Название: Handbuch der Interpersonellen Neurobiologie
Автор: Daniel Siegel
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783867813372
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Hier eine kurze Beschreibung des Dreiecks: Regulation (Geist) besteht aus dem Beobachten und der Modifizierung des Energie- und Informationsflusses. Austausch (Beziehung) ist das Teilen von Energie und Information zwischen zwei oder mehr Menschen. Der Mechanismus (Gehirn) ist das strukturelle Mittel, durch den der Energie- und Informationsfluss im Körper entsteht. Das Dreieck stellt ein System dar, das System des Energie- und Informationsflusses, während es sich durch die Mechanismen des Körpers (Gehirn) bewegt, ausgetauscht (Beziehungen) und reguliert wird (Geist). Dadurch werden die drei Aspekte nicht voneinander getrennt, sondern stattdessen sind der Geist, das Gehirn und die Beziehungen drei Aspekte einer Wirklichkeit – dem System des Energie- und Informationsflusses.
Manchmal haben Wissenschaftler Bedenken dazu geäußert, dass dieses Modell die Elemente auf eine Weise trennt, die nicht hilfreich ist. Als Antwort auf derartige Überlegungen ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass die Metapher des Dreiecks in der Tat das Gegenteil meint. Es gibt in Hinblick darauf eine Wirklichkeit mit drei Facetten – nicht drei unterschiedliche Bereiche mit getrennten Realitäten. Eine Münze hat zwei Seiten und eine Kante, aber wir sehen das Ganze der Münze, indem wir die differenzierten* Teile akzeptieren. Wenn das Ganze als Energie- und Informationsfluss gesehen wird – eine Sichtweise, die für viele Menschen neu ist –, dann zeigt sich die wechselseitig verbundene Natur des Gehirns, der Beziehungen und des Geistes als ein zusammenhängender Bezugsrahmen.
Dies ist also ein Dreieck, das den Energie- und Informationsfluss darstellt. Die Pfeile der Beeinflussung, die man auf diesem Dreieck einzeichnen kann, weisen in alle Richtungen: der Geist wird sowohl von den Beziehungen als auch vom Gehirn beeinflusst; Beziehungen werden vom Geist und vom Gehirn beeinflusst; das Gehirn wird vom Geist und den Beziehungen beeinflusst. Bitte beachten Sie, dass dieses Dreieck aus der Perspektive der Interpersonellen Neurobiologie* unsere Grundlage der Wirklichkeit umfasst – den Ausgangspunkt, um tief in die Natur der subjektiven und objektiven Aspekte unseres Lebens einzutauchen. Wir sind der Ansicht, dass der emergente Prozess des Geistes in das Dreieck eingebettet ist und sich diese drei Elemente des Energie- und Informationsflusses nicht voneinander trennen lassen: Es sind drei Facetten einer Wirklichkeit. Das ist kein Dualismus (oder „Trioismus“). Es ist vielmehr ein „Monismus“, weil wir eine Wirklichkeit sehen, die sich aus den Mustern des Energie- und Informationsflusses bildet. Die drei Prime* der Erfahrung – die irreduziblen Aspekte des Systems – sind der Geist, das Gehirn und die Beziehungen. Es hat keinen Sinn, dieses Dreieck noch vereinfachen zu wollen, so wie wir auch die zwei Seiten einer Münze nicht auf einer Seite reduzieren können; die Münze hat einfach zwei Seiten und einer Kante. Und so erkennen wir auch in unserem Fall die drei Aspekte der Wirklichkeit an: verkörperte Mechanismen, interpersonellen Austausch und Regulation.
