Название: Die Forsyte-Saga
Автор: John Galsworthy
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066499952
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Soames wohnte der General-Versammlung stets bei; man hielt es für richtiger, falls irgend etwas ›vorkommen‹ sollte! Er blickte in seiner verschlossenen, hochmütigen Art auf die Wände des Raumes, wo Pläne der Mine und des Hafens zusammen mit der großen Photographie eines, zu einer Grube führenden Schachtes hingen, die sich als besonders uneinträglich erwiesen hatte. Und diese Photographie – ein Bild des Lieblings- und Schmerzenskindes der Direktoren – behielt als Beispiel für die ewige Ironie, die allen kaufmännischen Unternehmungen zugrunde liegt, ihren Platz an der Wand.
Jetzt erhob der alte Jolyon sich, um den Bericht und die Rechnungen vorzulegen.
Er verbarg die beständig tief in der Brust eines jeden Direktors wurzelnde Feindseligkeit gegen seine Aktionäre unter einer jupitergleichen Gelassenheit und sah ihnen ruhig ins Gesicht. Soames tat das gleiche. Er kannte die meisten von Ansehen. Da war der alte Scrubsole, ein biederer Mann, der wie Hemmings zu sagen pflegte, immer kam »um sich unangenehm zu machen«, ein streitsüchtig aussehender, alter Geselle mit rotem Gesicht, einem Fischkopf und einem ungeheuren flachen Hut, den er auf den Knieen hielt. Dann der Pastor, Mr. Boms, der jedesmal eine Dankadresse für den Vorsitzenden in Vorschlag brachte, in der er unabänderlich die Hoffnung aussprach, daß der Aufsichtsrat nicht vergessen möchte für Erbauung der Angestellten zu sorgen. Er hatte die angenehme Gewohnheit einen der Direktoren hernach beim Knopfloch zu fassen und zu fragen ob er glaube, daß das nächste Jahr ein gutes oder schlechtes sein werde und dann je nach der Antwort innerhalb der nächsten vierzehn Tage drei Aktien zu kaufen oder zu verkaufen.
Ferner war da der Major O'Bally, der immer reden mußte, wenn auch nur, um die Wiederwahl des Auditeurs zu befürworten, und mitunter ernste Bestürzung darüber hervorrief, daß er Toaste – oder vielmehr Anträge – aus den Händen von Personen nahm, denen man kleine Papierschnitzel anvertraut hatte, auf denen die besagten Anträge verzeichnet waren.
Das war die ganze Gesellschaft außer den vier oder fünf ernsthaften, stillen Aktionären, mit denen Soames sympathisieren konnte, denn es waren Geschäftsleute, die gern selbst ihre Angelegenheiten im Auge behielten, ohne viel Wesens davon zu machen – gute, biedere Männer, die täglich in die City kamen und abends zu ihren guten biederen Frauen zurückkehren.
Gute, biedere Frauen! Es war etwas in diesem Gedanken, das Soames' namenlose Unruhe aufs neue erweckte.
Was sollte er seinem Onkel sagen? Welche Antwort auf diesen Brief geben?
... »Wenn einer der Aktionäre eine Frage zu stellen hat, bin ich gern bereit, sie zu beantworten.« Ein leiser Ruck. Der alte Jolyon hatte den Bericht und die Rechnungen fallen lassen und drehte seine goldene Brille zwischen Zeigefinger und Daumen hin und her.
Der Schatten eines Lächelns erschien auf Soames' Gesicht. Sie sollten sich mit ihren Fragen lieber beeilen! Er kannte die Methode seines Onkels (die ideale), wenn er sagte: »Ich beantrage dann, den Bericht anzunehmen und die Beträge zu bewilligen!« Sie nur ja nicht zu Atem kommen lassen – Aktionäre gingen notorisch verschwenderisch mit der Zeit um!
Ein großer weißbärtiger Mann mit hagerem, verdrießlichem Gesicht erhob sich:
»Ich darf mir wohl eine Frage über diesen Posten von 5000 Pfund erlauben, Herr Vorsitzender. »Für die Witwe und Familie« (er blickte sich mürrisch im Kreise um) »unseres verstorbenen Oberinspektors,« der so – hm – so unbedacht (ich sage – unbedacht) zu einer Zeit Selbstmord beging, wo seine Dienste von größtem Wert für die Gesellschaft waren. Sie haben erklärt, daß der Vertrag, den er mit eigener Hand so unglückselig abgekürzt hat, für einen Zeitraum von fünf Jahren lautete, von denen nur eines abgelaufen ist – ich –«
Der alte Jolyon machte eine ungeduldige Gebärde.
