Gottes Herz für deine Stadt. Johannes Reimer
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Название: Gottes Herz für deine Stadt

Автор: Johannes Reimer

Издательство: Автор

Жанр: Религия: прочее

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isbn: 9783961400560

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СКАЧАТЬ wie Jesus sie baut, soll Verantwortung für die Menschen vor Ort übernehmen, ja noch mehr – das Gemeinwesen selbst in einen Nachfolger Jesu verwandeln (Mt. 28,19-20). Mit ihr zieht Gerechtigkeit, wie Gott sie denkt, in die Stadt (2Kor. 5,21).

      Was sollten, ja müssen Gemeindebauer über die Stadt unbedingt wissen, um Gemeinde in der Stadt effektiv bauen zu können? Hier ein paar grundsätzliche Beobachtungen. Wir zeichnen dabei sowohl die sozialen als auch machtpolitischen Räume in der Stadt nach. Denn erst, wenn wir wissen, wo, wie und unter welchen Einflüssen Menschen in der Stadt leben und ihren Glauben praktizieren, können wir in ihr Leben prophetisch und gegebenenfalls auch transformativ hineinsprechen und hineinhandeln. Leben aus Gott setzt immer Wissen und die Bereitschaft, das Wissen in die Tat umzusetzen, voraus. Menschen sind dem Leben aus Gott entfremdet aufgrund ihrer Ignoranz und der Verstockung ihrer Herzen (Eph. 4,17-18). Erst wenn wir die Wahrheit über die Stadt erkennen, können wir befreit transformativ handeln (Joh. 8,32).

       2.2. Soziale Welten der Stadt

      Städte sind keine homogenen, sozialen Räume, vielmehr bestehen innerhalb der Grenzen einer Stadt eigene soziale Welten.24 Man spricht in diesem Zusammenhang auch von urbanen Systemen25 und Gesellschaftstypen.26

      Unter einem urbanen System verstehen wir ein flächendeckendes dreidimensionales Netzwerk von vielfältigen sozialen und physischen Verknüpfungen. Knoten dieses Systems sind Punkte mit einer hohen Dichte an Menschen und Gütern.27 Mit anderen Worten, da, wo die meisten Menschen leben und wo sie am meisten lebensrelevante Güter erwerben, liegen wichtige urbane Zentren, die wir Knoten nennen. Zwischen diesen Knoten verlaufen die Ströme von Information, von Gütern oder auch sozialen Kontakten. Was man in der Stadt an Information weiterleitet, an Gütern anbietet und welche kulturellen Einflüsse prägend sind – das wird in den Knoten durchdacht und entschieden.

      Urbane Systeme ähneln Netzwerken und werden seit den 1990er Jahren auch Netzstadt genannt. Das Modell wurde von den Schweizern Franz Oswald und Peter Baccini entwickelt und soll helfen, die unterschiedlichen Verflechtungen in einem urbanen System in Beziehung zueinander zu setzen, indem es analytische Instrumente und Qualitätskriterien definiert. Es ist prinzipiell an der langfristigen Gestaltung des urbanen Raums interessiert und bewusst ganzheitlich gedacht. Es erschließt damit sowohl sozial-ökonomische als auch kulturell-religiöse Entwicklungen in der Stadt. Das Netzwerk setzt sich aus den folgenden drei Elementen zusammen:

       Knoten – definiert als Orte hoher Dichte von Personen, Gütern und Informationen.

       Verbindungen – die die Flüsse von Personen, Gütern und Informationen zwischen den Knoten gewährleisten.

       Skalen – diverse Maßstabsebenen, innerhalb derer Territorien räumlich abgegrenzt und die Knoten und Verbindungen identifiziert werden können.

      Das Wechseln des Betrachtungsmaßstabs erlaubt es, sowohl verschiedene Knoten und Verbindungen auf der nächsthöheren Skala zu einem übergeordneten Knoten zu aggregieren, als auch einen Knoten auf der nächsttieferen Skala in Subknoten und die entsprechenden Verbindungen dazwischen aufzulösen. Dies erhöht die Flexibilität des Modells und führt zu neuen Hierarchien, die sich deutlich voneinander unterscheiden.

