Название: Chronik von Eden
Автор: D.J. Franzen
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783957771285
isbn:
»Kein Problem, dann trinke ich für euch einen mit. Gesegnet seien die Gaben des Herrn.«
Patrick schraubte die Flasche auf, setzte sie direkt an und nahm einen kräftigen Schluck. Dann schüttelte er sich. »Pfui Deibel, tut das gut.«
»Übertreiben Sie’s aber nicht mit dem Zeug.« Sandra sah den Pfarrer kritisch an. »Wenn sie sich den Kanal zusaufen und nicht mehr auf eigenen Beinen gehen können, dann lasse ich Sie genauso zurück wie jeden anderen, der uns über die Maßen aufhält.«
»Von zusaufen kann gar keine Rede sein. Ich habe mir nur einen zur Verdauung genehmigt. Das wird wohl noch erlaubt sein.«
»Ich wollt’s nur klarstellen, nicht dass es hinterher heißt, ich hätte mal was sagen können.«
»Nachdem das geklärt ist, können wir ja jetzt mit dem Unterricht beginnen. Selbstverständlich sind die Erwachsenen herzlich eingeladen, ebenfalls daran teilzunehmen.«
»Und was ist mit dem Abwasch?«, wollte Rosi wissen.
»Das war doch nur ein Witz.« Tom grinste schief. »Regina weiß doch so gut wie alle anderen, dass sie dieses Haus morgen früh zusammen mit uns für immer verlassen wird.«
»Ach so.« Rosi wurde ein wenig rot. »Steht es denn schon fest, dass wir nie wieder hierher zurückkehren werden?«
»Für den Moment sieht es zumindest so aus, ja.« Sandra nickte. »Jetzt ist zuerst einmal wichtig, dass ich euch in Sicherheit bringe. Danach sehen wir weiter.«
»Ich verstehe.« Rosi versuchte, ein tapferes Gesicht zu machen, obwohl jeder sehen konnte, dass sie in diesem Moment am liebsten losgeheult hätte.
»Ich denke, es ist das beste, den Unterricht mit einer Lesung aus der Bibel zu beginnen«, ergriff Patrick wieder das Wort. »Denn in den Worten des Herrn hat schon so mancher Trost gefunden, der sich verloren glaubte.«
»Ich suche mir ’ne Ecke zum Pennen.« Martin stand mühsam auf. »Ich will heute Nacht fit sein, um auch eine Wache übernehmen zu können.«
Während er das Zimmer verließ, hörte er, wie Patrick damit begann, gemeinsam mit den anderen ein Vater Unser zu beten.
*
Martin wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, als er plötzlich hochschreckte. Draußen war es noch hell, und er musste ein paarmal blinzeln, bis er wieder einigermaßen klar sehen konnte.
Sein Affe war fürs Erste verschwunden, und sein Magen hatte sich ebenfalls beruhigt. Trotzdem war er sich sicher, den Entzug noch nicht überstanden zu haben.
Martin trat ans Fenster und blickte hinaus. Die Straße lag immer noch verlassen da. Hatte er geglaubt, dort draußen würden sich nach und nach Zombies zusammenrotten, um sich das Frischfleisch aus dem kleinen hellblauen Haus zu holen, so hatte er sich getäuscht.
Am Stand der Sonne erkannte er, dass es auf den Abend zugehen musste. Hunger verspürte er trotzdem keinen, auch wenn sein Magen immer noch leer war. Kurz überlegte er, ob er sich vorbeugend eine Dosis Nasenspray verabreichen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Er würde auch so wieder vollends auf die Beine kommen.
Sein Traum fiel ihm wieder ein. Ja, er hatte geträumt, wenn auch merkwürdig diffus und verwaschen. In seinem Traum war er durch eine wunderschöne Parklandschaft gegangen. Auf einer Wiese war eine Gruppe Kinder gewesen, die einen Kreis bildeten und sich an den Händen hielten. Während sie langsam um den imaginären Mittelpunkt des Kreises gingen, sangen sie ein fröhliches Kinderlied.
