Weisheit und Mitgefühl in der Psychotherapie. Christopher Germer
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Название: Weisheit und Mitgefühl in der Psychotherapie

Автор: Christopher Germer

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная психология

Серия:

isbn: 9783867812313

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СКАЧАТЬ entwickelt, die besonders zwei Hauptziele haben: die Kultivierung eines mitfühlenden Herzens und die Kultivierung tiefer Einsichten in das Wesen der Realität, die als die Vereinigung von Mitgefühl und Weisheit bezeichnet werden. Das Herz dieser Meditationsübungen bilden zwei Haupttechniken: die Verfeinerung der Aufmerksamkeit und ihre ausdauernde Anwendung auf der einen Seite und die Regulierung und Transformation von Emotionen auf der anderen (Society for Neuroscience, 12. November 2005).

      In diesem Buch untersuchen wir, wie sich die Theorie und die Praxis von Achtsamkeit und Mitgefühl zu Weisheit und Mitgefühl in der Psychotherapie und darüber hinaus entfalten können. Wir beginnen mit der Untersuchung von Mitgefühl, das Therapeuten ein wenig vertrauter ist und gründlicher erforscht wurde als der eher weniger greifbare und ein wenig rätselhafte Begriff der Weisheit.

      Was ist Mitgefühl?

      Das englische Wort für Mitgefühl, compassion, hat lateinische und griechische Wurzeln: Es geht auf die griechische Wurzel pati und pathein („leiden“) und die lateinische Wurzel com („mit“) zurück; compassion bedeutet also „Leiden mit“ einer anderen Person. Das Oxford English Dictionary definiert Mitgefühl (compassion) als „mitfühlendes Mitleid und Sorge um Leiden und Unglück anderer“ (S. 291). Im Jahr 2009 verfassten Tausende religiöser Führer aus der ganzen Welt die Charter for Compassion (Charta für Mitgefühl), in der sie Mitgefühl als einen inneren Aufruf definierten, „alle anderen Wesen so zu behandeln, wie wir selbst behandelt werden möchten“ (Armstrong, 2012). Im Bereich der Psychologie wird die Frage nach dem Verständnis und der Bedeutung von Mitgefühl besonders interessant.

      Eine knappe, praktische Definition von Mitgefühl könnte lauten: Mitgefühl ist die Erfahrung von Leiden in Verbindung mit dem Wunsch, es zu lindern. Ähnliche Definitionen sind zum Beispiel:

      • „Grundlegende Freundlichkeit mit einem tiefen Bewusstsein von eigenem Leiden und dem Leiden anderer Lebewesen in Verbindung mit dem Wunsch und dem Bemühen, es zu lindern“ (Gilbert, 2009c, S. XIII).

      • „Das Gefühl, das entsteht, wenn man Zeuge von Leiden eines anderen Menschen ist, und das dann ein Verlangen hervorruft, helfen zu wollen“ (Götz, Keltner & Simon-Thomas, 2010, S. 351).

      • „Der Wunsch, alle Lebewesen mögen frei von Leiden sein“ (Dalai Lama, 2006).

      • Ein dreiteiliger Prozess: (1) „Ich fühle mit dir mit“ (affektiver Teil), (2) „Ich verstehe dich“ (kognitiver Teil) und (3) „Ich möchte dir helfen“ (motivierender Teil) (Hangartner, 2011).

      Bis zum letzten Jahrzehnt wurde Mitgefühl als eine bestimmte Emotion oder eine innere Haltung von Experimentalpsychologen (Davidson & Harrington, 2001; Götz et al., 2010; Goleman, 2005; Pommier, 2010) und von Psychotherapeuten (Gilbert, 2005, 2011; Glaser, 2005; Ladner, 2005; Lewin, 1996) relativ vernachlässigt. Diese Vernachlässigung kann zum Teil an der Überschneidung von Mitgefühl mit ähnlichen Konstrukten wie Empathie (Batson, 1991; Hoffman, 1981), Sympathie (Shaver, Schwartz, Kirson & O‘Connor, 1987; Trivers, 1971), Liebe (Fehr, Sprecher & Underwood, 2009; Post, 2002), Mitleid (Ben Ze‘ev, 2000; Fiske, Cuddy, Glick & Xu, 2002) und Altruismus (Monroe, 2002; Oliner, 2002) liegen. Wie verhält sich Mitgefühl zu diesen Begriffen? Ein genaues Verständnis von Mitgefühl ist nicht nur nützlich, wenn man eine Theorie, Hilfsmittel zur Beurteilung und Anwendungen in der Therapie entwickeln will, sondern auch, um Mitgefühl in sich selbst erkennen und kultivieren zu können. (Weitere Analysen siehe Eisenberg & Miller, 1987; Goetz et al., 2010.)

