Gottes Herz für dein Dorf. Johannes Reimer
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gottes Herz für dein Dorf - Johannes Reimer страница 5

Название: Gottes Herz für dein Dorf

Автор: Johannes Reimer

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

Серия:

isbn: 9783961401628

isbn:

СКАЧАТЬ

      5.Kennen Sie lebendige Dorfgemeinden? Was zeichnet diese Gemeinden aus?

       Kapitel 2

       Der ländliche Raum und Kirche

       2.1.Was ist unter „Land“ zu verstehen?

      Der Zuzug städtischer Bevölkerung aufs Land macht es notwendig, den ländlichen Raum neu zu definieren. Wurde dieser noch vor wenigen Jahrzehnten vor allem ökonomisch bestimmt – auf dem Land ging die Bevölkerung vor allem ihrem Lebenserwerb in der Landwirtschaft nach –, so sieht die Lage heute wesentlich anders aus. Ein Großteil der Landbevölkerung lebt nicht mehr von der Landwirtschaft, sondern von der in der Nähe angesiedelten Industrie. Auch die Landbevölkerung ist in Westeuropa im Wesentlichen urbanisiert worden und kann nicht mehr nur in den Kategorien von gestern beschrieben werden. „Der ländliche Raum war noch nie so vielschichtig und unübersichtlich wie heute. Viele Berufe, Lebensstile und Kulturen treffen aufeinander.“16

      Sicher, es gibt noch den klassischen ländlichen Raum, aber nicht mehr durchgängig. Bischof Anthony Russell von der Anglikanischen Kirche in England unterscheidet daher zwischen vier Kategorien des ländlichen Raumes, die er folgendermaßen nennt17:

      (a) städtischer Schatten,

      (b) zugängliches Land,

      (c) weniger zugängliches Land,

      (d) marginalisiertes, entferntes Land.

      In diesen ländlichen Räumen hat sich eine jeweils andere Kultur etabliert. Während der erste Raum dem urbanen am nächsten ist, unterscheidet sich der letzte wesentlich vom Leben in der Stadt.

      Wir werden diese Typen unterscheiden müssen, wenn wir vom Gemeindebau auf dem Land reden. Denn kontextualisierter Gemeindebau nimmt den Kontext ernst, und wenn dieser sich wesentlich unterscheidet, dann müssen sich auch die gemeindlichen Angebote unterscheiden.

      Im Sinne des Gemeindebaus kann es allerdings nur um Menschen gehen. Egal, wie und warum sie aufs Land gezogen sind – hier leben sie, und hier müssen sie pastoral versorgt werden. Insofern werden sich auch die Konzepte des Gemeindebaus diesen Menschen anpassen müssen. Denn wandelt sich die Landbevölkerung, dann müssen sich auch Konzepte des Gemeindebaus auf dem Land verändern.

       2.2.Was ist wichtig auf dem Land?

      •Was ist also wirklich wichtig auf dem Land?

      •Wo und inwieweit unterscheiden sich die einzelnen ruralen Räume von der Stadt und voneinander?

      •Wie empfänglich ist die Landbevölkerung für das Evangelium?

      •Geht es hier um ein traditionelles ökonomisches Bewusstsein oder eher um eine Bevölkerung, die sich aus ökologischen und anderen Gründen auf dem Land niederlässt?

      •Was bestimmt das Leben und was bestimmt den Glauben auf dem Dorf?

      Auf dem Dorf gelten eigene Regeln. Jeder, der einmal aus der Stadt aufs Land gezogen ist, wird das festgestellt haben. Eine dörfliche Umgebung entschleunigt Prozesse, verlangsamt den Lebensrhythmus, bringt Ruhe und Muße auf die Tagesordnung. Und damit auch einen gewissen Hang zu Tradition.