»Ich erlaube mir zu fragen, Herr Vorsitzender – ob dieser Betrag, der von der Versammlung gezahlt oder dessen Zahlung von ihr beantragt wurde, für Dienste des – hm – des Verstorbenen – bestimmt ist, die er der Gesellschaft geleistet haben würde, wenn er nicht Selbstmord begangen hätte?«
»Es geschah in Anerkennung der geleisteten Dienste, die, wie wir alle wissen – Sie ebenso wohl wie jeder von uns – von wesentlichem Werte waren.«
»Dann, Herr Vorsitzender, kann ich nur sagen, daß die Summe, da es sich um frühere Dienste handelt, zu groß ist.«
Der Aktionär setzte sich.
Der alte Jolyon wartete eine Sekunde und sagte dann: »Ich beantrage nun, daß der Bericht und –«
Der Aktionär erhob sich abermals.
»Darf ich fragen, ob die Herren des Aufsichtsrats sich vergegenwärtigt haben, daß es nicht ihr Geld ist, daß – ich zögere nicht zu sagen, daß, wenn es ihr Geld wäre –«
Ein anderer Aktionär mit einem runden unfreundlichen Gesicht, den Soames als den Schwager des verstorbenen Oberinspektors erkannte, stand auf und sagte warm: »Meiner Meinung nach genügt die Summe nicht!«
Jetzt sprang Pastor Boms auf. »Wenn ich eine Äußerung wagen darf,« begann er, »möchte ich sagen, die Tatsache, daß der – hm – der Verstorbene Selbstmord begangen hat, müßte bei unserem verehrten Vorsitzenden schwer – sehr schwer ins Gewicht fallen. Ich zweifle nicht, daß dies der Fall gewesen ist, denn – ich spreche für mich und ich denke im Namen jedes einzelnen der Anwesenden (hört – hört) – er erfreut sich in hohem Maße unsers Vertrauens. Wir alle, so hoffe ich, haben den Wunsch mildtätig zu sein. Aber ich bin sicher (er blickte streng zu dem Schwager des Verstorbenen hin), er wird irgendwie durch eine schriftliche Erklärung oder vielleicht besser durch eine Verminderung des Betrags unserer ernsten Mißbilligung darüber Rechnung tragen, daß ein so vielversprechendes und wertvolles Leben ruchlos einer Sphäre entrückt wurde, in der sowohl seine eigenen Interessen wie – wenn ich so sagen darf – unsere Interessen so gebieterisch sein Fortbestehen verlangten. Wir sollten – nein, wir dürfen – eine so ernste Pflichtvergessenheit nicht unterstützen.«
Der geistliche Herr nahm seinen Platz wieder ein, und der Schwager des Verstorbenen erhob sich noch einmal: »Ich halte daran fest was ich gesagt habe; die Summe genügt nicht!«
Der erste Aktionär fiel ein: »Ich bestreite die Rechtsgiltigkeit der Zahlung. Meiner Ansicht nach ist diese Zahlung nicht rechtsgiltig. Der Anwalt der Gesellschaft ist anwesend, ich darf ihm wohl die Frage vorlegen.«
Aller Augen richteten sich auf Soames. Es war etwas vorgefallen!
Kalt und mit festgeschlossenen Lippen erhob er sich; seine Nerven zitterten in ihm, seine Aufmerksamkeit riß sich endlich von jener Wolke los, die sein Gemüt bedrückte.
»Der Punkt,« sagte er mit leiser dünner Stimme, »ist keineswegs klar. Da keine Aussicht auf künftige Entschädigung besteht, ist es zweifelhaft, ob die Zahlung streng rechtsgiltig ist. Auf Wunsch, kann die Ansicht des Gerichts darüber eingeholt werden.«
Der Schwager des Verstorbenen runzelte die Stirn und sagte in nachdrücklichem Tone: »Wir zweifeln nicht daran, daß die Ansicht des Gerichts eingeholt werden kann. Darf ich um den Namen des Herrn bitten, der uns diese überraschende Mitteilung gemacht hat? Mr. Soames Forsyte? So, so!« Er blickte in spitziger Weise von Soames zum alten Jolyon hin.
Röte überflog Soames' blasse Wangen, aber er blieb unbeirrt in seiner Überlegenheit. СКАЧАТЬ