Wilson gelangten zu dem Schluss, dass es wenig Sinn hatte, Untersuchungsteilnehmer aufzufordern, ihre eigenen kognitiven Prozesse zu erklären. Trotz der vielen sorgfältigen Beobachtungen der Anhänger der Introspektion ist festzustellen, dass wir erstaunlich wenig wissen, wie unser eigener Geist tatsächlich funktioniert.

      Es ist ein schwüler Julitag in Berlin, und Lara überlegt sich, ob sie noch ein Bier trinken soll.

      »Ich stellte die leere Flasche ab, und es war, als würde ich denken: Will ich noch eines? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diese Wörter dachte. Und in diesem Moment war der Piepston zu hören.«

      Lara ist eine junge Amerikanerin chinesischer Abstammung aus Los Angeles, die ein Studienjahr in Berlin absolviert. Sie nimmt an einem Experiment teil, für das sie ein kleines Gerät an ihrer Kleidung befestigt bei sich trägt (etwa von der Größe einer Tonkassette). In Zufallsintervallen schaltet sich das Gerät ein und gibt durch einen Ohrstecker ein piepsendes Geräusch ab. Das ist für sie das Signal, darauf zu achten, welche Erfahrung sie in dem Augenblick unmittelbar vor dem Piepsen gemacht hat. Dann muss sie sich in irgendeiner Form, die ihr günstig erscheint, auf einem ihr zu diesem Zweck ausgehändigten Notepad Notizen über den Augenblick der Erfahrung machen. Das tut sie, bis sie Notizen über sechs Signaltöne und sechs Momente der Wahrnehmung gesammelt hat, dann darf sie den Ohrstecker herausnehmen und weglegen.

      Am folgenden Tag kommt sie ins Labor und wird ausführlich über diese sechs Augenblicke befragt. Der Vorfall mit dem Bier betraf das dritte Piepsen am ersten Tag ihrer Teilnahme an diesem Experiment. Über diese Bewusstseinsmomente wird sie von Russell T. Hurlburt befragt, dem Entwickler der Methode.

      »Genau mit diesen Wörtern?«, fragt Russ.

      »Ich kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, ob das meine genauen Wörter waren, weil ich sie mir nicht genau notiert habe … Ich erinnere mich an diesen Augenblick und an das Gefühl, kühles Bier zu trinken, und dass ich es wirklich genossen und mich gefragt habe: Will ich noch eines?«

      »Also eine erinnerte Empfindung, ein Bier zu trinken?«

      »Ja, und der Gedanke: Will ich mehr von dieser Erfahrung?«

      Russ fragt, ob sie noch ein Bier wollte, oder ging es vielmehr um die Erinnerung, das kühle Bier eben genossen zu haben?

      »Ich denke, es geht definitiv um beides, weil ich mir diese Frage gestellt habe und anfing, mich daran zu erinnern, um diese Frage zu beantworten, vermute ich.«

      Was waren in diesem Augenblick ihre genauen Worte bei diesem Erlebnis? Lara kann sich nicht erinnern. Russ sagt, dass sie sich in Zukunft diese Wörter schnell notieren soll, weil es auf die genauen Wörter ankommt. Wenn wir herausfinden wollen, wie wir in unserem Kopf mit uns selbst sprechen (neben den vielen anderen Dingen, die sich dort abspielen), kommt es auf den genauen Wortlaut an.

      »Und hörst du diese Wörter mit einer Stimme?«, fährt Russ fort. »Oder liest du sie, oder siehst du sie, oder …?

      »Ja, sie haben eine Stimme, und das ist meine eigene Stimme.«

      »Okay. Und ist diese Stimme so, als würdest du die Wörter aussprechen oder als würdest du sie hören oder …«

      »Hm, ich denke, es ist, als würde ich sie aussprechen? Aber ich sage sie zu mir selbst, so, als würde jemand eine Frage stellen. Die Sache ist die, dass ich, während ich diese Fragen beantworte, einfach beunruhigt bin, dass sich das, was ich über diese Augenblicke berichte, verändern könnte, weil ich gründlicher darüber nachdenke, verstehen Sie?«

