Название: Die Forsyte-Saga
Автор: John Galsworthy
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066499952
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In diesem Augenblick jedoch stand einer der fünf stillen, biederen Aktionäre auf, die Soames' Sympathie erweckt hatten. Er sagte:
»Ich lehne den ganzen Antrag ab. Man erwartet von uns Mitleid mit Weib und Kindern dieses Mannes, die, wie Sie sagen, von ihm abhängig waren. Mag sein, daß sie es waren; mich geht es nichts an, ob es so war oder nicht. Ich protestiere im Prinzip gegen die ganze Sache. Es ist hohe Zeit, diesem sentimentalen Humanitarianismus Einhalt zu tun. Das Land geht dabei zugrunde. Ich protestiere dagegen, daß mein Geld an diese Leute gezahlt wird, von denen ich nichts weiß, die nichts getan haben es zu erwerben. Ich protestiere gegen das Ganze; das ist nicht Geschäft. Ich schlage deshalb vor, Bericht und Rechnungen zurückzugeben und die ganze Bewilligung zu streichen.«
Der alte Jolyon war stehen geblieben, während der kräftige, ruhige Mann sprach. Die Rede erweckte ein Echo in allen Herzen, denn sie unterstützte die von allen kräftigen Männern so befürwortete Bewegung gegen die Freigebigkeit, die damals bereits unter den gesunderen Mitgliedern der Gesellschaft begonnen hatte.
Die Worte »das ist kein Geschäft« hatten selbst auf den Aufsichtsrat Eindruck gemacht; jeder empfand insgeheim, daß es wirklich so war. Aber sie kannten auch das herrische Temperament und die Hartnäckigkeit des Vorsitzenden. Er mußte innerlich ebenfalls fühlen, daß es kein Geschäft war, aber er hatte für seinen eigenen Vorschlag einzutreten. Würde er darauf zurückkommen? Es war eigentlich nicht anzunehmen.
Alle warteten in Spannung. Der alte Jolyon hob die Hand auf; die goldene Brille zwischen Zeigefinger und Daumen zitterte leicht mit einem leisen Anflug von Drohung.
Er wandte sich zu dem kräftigen, ruhigen Aktionär.
»Sie kennen ja die Leistungen des Verstorbenen bei Gelegenheit der Minen-Explosion, wünschen Sie wirklich trotzdem, daß ich den Abänderungsantrag stelle?«
»Jawohl.«
Der alte Jolyon tat es.
»Stimmt irgend jemand dafür?« fragte er und sah sich ruhig um.
Und nun empfand Soames, der seinen Onkel ansah, die Macht des Willens in dem alten Mann. Niemand rührte sich. Der alte Jolyon blickte dem kräftigen ruhigen Aktionär fest in die Augen und sagte:
»Ich beantrage nun, ›den Bericht anzunehmen und die Beträge für das Jahr 1887 zu bewilligen.‹ Sie stimmen dafür? Alle, die dafür sind, unterzeichnen in gewohnter Weise. Dagegen – nicht. Angenommen. Die nächste Sache, meine Herren.«
Soames lächelte. Allerdings, Onkel Jolyon hatte eine Art und Weise!
Aber jetzt wandte seine Aufmerksamkeit sich wieder Bosinney zu. Sonderbar, daß der Gedanke an diesen Menschen ihn selbst in den Geschäftsstunden heimsuchte.
Irenens Besuch des Hauses – aber das hatte ja nichts auf sich, nur hätte sie es ihm erzählen können; doch, sie erzählte ihm freilich nie etwas. Von Tag zu Tag wurde sie stiller und empfindlicher. Er wünschte zu Gott, daß das Haus fertig wäre und sie darin, fort von London. Die Stadt war nichts für sie, ihre Nerven waren nicht kräftig genug. Und der Unsinn mit den getrennten Zimmern war wieder aufgetaucht!
Die Versammlung fing an sich aufzulösen. Unter der Photographie des verlorenen Schachtes wurde Hemmings von Pastor Boms beim Knopfloch festgehalten. Der kleine Mr. Booker verzog seine borstigen Brauen zu einem grimmigen Lächeln und rief dem alten Scrubsole ein paar Abschiedsworte zu. Die beiden haßten sich wie Gift. Es handelte sich zwischen ihnen um einen Teer-Vertrag, den der kleine Mr. Booker sich über des alten Scrubsole Kopf hinweg von der Gesellschaft für seinen Neffen gesichert hatte. Soames hatte das von Hemmings erfahren, der den Klatsch liebte, besonders über seine Direktoren, den alten Jolyon, vor dem er sich fürchtete, allerdings ausgenommen.
