Kaltfront. Petra Gabriel
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Название: Kaltfront

Автор: Petra Gabriel

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

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isbn: 9783955520236

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СКАЧАТЬ hatte nichts bemerkt, sich eingebildet, ganz vorsichtig gewesen zu sein. Doch das waren geschulte Agenten, und sie war nur eine ganz gewöhnliche Frau, eine Sekretärin. Noch nicht einmal technisch begabt, anders als ihre Schwester Ursula.

      Peter Klaus hatte sie nicht gerne aufgenommen, obwohl er von Bendler nichts wusste. Er lebte auch nur zeitweise am Fraenkelufer, immer dann, wenn er selbst untertauchen musste oder einen seiner «Kontakte» traf. Aber er hatte sich breitschlagen und Lenchen und sie bis auf weiteres dort wohnen lassen.

      Doch man entkam diesen Leuten nicht, wenn sie sich erst einmal festgebissen hatten, das hätte sie eigentlich wissen müssen. Dieser Bendler vom MfS, Deckname «Käthe», hatte sie auf dem Weg zur Arbeit abgepasst. «Käthe». Wie albern – und gleichzeitig verharmlosend! Das klang nach Käthe-Kruse-Puppe. Nun, ihr eigener Deckname war auch nicht viel besser. Ja, sie hatte jetzt ebenfalls einen: «Mäuschen». Eine Verniedlichung des Irrsinns, das waren diese Namen.

      Das war überhaupt alles absurd. Ida wusste, sie musste den anderen von der KgU eigentlich erzählen, dass das MfS von der Wohnung am Fraenkelufer wusste. Auch für die Genossen von der SPD wäre es wichtig gewesen zu erfahren, dass das MfS an einer der Ihren dran war. Aber wie sollte sie das erklären? Sie wäre aufgeflogen. Ida hasste sich für diese Heimlichtuerei. Zeit ihres Lebens war sie immer geradeheraus gewesen. Inzwischen lagen ihr die vielen Geheimnisse, die sie bewahren musste, wie Steine auf der Seele.

      Erneut fragte Ida sich, von wessen Kugel sie erwischt worden war. Dieses ganze Geflecht aus Lügen und Betrügereien war so schwer zu durchschauen. Waren die Leute von der KgU oder der SPD dahintergekommen, dass sie ein doppeltes Spiel spielte? Die hatten alle Kontakte zur Organisation Gehlen oder zur CIA, während sie ganz allein für ihre Familie kämpfen musste. War es die Kugel des Kommissars gewesen oder die eines Unbekannten, der sie im Auftrag des MfS umbringen sollte? Jetzt, wo sie getan hatte, was sie sollte, wurde sie wohl nicht mehr gebraucht. Oder sie wollten sie nur erschrecken und zur Räson bringen, damit sie brav weiterfunktionierte. Denn wenn diese Leute schossen, dann trafen sie meist auch. Dabei wäre es überhaupt nicht nötig gewesen, ihr Angst zu bereiten. Davon hatte sie auch so genug.

      Für das Gaswerk Mariendorf, wo sie als Sekretärin arbeitete, würden die Zeitungen morgen eine innerbetriebliche Störung melden. In diesen kalten Tagen war es besonders schlimm, wenn es auch noch Probleme mit dem Gas gab. Die Berliner Elektrizitätswerke, die BEWAG, schafften es entgegen den Meldungen in den Zeitungen tatsächlich kaum, genügend Energie für all die Heizsonnen zu erzeugen, die in diesen Tagen angeschaltet wurden. Nicht auszudenken, wenn jetzt auch noch die Gasthermen ausfallen würden! Aber genau das wollten die im Osten. Im Westen von Berlin sollte alles vor die Hunde gehen, während sie im Osten mit einer reibungslosen Versorgung der Bevölkerung glänzen konnten.

      Dafür waren ihnen alle Mittel recht. Sie setzten selbst auf ihre eigenen Leute Spitzel an, zum Beispiel auf Mitarbeiter von wichtigen Stromerzeugern der Stadt wie den Kraftwerken Klingenberg und Rummelsburg. Die lagen seit der Teilung im Sowjetischen Sektor. Dort waren sie auf der Hut, seit die KgU einst für Störfälle gesorgt hatte, um die Bevölkerung gegen die Regierung in Pankow aufzubringen. Es hatte nichts genutzt. Im Gegenteil, nun wandten die aus der Zone dieselben Methoden im Westen an. Irgendwie konnte Ida es ihnen noch nicht einmal verdenken. Aber sie war zu ihrem Werkzeug geworden. Ihr wurde erneut flau bei dem Gedanken. Was hätte sie auch tun sollen? Sie hatte keine andere Wahl gehabt.

      Dass es das MfS war, das sie ausschalten wollte, schien ihr plötzlich am wahrscheinlichsten zu sein. Es musste noch eine weitere Person im Betrieb geben, die für den Osten arbeitete. Wie sonst hätten sie wissen können, dass sie diese neue Anlage zur Heizölspaltung schon beschädigt hatte und also nicht mehr gebraucht wurde? Ohne Uwe Müllers Fachwissen wäre ihr das nie möglich gewesen. Ob sie nun auch hinter ihm her waren? Sie musste ihn unbedingt warnen.

