Название: Schatten über Adlig-Linkunen
Автор: Dieter Janz
Издательство: Автор
Жанр: Исторические детективы
isbn: 9783944224008
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Der Tod des Gutsverwalters erfüllte alle auf Adlig-Linkunen mit tiefer Trauer. Wilhelm-Antonius Aufgabe war es jetzt, einen neuen Verwalter zu bestellen. Es gab etliche schriftliche Bewerbungen und die Entscheidung war nicht leicht. Tagelang verzog sich Kokies in sein Arbeitszimmer, um alle Referenzen und Zeugnisse zu studieren. Dabei fiel ihm Eine ganz besonders ins Auge. Ein gewisser Franz Perloff, er war zwar noch sehr jung, hatte aber schon Erfahrung auf Landgütern gemacht, vorzügliche Referenzen und Zeugnisse vorzuweisen und eine ausführliche, vielsagende Bewerbung geschrieben. Seine Eltern bewirtschafteten einen der Lehenshöfe von Adlig-Linkunen, und zwar mit großem Erfolg. Kokies hatte den jungen Mann zwar nie persönlich kennengelernt, aber er wusste, dass ihm ein guter Ruf vorauseilte. Schließlich traf er die Entscheidung und schickte einen Boten zu Franz Perloff mit der Aufforderung, sich in Adlig-Linkunen vorzustellen. Dieser erschien dann auch pünktlich zu dem genannten Termin.
Es war ein für Ende November außergewöhnlich sonniger Tag, als Franz Perloff am frühen Nachmittag die Klingel am Hauptportal des Herrenhauses in Adlig-Linkunen betätigte. Der Butler öffnete und fragte: „Sind Sie Herr Perloff?“
„Der bin ich. Herr Kokies hat mir einen Termin für heute zwei Uhr Nachmittag geben lassen.“
Den Grund seiner Vorladung nannte er nicht, weil er annahm, der Butler wisse es ohnehin. „Bitte treten Sie ein, ich werde Sie melden.“
Perloff folgte Doepius in die Eingangshalle. Der Butler verlor zwar nicht allzu viele Worte, aber an seinem freundlichen Lächeln merkte Perloff, dass er willkommen war. Die Eingangshalle wirkte trotz ihrer Größe fast schon gemütlich. Sie war in hellen Holztönen gehalten; zwei Treppen führten in leichtem Schwung auf der dem Hauptportal gegenüberliegenden Seite nach oben zu einer Empore. Sowohl diese wie auch die Treppen zierten kunstvoll gedrehte schmiedeeiserne Geländer. Die Empore erstreckte sich über drei Seiten der Halle. Von dem unteren Teil der Halle gingen zahlreiche Türen zu anderen Bereichen des Herrenhauses. Dennoch war genügend Platz an den Wänden, um bequem gepolsterte Stühle und kleine Sessel aufzunehmen. Außerdem hingen etliche in Öl gemalte Portraits mit wunderschönen Rahmen an den Wänden: die Ahnengalerie der Familie Kokies. Überall standen wie zufällig platziert, kleine Tischchen und Säulen, auf denen sich Vasen mit frischen Blumen befanden. Im November frische Blumen zu haben, bedeutete, dass das Gut ein großes und beheiztes Gewächshaus besaß, ein Luxus, der auf Friederikes Liebe zu bunten Blumen beruhte. In der Tat wirkte dadurch die Halle freundlicher und heller.
Doepius bot Perloff Platz auf einem der Sessel an.
„Bitte gedulden Sie sich einen Moment“, sagte er freundlich, „es wird nicht allzu lange dauern, bis ich Sie zu Herrn Kokies vorlasse.“
Dennoch hatte Perloff genügend Zeit, die Eingangshalle von seinem Platz aus zu studieren. Er saß in der Nähe eines Kamins, in dem ein gemütliches Feuer knisterte und eine derangenehme Wärme verbreitete. An der Stirnseite des Raumes ließen zwei große Fenster das Sonnenlicht hindurch. Da Kokies ein wichtiges Telefonat führte, verlängerte sich die Wartezeit beträchtlich. Die Verbindung war schlecht, so dass jeder Satz zwei- oder dreimal gesagt werden musste.
Doepius erschien zwischendurch in der Halle und entschuldigte die Verspätung, aber Perloff wurde es nicht langweilig, den Blick in der Halle umherschweifen zu lassen. Er hatte zwar schon in einem Herrenhaus gedient, aber dessen Vestibül war nicht annähernd so schön wie dieses.
Nach einer Weile öffnete sich eine der Türen und Anna trat in die Eingangshalle. Sofort erhob sich Perloff und verbeugte sich höflich.