      Untersuchungen in England zeigen, dass der ländlichen Bevölkerung selbst da, wo sie sich nicht mehr zur Kirche hält, letztlich das Kirchengebäude wichtig ist. Die Autoren von Faith in the Countryside schreiben:

      „Sie (die Kirche, Anm. d. Verf.) ist ein Totem, ein Fixpunkt der eigenen Identität, sogar für solche Menschen, die kaum über ihre Schwelle kommen ... sogar solche, die nichts mehr mit dem Christentum zu tun haben, sind oft dabei, wenn Geld gesammelt wird, um das Kirchengebäude zu renovieren.“18

      Traditionsbewusstsein kann zu einer gewissen Erstarrung von Gemeindeinhalten und Strukturen führen. Karl Barth schrieb vor Jahren über eine in Traditionen verhaftete Gemeinde: „Sie kann sich nicht mehr erneuern, sondern erzeugt immer wieder Gesetzlichkeit, und die Freude am Evangelium erlischt.“19 Das ist sicher ein Grund, warum man heute auf dem Land so wenig geistliches Leben findet. Aber Traditionen haben auch positive Seiten. Sie halten Symbole hoch, die für Fremde zu einem willkommenen Anlass werden können, sich doch einmal Gedanken über den eigenen Glauben zu machen.

      Mir fällt an dieser Stelle Sabine ein. Sie ist 50 und erst vor Kurzem aus Köln in das kleine idyllisch gelegene Dorf im Sauerland gezogen. Mitten im Dorf liegt die jahrhundertealte katholische Kirche. Schon lange werden hier keine regelmäßigen Gottesdienste mehr angeboten. Aus Pfarrermangel, wie es offiziell heißt. Sabine ist weder katholisch noch gläubig. Trotzdem sagt sie von sich:

      „Ich gehe mittlerweile regelmäßig in die Kirche. Die Ruhe in ihren Räumen, das sakrale Etwas, tut mir gut. Die Erinnerungen nach der Scheidung von meinem Mann verstummen dann. Irgendwie finde ich hier zu mir selbst. Manchmal rede ich vor mich hin, klage den alten Mauern meine Situation. Oder auch den Bildern an den Wänden. Neulich konnte ich mir sogar zum ersten Mal vorstellen, dass es vielleicht doch so etwas wie Gott gibt.“

      Sabine ist bei Weitem nicht die Einzige, die so etwas in verlassenen Landkirchen erlebt. Tausende begeben sich auf ihrer Suche nach Stille, Sinn und spiritueller Lebenstiefe aufs Land. Manche Landregionen werben bereits mit entsprechenden Angeboten, so beispielsweise das Tölzer Land in Bayern.20 Pilgerschaften, Wanderschaften, Zeiten der Stille und des Schweigens – all das scheint der gestressten Seele in unserer schnelllebigen Welt gutzutun.

      Natürlich bezieht sich ein solch dörfliches Traditionsbewusstsein nicht nur auf das Kirchengebäude und die Erhaltung religiöser Bräuche. Da kann es auch um ein altes Backhaus oder den Dorfversammlungsplatz gehen. Wo wenige Menschen auf beschränktem Raum zusammenleben, sind gemeinsame Werte von ganz besonderem Interesse. Sie nicht zu fördern ist auf kurz oder lang kontraproduktiv. Man gewinnt Beachtung bei den Menschen nur dann, wenn man ihren Lebensstil und ihre Geschichte wertschätzt.

      Es macht daher Sinn, altbewährte Strukturen mit Leben zu füllen, statt völlig neue zu schaffen. Die Renovierung einer alten Kirche kann deshalb mehr bewirken als der Bau eines völlig neuen Gemeindezentrums. Der Aufbau neuer Formen des Glaubens sollte traditionelle Strukturen berücksichtigen.

       2.3.Menschen und Gemeinschaft

      Christliche Gemeinden auf dem Land müssen auf die Menschen in ihrem Gemeinwesen hören und sich ihrer Geschichte und Tradition stellen. Dass die Landbevölkerung schon lange nicht mehr so einheitlich gestrickt ist und, besonders in der Nähe der Städte, recht bunt zusammengewürfelt wurde, scheint nur bedingt bei den Gemeindeaufbau-Experten angekommen zu sein. Hier braucht es kreative Neuansätze. Der Glaubenssatz von Donald McGavran, der lange die Gemeindeentwicklung dominiert hat, hat sich im großen Ganzen als falsch erwiesen. McGavran schrieb:

      „Menschen werden gerne Christen, wenn sie dazu nicht Rassen-, Klassen-, oder Sprachbarrieren überwinden müssen. [...] Alle СКАЧАТЬ