Die ganze Szenerie hatte etwas Unwirkliches gehabt, aber das war bei einem Traum nicht weiter verwunderlich. Dann fiel ihm wieder ein, was ihn so sehr daran gestört hatte. Immer wieder war eine Stimme zu hören gewesen, die sanft »das ist der Garten Eden« gewispert hatte, und im Hintergrund waren Sphärenklänge zu hören gewesen.
Martins Miene verfinsterte sich. Hier hatte sich wohl der Text aus dem Lied der Kinder mit Patricks ständigem Gerede über Gott und die Bibel zu einem kitschigen Gemälde der Glückseligkeit vereint. Es hatte nur noch gefehlt, dass weiße Tauben aufflogen und die Chöre der Engel aus den Wolken hervorbrachen, um ein Hosianna anzustimmen. Und das ihm, wo er doch mit der Kirche rein gar nichts am Hut hatte und auch keinerlei Interesse zeigte, dies zu ändern.
Überrascht stellte Martin fest, dass er plötzlich doch Hunger bekam. Vielleicht war ja vom Mittagessen noch etwas übrig. Auf dem Weg in die Küche verflogen die Gedanken an den Traum und machten denen an weltlichere Dinge Platz.
*
Nachdem Martin sich ein wenig gestärkt hatte, betrat er das Wohnzimmer. Dort ging Sandra wie ein gereizter Tiger auf und ab. Patrick, Stephan und die Kinder hatten sich offenbar in andere Bereiche des Hauses zurückgezogen.
»Was ist denn los?«, wollte er von ihr wissen. »Ist irgendetwas passiert?«
»Nein.«
»Aha. Und warum versucht du dann, eine Rille in den Teppichboden zu gehen?«
»Wie?« Sandra blieb stehen und sah ihm direkt ins Gesicht. »Ach so, das. Dieses Herumgesitze macht mich wahnsinnig.«
»Es war deine Entscheidung, die Nacht hier zu verbringen.«
»Das weiß ich selbst. Schließlich habe ich mein Gehirn nicht mit irgendwelchen Drogen ruiniert. Du wirst es kaum glauben, aber ich kann mich abends durchaus noch daran erinnern, was ich mittags gesagt habe.«
»Es war nicht böse gemeint.«
»Das will ich dir auch geraten haben, denn schließlich bist du einer der beiden Gründe, warum ich mich überhaupt entschlossen habe, hier einen weiteren halben Tag zu verlieren, anstatt endlich in die Sicherheit des Fliegerhorsts zu gelangen.«
Martin wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Wieder einmal stellte er fest, dass er sich zu Sandra hingezogen fühlte, egal wie gemein, ruppig und kalt sie auch mit ihm umsprang. Er fragte sich, ob diese Frau selbst überhaupt wusste, über welche Kraft sie verfügte? Hätte er sie schon vor ein paar Jahren kennengelernt, hätte er das mit dem Nasenzucker vielleicht nie angefangen. Dann riss ihn Sandras Stimme aus seinen Gedanken.
»Wenn es dunkel wird, hauen wir uns alle hin. Vorher werden noch die Wachen eingeteilt. Bleibst du dabei, dass du auch eine übernehmen willst?«
Martin nickte stumm.
»Gut. Ich mache auf jeden Fall die Schicht vor dir. Wenn ich dich wecke, schaue ich mir genau an, ob du auch wirklich dazu in der Lage bist.«
*
Patrick hatte die zweite Schicht der Nachtwache. Er fand das logisch, denn auf diese Weise hatte Sandra die dritte und Martin die letzte, so dass sich dieser noch einmal gründlich ausschlafen konnte, bevor er für die Sicherheit der anderen zuständig war.
Der Entzug des jungen Mannes schien merkwürdigerweise in Wellen zu verlaufen. Patrick hatte noch nie gehört, dass das der Fall war, aber er kannte sich auch nicht wirklich gut mit so etwas aus. Vielleicht war es ja auch einfach ein Geschenk des Herrn, der damit dafür sorgte, СКАЧАТЬ