Schuld ohne Reue. Günther Drutschmann
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Название: Schuld ohne Reue

Автор: Günther Drutschmann

Издательство: Автор

Жанр: Короткие любовные романы

Серия:

isbn: 9783954889181

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СКАЧАТЬ so genau. Man kannte sich noch nicht so gut.

      Die beiden grüßten einander sehr artig und gingen ihrer Wege.

      Michael sinnierte ein bisschen auf dem Weg zur Arbeit, das Hauptpostamt lag nur etwa fünf Minuten von seiner Wohnung in der Metzelstraße entfernt. Jaja, diese Juden, dachte er, haben Geld wie Heu, es klebt sozusagen an ihnen.

      Michael hatte eigentlich nichts gegen sie. Er wohnte sogar im Judenviertel der Stadt. In seiner Straße wohnten viele und eine Querstraße weiter auf dem Zuckerberg lag die Synagoge. Trotzdem hegte er eine leichte Abneigung gegen sie. Das war aber nicht böse gemeint und ging auch nicht sehr tief. Als guter Katholik schaute er schon deshalb auf sie herab, hatten sie doch unserer Herrn Jesus ans Kreuz geschlagen. Das jedenfalls sagten die Kirche und die Priester. Michael war kein ledernder Theologe, das Thema interessierte ihn nicht sonderlich, er fühlte sich als guter und linientreuer Katholik. An theologischen Spitzfindigkeiten war er nicht interessiert. Als guter Katholik wählte er das Zentrum und war Mitglied in der Marianischen Bürgersolidarität. Dort hatten allerdings die Juden nichts zu suchen.

      Diese Silbersteins waren trotz ihres Reichtums anscheinend recht nette Leute, und dass sie Juden waren, merkte man kaum. Anna hatte sogar mit Frau Silberstein schon einige Worte gewechselt und sie schienen ganz in Ordnung. Natürlich standen sie auf der bürgerlichen Stufe höher als sie, Michael war Postbote und Anna Schneiderin. Aber Michael war fest entschlossen, gesellschaftlich aufzusteigen und Anna nahm ob ihrer Intelligenz die Sympathien ihrer Nachbarin ein. Anna sprach ein fehlerfreies Hochdeutsch und konnte sich gut ausdrücken. Sie fühlte sich als Städterin, war hier geboren und die Tochter eines königlich preußischen Postillion.

      Michael erreichte das Hauptpostamt und ging an seinen Arbeitsplatz. Er war hier gut gelitten, galt als angenehmer und ausgezeichneter Kollege, wurde von seinen Vorgesetzten ob seines Fleißes, seiner Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit hoch geschätzt. Es war ihnen auch schon aufgefallen, dass er sich schriftlich und mündlich sehr gut ausdrücken konnte. Sie gaben ihm zu verstehen, dass sie ihn für höhere Aufgaben durchaus geeignet hielten.

      Diese Fähigkeiten, obschon er nur ein einfacher Bierbrauer war, fielen vor Jahren dem Spieß seines Regiments auf, in dem er gedient hatte. Dieser nahm ihn auf das Geschäftszimmer und machte ihn auf seine Fähigkeiten aufmerksam. Gerne hätten sein Hauptmann und der Spieß ihn beim Regiment behalten, Michael stellte ob seiner stattlichen Statur etwas dar, war der Flügelmann der Kompanie und bei allen gut gelitten. Er war gerne Soldat und ein ausgezeichneter dazu. Wenn sich Michael auch beim Militär wohlfühlte, als guter Deutscher musste er gedient haben, er wollte aufsteigen. Und so liebte er es doch nicht so sehr, um dort zu bleiben. Der Spieß gab ihm aber den Tipp, sich nach der Dienstzeit bei einer Behörde zu bewerben und schlug ihm den Postdienst vor. Dort wurden Briefträger gesucht und er hatte die Chance, beruflich aufzusteigen, wenn er ehrgeizig und fleißig war. Michael nahm diese Gelegenheit wahr und bewarb sich zum Ende seiner Militärzeit. Aufgrund der hervorragenden Dienstzeugnisse, das ihm sein Kompaniechef ausstellte, wurde er sofort angenommen. Jetzt versah er seit vier Jahren diesen Dienst und seine Vorgesetzten hielten ihm alle Aufstiegsoptionen offen. Da er aber ein ausgezeichneter Arbeiter war, wollte ihn sein Chef nicht so schnell verlieren und vertröstete ihn immer wieder, um ihn so lange wie möglich halten zu können.

      Nachdem Michael seine Posttasche sortiert hatte, schwatzte er noch etwas mit einem Kollegen, mit dem er zusammen im Postmännerchor war und zog dann los. Unterwegs kam er ins Grübeln, der Hauptmann von Köpenick beschäftigte ihn immer noch und was er mit Anna geredet hatte. Dieser komische Hauptmann untergräbt die Säulen der Gesellschaft, ging es ihm durch den Kopf, ein vaterlandsloser Geselle, der seinen Platz nicht kennt. Ich kenne den meinen und werde ihn ausbauen. Der Staat und seine Grundsätze sind mir heilig. Ich habe in den letzten Jahren viel erreicht und das ist noch nicht das Ende. Ich komme doch aus ganz kleinen bäuerlichen Verhältnissen, meine Eltern waren gottesfürchtig und streng katholisch, mein Vater hart und unbarmherzig. Aber große Rosinen im Kopf hatten sie nicht. Bauer sollte ich werden, obwohl der Lehrer in der Schule meinen Eltern sagte, ich habe einen guten Kopf zum Studieren. Undenkbar für meinen Vater, ein Studierter in der Familie, das ging über seinen Horizont, außerdem waren wir viel zu arm, um es bezahlten zu können.