Nun können wir aufbauend auf dem grundlegenden Dreieck der menschlichen Erfahrung ein Dreieck des Wohlbefindens konzipieren. Zu diesem Zwecke müssen wir uns unweigerlich ein paar wichtige Fragen stellen: Was ist ein gesunder* Geist? Was ist ein gesundes Gehirn? Und was sind gesunde Beziehungen? Aus der Sicht der Interpersonellen Neurobiologie ist Integration* das Merkmal guter Gesundheit. Integration ist die Verknüpfung* differenzierter Elemente. Ein gesunder Geist, ein gesundes Gehirn und gesunde Beziehungen entstehen aus Integration. Die strukturellen Verbindungen von differenzierten Bereichen im Körper ermöglichen eine flexible und adaptive Regulation. Ein gut reguliertes Gehirn koordiniert und balanciert seine Funktionen durch Integration. Die funktionale Verbindung unterschiedlicher Individuen miteinander erlaubt eine mitfühlende* und empathische* Kommunikation, wodurch erfüllende Beziehungen entstehen können. Gesunde Beziehungen entfalten sich durch integrative Kommunikation*, in der Unterschiede gewürdigt werden und eine mitfühlende Verbindung gebildet wird. Ein kohärentes* inneres mentales Leben entsteht aus einer solchen verkörperten und relationalen* Integration. Ein integrierter Geist ist ein resilienter und gesunder Geist. Und so können wir sagen, dass Gesundheit aus der Interaktion im Dreieck entsteht. Wir können es auch anders beschreiben: Gesundheit entsteht aus einem ausgeglichenen, koordinierten Gehirn, empathischen und verbundenen Beziehungen und einem kohärenten und resilienten Geist.
Implikationen: Was bedeutet das Dreieck des Wohlbefindens für unser Leben?
Das Dreieck des Wohlbefindens verändert unsere Herangehensweise an die Interpretation wissenschaftlicher Erkenntnisse. Obwohl dies nicht der Ansatz der etablierten Wissenschaft ist, können wir in der Interpersonellen Neurobiologie diese Perspektive der Integration verwenden, um unser Verständnis vom Energie- und Informationsfluss durch das Gehirn (wie er sich in den vielen Gehirn-Scans zeigt) umzuformulieren. Wir können das Forschungsgebiet der mentalen Störungen neu interpretieren (das häufig als „mentale oder psychische Gesundheit“ beschrieben wird, obwohl meist weder das Mentale noch die Gesundheit definiert wird). Wir können auch einen neuen Zugang zu unserem Verständnis relationaler Erfahrungen in Familien, Paaren, im Klassenraum oder in Unternehmen finden. Integration wird zu unserem Bezugssystem, und der Energie- und Informationsfluss steht für uns im Mittelpunkt.
Integration schafft Harmonie. Eine beeinträchtigte Integration führt zu Chaos* und/oder Erstarrung*. Wenn das Gehirn oder die Beziehungen nicht integriert sind, bewegen sie sich außerhalb des Flusses der Integration* und steuern auf das Chaos und die Erstarrung zu (s. Abb. K). Der Fluss ist eine optische Darstellung der mittleren Strömung von Harmonie, die auf der einen Seite vom Chaos und auf der anderen Seite von der Erstarrung begrenzt wird. Eine tiefgründige Implikation dieser Erkenntnisse ist ein neues Verstehen des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM), das als „Bibel“ der psychiatrischen Fachliteratur gilt. Wenn dieses wichtige Handbuch aus der Perspektive der Interpersonellen Neurobiologie betrachtet wird, dann sehen wir in jedem Symptom jeder Erkrankung, die in diesem Text beschrieben wird, ein Beispiel für Chaos oder Erstarrung, das aus ungenügender Integration entsteht. Eine solche Sichtweise wird durch eine Reihe neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse unterstützt, die besagen, dass wesentliche psychiatrische Störungen, wie manisch-depressive Erkrankungen, Schizophrenie, Autismus ebenso wie entwicklungsbedingte Traumata* und Vernachlässigung* scheinbar mit Beeinträchtigungen der neuronalen Integration* einhergehen.
Wir haben eine aufregende neue Ausgangslage, von der aus wir kreative* Wege finden können, wie wir Gesundheit in unserem Leben unterstützen können: Neben der soeben beschriebenen Perspektive der Integration und Gesundheit stehen uns die neuen spannenden Erkenntnisse über die Wirkung der Neuroplastizität* zur Verfügung, durch die wir im Laufe des Lebens die strukturellen Verbindungen im Gehirn verändern können. Der Auffassung nach ist die Integration im Herzen der Gesundheit anzusiedeln: Wir können uns gegenseitig darin bestärken, neue und effektive Ansätze zu finden, um in unseren Beziehungen, im Gehirn und im Geist Wohlbefinden zu fördern.
Das Dreieck des Wohlbefindens setzt den Geist, das Gehirn und die Beziehungen in ein Bezugssystem, das ihre wechselseitig verbundenen Eigenschaften aufzeigt. Dadurch werden wir bestärkt, eine ganze Spannbreite akademischer СКАЧАТЬ