      Aber woher wusste die Polizei schon von dem Störfall? Und wie waren sie so schnell auf sie gekommen und hatten auch noch herausgefunden, wo sie steckte? Oder hatte es ganz andere Gründe dafür gegeben, dass die Polizisten aufgetaucht waren?

      Vielleicht hätte sie einfach bleiben sollen. Doch sie war kopflos weggelaufen und hatte Lenchen noch schnell befohlen, in ihrem Versteck in der Küche auf sie zu warten. Doch Lenchen hielt sich schon lange nicht mehr an Befehle, sie tat, was sie wollte.

      Ida Berkowitz zog die rechte Hand aus dem Muff und schaute auf die Uhr. Ihr Kopf und die Verletzung an ihrer Seite pochten um die Wette. Sie musste dringend Schmerzmittel auftreiben. Am Abend würde Bendler am vereinbarten Treffpunkt auf sie warten. Ob sie hingehen sollte? Sie musste. Vorher musste sie aber unbedingt noch einmal in die Wohnung am Fraenkelufer, um nach Lenchen zu sehen. Vielleicht fand sie dort auch noch Tabletten, die ihre Schmerzen etwas linderten. Hoffentlich war das Mädchen da. Hoffentlich!

      KAPITEL VIER

       in dem zwei Kappes heimlich eine Wohnung aufsuchen und nicht nur einen Toten finden

      EINE WEILE beobachtete die Frau in dem viel zu großen Ulstermantel das Haus am Fraenkelufer. Doch es blieb alles ruhig. Wie es schien, waren die Polizisten abgezogen. Ida Berkowitz atmete erleichtert auf. Vielleicht wurde doch noch alles gut. Und vielleicht hatte Lenchen ausnahmsweise gehorcht.

      Ida schaute sich um. Es war gerade niemand auf der Straße, und sie nutzte die Gelegenheit, sich ins Haus zu schleichen. Ungesehen kam sie ins Gebäude und schloss leise die Wohnungstür auf. Stille empfing sie. Und Kälte. An den Fenstern hatten sich bereits Eisblumen gebildet.

      «Lehnchen! Lenchen, bist du da?» Keine Antwort. Ida rannte in die Küche und schob den Vorhang zwischen Spüle und Kohleherd zur Seite. Das Versteck war leer. Ebenso die Stube. Als sie ins Schlafzimmer kam, erstarrte sie mitten in der Bewegung. Auf dem Bett lag, regungslos und bleich, ein Mann. Unter ihm hatte sich ein roter Fleck ausgebreitet. Die Matratze hatte das Blut breitflächig aufgesogen. Erst traute sie sich nicht, näher an die Gestalt heranzutreten. Dann schlich sie sich näher, so leise, als könne sie den Toten im Schlaf stören. Das war Peter Klaus. Der Nachrichtenhändler, der sie und Lenchen bei sich aufgenommen hatte. Er arbeitete beim Büro Ost der West-Berliner SPD mit, lieferte aber auch Informationen an die KgU. Die beiden Organisationen hatten dasselbe Ziel: den Kommunismus auszuhebeln und die DDR zu destabilisieren. Deswegen kooperierten sie eng bei dem Versuch, Genossen von der SED abzuwerben und für die westlichen Werte zu gewinnen.

      Ida war ebenfalls SPD-Mitglied. Wie Ursula. Doch sie selbst hatte es leichter gehabt als ihre Schwester, die in der Zone wohnen geblieben war. Nach der Zwangsvereinigung der SPD mit der KPD waren von dort viele in die Westsektoren übergewechselt – nicht aber Ursula. Die wollte bleiben und für eine bessere Welt kämpfen. Es gab noch immer kleine Grüppchen von SPD-Treuen in den Betrieben drüben, die aus der Bundesrepublik unterstützt wurden, mit Geld, mit Infrastruktur und mit Wohnungen im Westen, wenn jemand fliehen wollte. Ursula hatte zu einer dieser Gruppen gehört. Und nun saß die Schwester im Gefängnis.

      Ob Peter Klaus ein überzeugter Sozialdemokrat war, vermochte Ida nicht zu sagen. Er verkaufte seine Nachrichten an alle, die ihm etwas dafür bezahlten: die CIA, die Organisation Gehlen, an Zeitungen, an die SPD. Er lieferte zudem Informationen für das Archiv der KgU über im Russlandfeldzug verschollene Soldaten oder solche, die in Straflagern verschwunden und niemals wiederaufgetaucht waren. In den letzten Jahren hatte die KgU umfangreiches Material über oft schreckliche Schicksale zusammengetragen.

      Manchmal hatte Peter Klaus Nachrichten in einem toten Briefkasten bei einem Baum in der Nähe der Wohnung deponiert. Hatte eine dieser dunklen Gestalten, die sie abholten, ihn umgebracht, weil er gefälschte Nachrichten verkauft hatte? Das tat er nämlich immer wieder. Er schrieb die sensationellsten Berichte, die sich nicht selten aus Zeitungsnachrichten, Gerüchten und der eigenen Einbildungskraft nährten. Je spektakulärer die Meldungen waren, umso besser СКАЧАТЬ