Soames wartete eine Gelegenheit ab. Als der letzte Aktionär durch die Tür verschwand, näherte er sich seinem Oheim, der eben seinen Hut aufsetzte.
»Kann ich eine Minute mit dir reden, Onkel Jolyon?«
Es ist ungewiß, was Soames von dieser Unterredung erwartete. Abgesehen von jener etwas geheimnisvollen Scheu, die der alte Jolyon seiner philosophischen Ader oder wie Hemmings zweifellos gesagt haben würde – seines Kinnes wegen allen Forsytes im allgemeinen einflößte, bestand und hatte zwischen dem jüngeren und dem älteren Manne immer eine spitzige Feindseligkeit bestanden. Sie lauerte in der trockenen Art sich zu grüßen, in ihren unverblümten Anspielungen auf einander und war vielleicht durch des alten Jolyon Wahrnehmung der stummen Hartnäckigkeit (er nannte es schon eher ›Eigensinn‹) des jungen Mannes oder den geheimen Zweifel entstanden, auf seine Weise mit ihm fertig werden zu können.
Diese beiden Forsytes, in mancher Hinsicht wahre Antipoden, besaßen jeder auf seine Art – in größerem Maße als die übrige Familie – jene notwendige, eingehende, kluge ›Geschäftseinsicht‹, die der Gradmesser ihrer großen Klasse ist. Jeder von ihnen hatte das Zeug, mit ein wenig Glück und Gelegenheit eine große Karriere zu machen; jeder hätte einen guten Finanzier, einen großen Unternehmer oder Staatsmann abgegeben, wenn auch der alte Jolyon in gewissen Stimmungen – unter dem Einfluß einer Zigarre oder der Natur – seine eigene hohe Stellung vielleicht nicht gerade verachtet, sicher aber in Zweifel gezogen hätte, während dies Soames, der keine Zigarren rauchte, niemals in den Sinn gekommen wäre.
Außerdem lastete dem alten Jolyon immer der geheime Schmerz auf der Seele, daß der Sohn von James – von James, den er immer als eine Null betrachtet hatte, auf den Pfaden des Erfolges wandelte, während sein eigener Sohn –!
Und nun hatte er – denn er stand nicht weniger im Bereich des Familienklatsches als jeder andere Forsyte – von dem unseligen, unbestimmten, aber darum nicht weniger beunruhigenden Gerücht über Bosinney gehört und fühlte sich in seinem Stolz aufs empfindlichste verletzt.
Sehr charakteristisch, richtete seine Entrüstung sich nicht gegen Irene, sondern gegen Soames. Der Gedanke, daß seines Neffen Frau Junes Bräutigam an sich locken sollte, war unerträglich demütigend für ihn (warum paßte der Mensch auch nicht besser auf sie auf! Doch welche Ungerechtigkeit! als ob Soames besser hätte aufpassen können!) Und da er die Gefahr sah, wies er es nicht, wie James, in lauter Seelenangst von sich, sondern erkannte mit der Unbefangenheit eines weiteren Blickes, daß es nichts Unwahrscheinliches war, denn Irene hatte etwas sehr Anziehendes.
Er hatte eine Vorahnung von dem Inhalt der Mitteilungen, die Soames ihm machen wollte, als sie zusammen den Versammlungssaal verließen und in den Lärm und die Hast der Straße hinauskamen. Sie gingen eine ganze Weile neben einander her ohne zu sprechen, Soames mit seinen schleichenden kleinen Schritten, und der alte Jolyon aufrecht dahinschreitend, wobei er seinen Schirm nachlässig als Spazierstock benutzte.
Sie kamen bald in eine verhältnismäßig stille Gegend, denn der Weg des alten Jolyon zu einer zweiten Sitzung führte ihn in die Richtung der Moorgate Street.
Nun begann Soames ohne aufzublicken: »Ich erhielt diesen Brief von Bosinney. Lies bitte, was er sagt; ich wollte es dich gern wissen lassen. Ich habe auf dies Haus eine Menge mehr verwendet, als ich beabsichtigte, und ich möchte Klarheit in der ganzen Sache.«
Die Augen des alten Jolyon überflogen unwillig den Brief: »Was er sagt, ist klar genug,« sagte er.
»Er spricht von ›freier Hand‹,« erwiderte Soames.
Der alte Jolyon blickte ihn an. Die lang unterdrückte Entrüstung und die Feindseligkeit gegen diesen Menschen, dessen Angelegenheiten anfingen auf seine eigenen СКАЧАТЬ