      Hurlburt ist einer jener Wissenschaftler, die die Introspektion neu durchdenken.21 Er, ein großer Mann Ende sechzig mit grauen Haaren und einer Brille, begann sein Berufsleben als Ingenieur und arbeitete für eine Firma, die Atomwaffen herstellte. Eigentlich wäre er gern Trompeter geworden. Es war zur Zeit des Vietnamkriegs, und Russ erhielt eine Einberufungsnummer, die mit großer Wahrscheinlichkeit dazu geführt hätte, dass er tatsächlich einberufen worden wäre, deshalb trat er freiwillig der Armeeband in Washington, D. C. bei. Dort fand sein Können als Trompetenspieler einen Einsatz, der einen indirekten und folgenreichen Einfluss auf seine spätere Karriere haben sollte. Er bekam nämlich die Aufgabe zugewiesen, den »Taps« (Zapfenstreich) zu spielen, jene zeremonielle Melodie, die bei Militärbegräbnissen gespielt wird. Seine Aufgabe bestand darin, am Nationalfriedhof Arlington zu warten, bis der Sarg ankam und die Gewehrsalven abgefeuert wurden, um dann den »Taps« über dem Sarg des armen in Vietnam Gefallenen zu spielen. Dann zog er sich diskret in sein Auto zurück, das er unter einem nahen Baum abgestellt hatte, um – noch immer in voller militärischer Montur – auf die nächste Beerdigung zu warten, die frühestens zwei Stunden später stattfand. Somit hatte er jede Menge Zeit, die er nutzte, um sein Auto mit Büchern aus der Bezirksbibliothek von Arlington zu füllen. Er las alles, was Ingenieure aus Zeitgründen gewöhnlich nicht lesen können: Literatur, Poesie, Bücher über die Geschichte und vor allem über die Psychologie. Innerhalb weniger Monate hatte er den gesamten Bestand der Bibliothek zum Thema Psychologie gelesen.

      »Dabei habe ich herausgefunden, dass jedes Buch über Psychologie mit der Aussage beginnt: ›Ich werde Ihnen etwas Interessantes über die Menschen berichten‹, und wenn ich dann am Ende des Buchs angelangt bin, sage ich mir: Na ja, ich habe nichts erfahren, was ich für wirklich sehr interessant halte. Ich habe etwas über die Theorie gelernt, aber nichts über die Person.« Denn Russ wünschte sich, etwas über die Alltagserlebnisse der Menschen zu erfahren. »Ich dachte mir, wenn man über diese Dinge bloß Stichproben machen könnte, das wäre gut … Ich fuhr mit dem Truck durch die Wüste oder die ebenen Außenbezirke irgendeiner Stadt und sagte mir: Ich weiß, wie man einen Signaltongeber baut. Als ich bei der Universität von South Dakota ankam, an der ich mein Aufbaustudium absolvieren wollte, sagte der Direktor zu mir: ›Was möchten Sie machen, Russ?‹ Und ich antwortete: ›Ich möchte Stichproben von Gedanken sammeln, und auf dem Weg hierher habe ich herausgefunden, wie ich es machen kann.‹ Der Studienberater war von Russ‹ Idee beeindruckt, aber er war der Meinung, dass die Sache mit dem Signaltongeber technisch nicht durchführbar sei. Deshalb schlug er Russ einen Deal vor: Sollte Russ tatsächlich in der Lage sein, den Piepser zu bauen, würde er die Voraussetzung, dass Russ den Master in Psychologie erwerben müsste (er hatte bereits den Master in Ingenieurswissenschaft) in seinem Fall nicht anwenden und ihm gestatten, gleich das Promotionsprogramm zu absolvieren.

      Im Herbst 1973 baute Russ den Piepser und gewann seine Wette. Er begann, sein neues technisches Gerät einzusetzen, und versuchte, die Gedanken seiner Untersuchungsteilnehmer zu erforschen, zunächst durch kurze Befragungen und die komplexen statistischen Analysen, die notwendig sind, damit der so gewonnene Berg an Daten Sinn ergibt. Schließlich wurde ihm klar, dass diese Methode nichts Interessanteres über die Gedanken oder die Menschen hervorgebracht hatte als die der Forscher, die er zuvor kritisiert hatte. Deshalb begann er, sich mehr auf die Qualität der Berichte zu konzentrieren: Auf die Beschreibungen der Gedankenprozesse seiner Teilnehmer und was diese für die jeweilige Person charakteristisch machte.

      Seit nahezu vierzig Jahren ist Russ nun schon Fakultätsmitglied an der Universität von Nevada, Las Vegas (UNLV). Er hat seine Karriere der Verfeinerung und dem СКАЧАТЬ