„Ah, wir haben Besuch! Guten Tag der Herr.“ Sie trat auf Perloff zu und streckte den Arm aus. Dieser wusste nicht, ob er jetzt einen Handkuss andeuten oder die Hand ergreifen sollte und errötete leicht. Aber Anna nahm ihm die Entscheidung ab, in dem sie ihrerseits seine Hand ergriff und leicht schüttelte.
„Gestatten, mein Name ist Perloff, Franz Perloff“, sagte er leicht verlegen, „ich, ...ich bin hier, um...um mich zu bewerben.“
„Aha, dann müssen Sie der Anwärter für den Posten des Gutsverwalters sein. Sie sind noch sehr jung. Ich heiße Anna Doepius“, antwortete sie lächelnd. Perloff ertappte sich dabei, wie er Anna bewundernd anstarrte. Anna zog langsam ihren Arm zurück und sprach munter weiter: „Aber das Alter hat ja nicht unbedingt etwas zu sagen, Herr Kokies wird sicherlich die richtige Entscheidung treffen.“
„Das nehme ich auch an“, stimmte er ihr zu. Die Bemerkung über sein Alter belustigte ihn ein wenig, da Anna zweifellos noch etliche Jahre jünger war als er. Die Unterhaltung wurde durch das Erscheinen von Doepius unterbrochen. Dieser warf Anna lächelnd einen freundlichen Blick zu und wandte sich zu Perloff: „Der gnädige Herr lässt bitten, wenn Sie mir bitte folgen wollen.“ Während er hinter Doepius herging, drehte er sich noch einmal zu Anna um und sah, wie sie beide Daumen drückend ihre Arme leicht erhoben in seine Richtung hielt und lächelte. Perloff lächelte zurück. Als der Butler kurz zurücksah und die Situation bemerkte, zog er zunächst beide Augenbrauen hoch, um anschließend ebenfalls leicht zu lächeln.
Doepius führte Franz Perloff ins Arbeitszimmer des Gutsherrn. Kokies saß an seinem Schreibtisch und erhob sich, um ihn zu begrüßen und bot ihm einen Platz an. Perloff hatte vor diesem Termin lange geübt, vor allem höfliches Benehmen. Also wartete er, bis sich Kokies wieder hingesetzt hatte, bis er selbst den angebotenen Platz einnahm.
Das Vorstellungsgespräch dauerte lange, Kokies stellte präzise Fragen. Perloff kam sich vor wie in einer Prüfung und begann zu schwitzen. Langsam näherte sich das Ganze dem Ende und Kokies sagte zu Perloff: „Sie sind noch sehr jung.“ Das hatte Perloff heute schon einmal gehört. „Trauen Sie sich eine solch verantwortungsvolle Tätigkeit in vollem Umfang zu?“
„Ich glaube schon, gnädiger Herr.“
„Glauben oder wissen Sie es?“
Perloff nahm sich mit der Antwort Zeit: „Ich gehe davon aus, dass Sie Ehrlichkeit von mir erwarten, also: Ich glaube es. Wissen kann ich es erst, wenn ich die Stellung bekomme und meine Arbeit aufgenommen habe.“
Kokies sah ihn streng an. Auch er nahm sich Zeit, bevor er sprach: „Diese Antwort gefällt mir!“ Er läutete nach seinem Butler, der sofort erschien. „Doepius, bitten Sie doch mal meine Frau, zu mir zu kommen.“ Perloff wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. War das eine Aufforderung für ihn zu gehen? Als er Anstalten dazu machte, deutete Kokies ihm an, sitzen zu bleiben. Kurz darauf erschien Friederike.
„Darf ich dir Herrn Franz Perloff vorstellen, meine Liebe. Er bewirbt sich als Gutsverwalter.“
Damit hatte der junge Mann nicht gerechnet, und es schien ihm, als beginne jetzt der schwierigste Teil der Prüfung. Aber Friederike verstand es geschickt, ihn in ein scheinbar belangloses, freundliches Gespräch zu verwickeln und entlockte ihm dabei doch recht persönliche Dinge. Perloff war von der Gutsherrin beeindruckt. Sie war ausgesprochen hübsch, charmant und wirkte sehr jung. Er wusste, dass sie zwei erwachsene Kinder hatte, anzusehen war es ihr nicht.
Als auch dieses Gespräch beendet war, bat Kokies den Bewerber, einen Moment vor dem Arbeitszimmer zu warten. Der herbeigerufene Doepius führte ihn hinaus und bot ihm Platz auf einem Stuhl nahe dem Arbeitszimmer an.
„Was meinst du, was hältst du von ihm?“ begann Kokies das Gespräch, sofort nachdem die Tür geschlossen wurde.
„Er ist nett, höflich, dennoch zurückhaltend. Macht einen guten Eindruck auf mich. Aber was hältst du von seiner Kompetenz?“
„Nun, СКАЧАТЬ