Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl. Christopher Germer
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Название: Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl

Автор: Christopher Germer

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783867813341

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СКАЧАТЬ Unfall, eine Krankheit, der Tod eines geliebten Menschen. Mit „Widerstand“ sind alle Versuche gemeint, den Schmerz abzuwehren, wie beispielsweise das Anspannen des Körpers oder die ständige Suche nach Möglichkeiten, den Schmerz loszuwerden. „Leiden ist das Resultat unseres Widerstandes gegen den Schmerz. Leiden ist die emotionale Spannung, die wir unserem Schmerz Schicht um Schicht hinzufügen.“

      Bei dieser Formel bestimmt unser Umgang mit dem Schmerz das Ausmaß unseres Leidens. Tendiert unser Widerstand gegen den Schmerz gegen null, so gilt das auch für unser Leiden. Schmerz mal null ist gleich null. Kaum zu glauben? Die Schmerzen des Lebens sind da, aber wir bleiben nicht unnötig darin gefangen. Wir nehmen sie nicht überallhin mit.

      Wir leiden zum Beispiel, wenn unsere Gedanken Stunden und Tage lang darum kreisen, dass wir unsere Aktien vor dem Zusammenbruch des Marktes hätten verkaufen sollen, oder wenn wir uns ununterbrochen Sorgen darüber machen, dass wir vor einem bevorstehenden wichtigen Ereignis krank werden könnten. Natürlich müssen wir uns immer wieder auch Gedanken machen, um Probleme im Vorfeld zu erkennen oder möglicherweise zu verhindern, aber oft bleiben wir im Bedauern über Vergangenes oder in den Sorgen über die Zukunft stecken.

      Schmerz ist unvermeidlich, Leiden nicht. Je tiefer unser emotionaler Schmerz, desto mehr scheinen wir unser Leiden durch zwanghaftes Verhalten, Selbstanklagen und Versagensgefühle zu vergrößern. Das Gute daran ist, dass wir etwas dagegen tun können, weil unser Schmerz in Wirklichkeit meistens Leiden ist – das Resultat unseres erbitterten Kampfes gegen die Erfahrung des Schmerzes.

      Vom Nutzen der Sorgen

      Warum können wir anscheinend nie aufhören, uns Sorgen zu machen? Tom Borkovec von der Pennsylvania State University bat 45 Studenten, die Angst hatten, vor Publikum zu sprechen, sich zehn beängstigende Situationen vorzustellen. „Stellen Sie sich vor, Sie müssten gleich eine wichtige Rede vor einem großen Publikum halten … Sie stehen am Rednerpult und spüren, wie ihr Herz rast …“ Borkovec hatte die Studenten zuvor in drei Gruppen eingeteilt, die jeweils an entspannende, neutrale oder besorgniserregende Dinge denken sollten. Dann ließ er ihre Herzfrequenz messen, während sie an die beängstigenden Szenen dachten. Überraschenderweise wurde bei jenen Studienteilnehmern, die vorab an etwas Besorgniserregendes denken sollten, im Vergleich zu den anderen Teilnehmern keine erhöhte Herzfrequenz festgestellt. Das sorgenvolle Denken verhinderte also tatsächlich, dass die Angst körperliche Symptome hervorrief, welche normalerweise (unbewusst) dazu führen, dass wir uns noch mehr Sorgen machen. Leider zeigte sich jedoch, dass sich jene Teilnehmer, die sich vorab Sorgen gemacht hatten, beim aktiven Visualisieren der beängstigenden Situation mehr Angst fühlten als die anderen, obwohl ihre Herzfrequenz nicht anstieg.

      Wir wollen uns nun vier weit verbreitete Probleme etwas näher anschauen – Rückenschmerzen, Schlafstörungen, die Angst, vor Publikum zu sprechen und Beziehungskonflikte – und uns überlegen, wie sie durch Akzeptanz und Loslassen gemildert werden können.

      Chronische Rückenschmerzen

      Chronische Rückenschmerzen sind ein sehr Kräfte zehrendes Leiden, das in Nordamerika unglücklicherweise weitverbreitet ist. Mindestens fünf Millionen Menschen sind ständig davon betroffen, und das bedeutet, dass 60 – 70% aller Amerikaner irgendwann in ihrem Leben eine Schmerzsymptomatik im unteren Rücken entwickeln. Überraschend ist, dass zwei Drittel der Menschen ohne chronische Rückenschmerzen dieselben funktionellen Rückenprobleme haben wie die Schmerzgeplagten. Was geht also im Geist und im Körper derjenigen vor, die unter chronischen Schmerzen leiden? Widerstand! Betrachten wir Miras Fall.