      Empathie

      Carl Rogers (2002) definierte Empathie als ein „genaues Verständnis der Welt [des Klienten], wie sie von innen aussieht. Um die Welt [des Klienten] so zu sehen, als wäre sie die eigene“. Sie besteht darin, dass man „eine emotionale Antwort hat, die der Antwort eines anderen Menschen ähnlich ist“ (Bohart & Greenberg, 1997, S. 23). Empathie geht über kognitive Einschätzung hinaus, denn zu ihr gehört ein Felt Sense (gefühlte Wahrnehmung) dessen, was der andere Mensch erlebt oder wahrnimmt (Feshbach, 1997; Lazarus, 1991). Empathie gilt in der Psychotherapie als allgemeiner Faktor, der „für ebenso viel oder möglicherweise noch mehr Varianz eines Ergebnisses verantwortlich ist wie spezifische Interventionen“ (Bohart, Elliott, Greenberg & Watson, 2002, S. 96).

      Man kann mit praktisch jeder menschlichen Emotion Empathie empfinden – mit Freude, Kummer, Begeisterung, Langeweile. Mitgefühl aber ist eine spezielle Form von Empathie, insofern es Empathie mit Leiden ist (in Verbindung mit dem Wunsch, es zu mildern). Leiden ist eine Vorbedingung für Mitgefühl. Da der Sinn von Therapie darin besteht, emotionales Leiden zu mildern, scheint es so zu sein, dass Mitgefühl in der Geschichte der Psychotherapie wahrscheinlich von Empathie verdeckt war. Systematische Bemühungen, Empathie zu kultivieren, sind auf dem Gebiet der Psychotherapie immer noch relativ selten (Shapiro & Izett, 2008), aber das kann sich in dem Maß ändern, wie alte buddhistische Praktiken und Übungen von Mitgefühl in die moderne Psychotherapie integriert werden.

      Sympathie

      Sympathie ist „eine emotionale Reaktion, die auf der Wahrnehmung des emotionalen Zustandes eines anderen Menschen beruht und zu der Gefühle von Anteilnahme und Sorge für den anderen Menschen gehören“ (Eisenberg et al., 1994, S. 776). Zu Sympathie gehört ein reaktives, antwortendes Element, das auf früherer Erfahrung beruht, während Empathie ein Spiegel des inneren Zustandes eines anderen Menschen ist. Es scheint bei Empathie mehr achtsame Bewusstheit zu geben als bei Sympathie.

      Liebe

      Therapeuten tendieren dazu, den Begriff Liebe zu vermeiden, besonders bei ihren Patienten, denn er hat mehrere Bedeutungen – es gibt Elternliebe, universelle Liebe und romantische Liebe –, und das kann leicht zu Missverständnissen führen. Aber das Wort Liebe behält immer noch eine sinnliche Fülle, die helfen kann, die Bedeutung von Mitgefühl zu erhellen. Lynne Underwood (2009) zieht den Begriff mitfühlende Liebe dem einfachen Mitgefühl vor, weil er mehr emotionales Engagement enthält.

      Mitgefühl im buddhistischen Kontext kann auf einen Beobachter von außen eher distanziert als lebendig erfüllt wirken (Götz, 2010). Diese Wahrnehmung liegt an der Qualität von Gleichmut – die Fähigkeit, die Höhen und Tiefen unseres emotionalen Lebens in offenherzigem Bewusstsein zu halten. Zum Beispiel kann es sein, dass eine Tochter im Teenageralter ihre Mutter vorübergehend ablehnen muss, um Unabhängigkeit zu entwickeln, bevor sie in die Welt hinaus geht. Wenn eine Mutter diesen Prozess wirklich versteht, wird sie ihren Schmerz, ihre Angst oder vielleicht auch ihren Ärger empfinden können, ohne zu stark zu reagieren. Gleichmut hindert uns nicht daran, vor Freude zu hüpfen oder uns in Tränen aufzulösen, aber er gibt uns die Freiheit, Emotionen in verschiedenen Situationen auf eine wirksame Weise auszudrücken, während wir dabei mit anderen emotional verbunden bleiben.

      Liebende Güte (mettā) ist ein „innerer Zustand, in dem es darum geht, dass alle Lebewesen glücklich sein mögen“, und Mitgefühl (karunā) ist „der Wunsch, dass alle Lebewesen frei von Leiden sein mögen“ (Dalai Lama, 2006). In der buddhistischen Tradition werden Übungen Liebender Güte gewöhnlich vor Übungen von Mitgefühl gelehrt, weil Mitgefühl schwieriger ist. Es kann ziemlich schwierig sein, sein Herz angesichts von Leiden offen zu halten – nicht dem Opfer Schuld zu geben oder den leidenden Menschen wegzuwünschen, um nicht mehr belastet zu sein.

      Mitleid

      Mitleid ist ein Gefühl der Betroffenheit von der Not anderer, das ein leichtes Gefühl der Überlegenheit enthält (Fiske et al., 2002), während Mitgefühl eine Emotion zwischen Gleichen ist. Da alle Menschen leiden, ist Leiden etwas, was uns miteinander verbindet. Wenn wir für Leiden auf eine mitfühlende Weise offen sind, fühlen wir uns weniger allein. Wenn man selbst Leiden ausblendet, kann СКАЧАТЬ