      Nach vielen hin und her und einiger Tracht Prügel erreichte ich immerhin, nicht Bauer werden zu müssen, sondern eine Lehre bei der Unionbrauerei als Küfer machen zu dürfen. Eigentlich bin ich handwerklich eine Niete, aber mein Fleiß und die Gewissenhaftigkeit meiner Arbeit verdeckten dieses Defizit. Natürlich hätte ich viel lieber eine kaufmännische Lehre gemacht, aber Vater lehnte das entschieden ab. Sein Wort war Gesetz für uns.

      Wie erging es meinem jüngeren Bruder Johann? Er war sehr musikalisch und was musste er werden? Bauer! Obwohl er noch mehr zwei linke Hände hat wie ich. Immerhin erbarmte sich der Organist unserer Kirche und brachte ihm das Notenlesen und Orgelspielen bei. Jetzt ist er Aushilfsorganist und macht das lieber als die Landwirtschaft.

      Michael verteilte einige Briefe und redete mit den Leuten, die ihn gerne mochten. Sie schätzten seine Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Zuverlässigkeit. Zwar flößte er in der Uniform den Leuten Respekt ein und das gerade war es, was seine Ausstrahlung ausmachte, die imposante Gestalt und der freundliche Charakter.

      Ich habe es richtig gemacht, auf den Spieß zu hören. Und mit Anna habe ich eine gute Frau gefunden, mit ihr kann man ein Leben aufbauen. Nur ihre Ideen zur Kindererziehung passen mir nicht. Das sind die Stadtleute mit ihren Idees. Aber hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Von den Kindern verlange ich das, was der Staat auch von mir verlangt, Gehorsam und Disziplin. Ich werde wie mein Vater sein, streng und unerbittlich, keinen Widerspruch duldend. Ein Kind hat keinen eigenen Willen zu haben, es muss das tun, was die Eltern von ihm verlangen. Das werde ich meinen Kindern einbläuen und wenn es sein muss auch einprügeln. Außerdem Respekt vor meiner Person. Das werde ich von ihnen und meinem Umfeld einfordern. Trotz meiner an sich großen Gutmütigkeit bin ich ein harter Mann. Es verhindert, im Leben für dumm verkauft zu werden. Gutheit wird immer als Schwäche ausgelegt. Was ich erreicht habe, lasse ich mir nicht mehr nehmen, von niemandem. Wir haben eine schöne Drei-Zimmer-Wohnung, die Anna tipp topp hält. Natürlich verdiene ich als Briefträger nicht die Welt, als Bierbrauer hätte ich mehr verdient. Aber ich denke an die Zukunft. Mit tausendfünfhundert Mark im Jahr muss man haushalten, und das kann meine Anna. Als Schneiderin verdient sie noch etwas dazu, so dass wir gut über die Runden kommen. Große Sprünge sind nicht drin, es reicht für ein bescheidenes Glück.

      2.

      Albert arbeitete den ganzen Nachmittag in Graf Galens Studierzimmer an den Bücherregalen. Dieses Zimmer war recht groß, die Regale gingen bis zur Decke und waren mit Büchern bestückt. Albert liebte Bücher und schaute ab und zu in eines hinein, wenn er eine kleine Pause machte. In der Mitte des Raumes stand ein großer Schreibtisch nebst Stühlen. An einer Wandseite sah man ein Sofa mit einem kleinen Tisch und zwei schönen Sesseln. Das gab dem Raum eine gewisse Gemütlichkeit und nahm ihm die Strenge. Neben dem Sofa korrespondierte ein großer Ofen, der den Raum im Winter schön heizte. Der Boden war mit Teppichen ausgelegt. Auf dem kleinen Tisch gruppierte sich ein großer Aschenbecher und eine Zigarrentasche, der Graf rauchte leidenschaftlich gerne. Auf einer kleiner Kredenze daneben fand sich eine Karaffe mit Cognac nebst einiger Flaschen Weins und Gläsern.

      Nach dem Abendessen und der Abendandacht ging Albert wieder in das Studierzimmer, um seine Arbeit zu vollenden. Er war ein sehr gewissenhafter Arbeiter, der nichts unverrichtet hinterließ. Er hasste es, halbe Sachen zu machen und war ein Ästhet der Perfektion. Seine Arbeitgeber und Graf Galen schätzten seine hervorragende Schreinerarbeit und so hatte er immer genug zu tun. Mit den anderen Kolpingbrüdern hielt er nur losen Kontakt. Er hasste das Herumlungern in Kneipen und den Alkohol. Er ließ sich dort so gut wie nie sehen. Natürlich trank er auch gerne einmal ein Glas Wein oder Bier, aber immer sehr mäßig, ja fast schon spartanisch. Überhaupt lebte er sehr genügsam, war äußerst sparsam in allen Bereichen, bescheiden СКАЧАТЬ