      Mira ist ein 49-jähriger Yoga-Fan mit einer beachtlichen beruflichen Karriere. Sie gehört gewiss nicht zu den Menschen, die man mit Rückenschmerzen in Verbindung bringen würde, wenn man einmal davon absieht, dass sie an alles, was sie tut, mit außergewöhnlichem Eifer herangeht. Bei einer besonders anstrengenden Yoga-Sitzung durchzuckte sie plötzlich ein stechender Schmerz während einer Vorwärtsbeuge. Kurz darauf verspürte sie ein Kribbeln im Ischiasnerv bis hinunter in die Wade. Sie konnte praktisch nur noch aufrecht stehen oder flach liegen, ohne unter Schmerzen im unteren Rücken zu leiden. Nach einer Kernspintomografie wurde die Diagnose „Bandscheibenvorfall“ gestellt, ein äußerst schmerzhafter Zustand, bei dem die Bandscheibe von den Rückenwirbeln gegen einen Nerv gedrückt wird. Mira verzichtete auf ihre geliebten Yoga-Stunden und konsultierte einen Physiotherapeuten, der ihr beibrachte, Gewichte so zu heben, dass ihr Rücken dabei gerade blieb und nicht schmerzte. Doch die Rückenschmerzen kehrten zurück und wurden im Laufe der Zeit immer schlimmer. Mira war außerdem sehr unglücklich darüber, dass sie ihre intensiven sportlichen Aktivitäten aufgeben musste, die stets ihr wichtigstes Ventil für ihren beruflichen Stress gewesen waren. Sie sah sich zu einem Leben ohne Bergsteigen, Radfahren oder Yoga verdammt. Außerdem machte sie sich Vorwürfe, denn sie gab sich selbst die Schuld an ihrem Bandscheibenvorfall. Diese Mischung aus Sorgen, Selbstvorwürfen, zunehmender innerer Anspannung aufgrund von Bewegungsmangel und sich verschlimmernden Rückenschmerzen ließ Mira schließlich zu der Überzeugung gelangen, dass es am besten wäre, sich einer Operation zu unterziehen.

      Da sie sich vorher, wie es ihre Art war, gründlich informierte, fand sie allerdings heraus, dass die Langzeitprognose für Bandscheibenvorfälle mit Operation nicht besser ist als ohne. Außerdem las sie Ronald Siegels Buch Selbsthilfeprogramm für den Rücken, in dem erklärt wird, dass die effektivste Behandlung bei Bandscheibenvorfällen in der Regel darin besteht, die Angst vor dem Schmerz zu verlieren und die normalen Aktivitäten so bald wie möglich wieder aufzunehmen.

      Das heißt, Gewichte ungefähr so zu heben, wie man es schon immer getan hat, damit die Rückenmuskeln nicht durch Unterforderung schrumpfen. Mira fand auch heraus, dass chronische Rückenschmerzen in den meisten Fällen durch permanente Muskelverspannung und nicht durch strukturelle Anomalien verursacht werden. Und die Muskelspannung erhöht sich sowohl bei Unterforderung als auch bei übermäßigen Sorgen. Zusätzlich verstärken Sorgen oder angstvolle Gedanken die Schmerzsignale und somit unser Schmerzempfinden.

      Mira nahm sich diese Hinweise zu Herzen. Sie ließ sich Massagen für ihre schmerzenden Muskeln verschreiben, benutzte jeden Abend ein Heizkissen und begann mit einem moderaten Training. Ihre Angst schwand in gleichem Maße wie ihre Schmerzen und innerhalb von zwei Wochen hatten sich ihre Rückenbeschwerden um 50 % verringert

      Die meisten Menschen mit chronischen Rückenschmerzen werden nun sagen, dass Mira einfach Glück hatte oder eben eine Ausnahme war. Aber in Wirklichkeit ist sie die Regel. Interessanterweise kommen chronische Rückenschmerzen am seltensten in den Ländern der Dritten Welt vor, wo die Menschen viel mehr körperlich anstrengende Arbeit verrichten als in den Industrieländern. Gewöhnlich wird ein Rückenproblem durch eine Verletzung ausgelöst, aber Miras Rückenschmerzen wurden nicht durch die Verletzung aufrechterhalten. Ihr Widerstand gegen den Schmerz, insbesondere ihre Angst, ihren dynamischen, aktiven Lebensstil aufgeben zu müssen, verschlimmerten ihre gesundheitliche Krise kontinuierlich. Als sie anfing, den körperlichen Schmerz anzunehmen und mit ihm zu arbeiten, konnte sie zu ihrer normalen Lebensweise zurückkehren.

      Unzufriedenheit im Beruf und chronische Rückenschmerzen

      Kreuzschmerzen sind eine der häufigsten und kostspieligsten Ursachen von Arbeitsunfähigkeit. Dabei scheinen psychosoziale Faktoren eine weitaus größere Rolle zu spielen als physische Probleme. Im Rahmen einer von Rebecca Williams et al. durchgeführten Studie wurden 82 Männer zwischen 18 und 52 Jahren untersucht, die über Zeiträume von 6 bis 10 Wochen unter Rückenschmerzen litten. Williams wollte herausfinden, ob ein Zusammenhang zwischen beruflicher Unzufriedenheit und Schmerzen, psychischen Problemen und/oder Arbeitsunfähigkeit besteht. Sechs Monate später klagten die Arbeiter, die mit ihrer beruflichen Situation zufrieden waren deutlich weniger über Schmerzen und Einschränkungen durch Rückenprobleme und zeigten auch weniger Stresssymptome. Der soziale Status und die Art der Arbeit hatten keinen Einfluss auf die Ergebnisse dieser Studie, die darauf hinweisen, dass Menschen, die mit ihrer СКАЧАТЬ