      Oswald/Baccini differenzieren fünf Skalen, die sich auf Person, Nachbarschaft, Gemeinwesen, Region und Nation beziehen:

       Die individuelle Skala – die Wohnung als kleinste Einheit urbanen Lebens. Hier ist die Person samt der dazugehörigen Familie zu Hause.

       Die lokale Skala – das Quartier, das die Grundversorgung urbanen Lebens und erste Identifikationsmöglichkeiten mit der Nachbarschaft bietet. Hier werden die ersten unmittelbaren Kontakte außerhalb des eigenen Hauses gefunden.

       Die kommunale Skala – das Gemeinwesen, die erste gemeinschaftlich organisierte und teilweise selbstverwaltete Ebene. Hier finden die Einwohner ein organisiertes Versorgungssystem, das den gemeinsamen Alltag in der Stadt sichert.

       Die regionale Skala – sie umfasst mehrere Kommunen, für die größere Aufgaben im Bildungs-, Sozial-, Ressourcen- und Verkehrsbereich zentral gelöst werden (Bundesländer, Departemente, Kantone etc., aber auch Regionen der Europäischen Union).

       Die nationale Skala als Regionenverbund, welcher sich über eine Verfassung den Status eines souveränen Staates gibt.28

      Während Teile des Netzstadtmodells – in seinen geogenen Fragestellungen – für die Entwicklung christlicher Gemeinden in der Stadt eher sekundär sind, stellen vor allem die Fragen zu der Bevölkerungsbewegung ein wichtiges Thema und Instrument dar. Im Modell der Netzstadt werden gemessen:

       Einwohnerdichte – wie viele Menschen leben im besagten urbanen Raum?

       Arbeitsplatzdichte – wie viele Arbeitsplätze stehen im urbanen Raum zur Verfügung?

       Dienstleistungsdichte – was wird im Raum an Dienstleistung geboten?

       Institutionendichte – welche Institutionen sind im Raum vorhanden?

       Arbeitende (Flüsse) – welche Bewegungen von Arbeitenden sind im urbanen Raum feststellbar?

       Studierende (Flüsse) – welche Bewegungen von Studierenden sind im urbanen Raum feststellbar?

      Urbane Räume werden von Systemen gestaltet, die der Gesellschaft eine mehr oder weniger reibungslose Existenz und Entwicklung ermöglichen. Wir unterscheiden dabei zwischen primären und subordinären Systemen.29 Unter primären Systemen verstehen wir das politische, ökonomische, religiöse und soziale System. Innerhalb dieser Kategorien können weitere Subkategorien beschrieben werden. Folgende Tabelle bietet hierfür ein gutes Beispiel.30

      Die urbanen Systeme kontrollieren die Macht in der Stadt. Und es sind diese Mächte, die letztlich darüber entscheiden, ob Menschen im urbanen Raum reich oder arm, glücklich oder unglücklich, einsam oder geborgen leben. Wer immer sich anschickt, die Lebensumstände in der Stadt zu verändern, wird sich der Machtfrage und damit auch den urbanen Systemen stellen müssen. Robert Lintichum, der sich jahrelang mit der städtischen Entwicklung in der Zwei-Drittel-Welt und der dort grassierenden Armut im Auftrag vom evangelischen Missionswerk World Vision beschäftigt hat, schreibt mit Recht:

      „Armut ist nicht sosehr die Abwesenheit an Gütern, es ist die Abwesenheit von Macht – die Kapazität, die Fähigkeit, die eigene Situation zu verändern.“31

      Urbane Systeme kontrollieren die Macht in der Stadt. Wer die Machtverhältnisse in der Stadt verstehen will, der wird sich mit den Systemen der Stadt auseinandersetzen müssen.

       2.3. Gesellschaftstypen

      Obwohl in allen urbanen Räumen urbane Systeme wirken, ist ihre Durchschlagskraft unterschiedlich zu bewerten. Das liegt vor allem am jeweiligen Typ der Stadt. Städte sind nicht einfach vorhanden, sie entstehen und entwickeln sich immerfort. Diese initiale und fortwährende Entwicklung definiert auch den jeweiligen Gesellschaftstyp des urbanen Zusammenlebens. Ob ein Stadtteil sich gerade aus einer Ansiedlung von Menschen, die auf der Suche nach Arbeit in die Stadt drängen, entwickelt oder sich dank wachsender СКАЧАТЬ