Название: Unbrauchbar?
Автор: Steven Furtick
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783961400508
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Aber andererseits werden wir auch realistischer – und zynischer. Manchmal ist das schwer zu unterscheiden.
Unsere Ziele zu erreichen ist schwieriger, als wir gedacht haben. Wir haben es versucht und sind gescheitert, haben es noch einmal versucht … und sind wieder gescheitert. Jetzt sind wir nicht einmal mehr sicher, ob wir überhaupt in der Lage sind, Kinder großzuziehen oder verantwortungsvoll mit unserer Kreditkarte umzugehen, geschweige denn, mit den Veränderungen dieser Welt fertig zu werden.
Vielleicht war es ja nie so gedacht, dass unsere Träume in Erfüllung gehen, oder wir sind einfach nicht stark genug oder nicht mutig genug oder irgendein anderes nicht genug, um sie wahr werden zu lassen.
Vielleicht sind wir ja wirklich unqualifiziert.
Doppelter Zwiespalt
Ich rede ständig mit Leuten, die mit der Diskrepanz zwischen ihren Schwächen und ihren Träumen, zwischen der Realität dessen, wer sie sind, und dem, was Gott sagt, wozu er sie geschaffen hat, zu kämpfen haben. Ihre persönlichen dritten Wörter nach dem „Ich bin …“ enthalten so gut wie immer einen Hinweis darauf, dass sie sich für nicht qualifiziert halten.
Leute wie beispielsweise Jamar, der mir erzählt, dass er die Berufung in sich spürt, etwas im Leben junger Männer zu verändern. Jamar ist ohne Vater aufgewachsen und musste vieles auf die ganz harte Tour lernen. Er träumt davon, anderen jungen Männern die Lebensperspektive und Orientierung zu vermitteln, die er selbst nie bekommen hat. Wenn er nur nicht … so heftig mit seiner Sexsucht zu kämpfen hätte.
Jamar ist Single, sieht gut aus, hat ein umwerfendes Lächeln und ist beruflich ausgesprochen erfolgreich. Er kommt an bei den Frauen, und das weiß er auch.
Es gibt immer wieder lange Phasen, in denen er es schafft, nach Gottes Maßstab zu leben, aber dann erliegt er wieder der Versuchung und entgleist durch sexuelle Verfehlungen. Wie soll er denn anderen ein Vorbild sein, wenn er selbst so viel Hilfe braucht?
Jamar ist frustriert, weil er immer wieder einmal einen Blick auf sein Ideal-Selbst erhascht, aber eine Störung vergiftet und hindert immer wieder seine Entwicklung. Und so kommt er zu dem Schluss: Ich bin … stecken geblieben.
Oder da ist Heather. Heather ist eine großartige Mutter. Das findet jeder außer ihr selbst. Ihre Kinder entwickeln sich prächtig. Sie nehmen nach der Schule an allen möglichen künstlerischen und sportlichen Kursen und Aktivitäten teil, und keines von ihnen ist Crystal-Meth-süchtig. Das ist doch schon mal was. Mehrmals in der Woche kocht Heather abends für die ganze Familie, und normalerweise liest sie jedem der Kinder vor dem Schlafengehen ein Kapitel aus einem Buch vor.
Aber irgendwie ist es nie genug. Wenn die Kinder im Bett sind, sieht Heather nur all das Durcheinander und die Unordnung, die sie nicht zu beseitigen geschafft hat, und alles, woran sie sich erinnert, ist, dass sie wieder mal die Geduld verloren hat und ausgeflippt ist, als sie den Kindern bei den Hausaufgaben geholfen hat. Wie soll sie denn ihren Erfolg als Mutter feiern und genießen bei so viel Chaos und Versäumnissen?
Ihr Pinterest Board ist so vollgestopft mit guten Vorsätzen und Ideen, dass es für mehrere Leben reichen würde, und sie will nach vier verschiedenen Bibelleseplänen auf ihrer Bibel-App die Bibel in einem Jahr durchlesen. Aber wenn sie das in diesem Tempo weitermacht, dann hat sie es vielleicht in zehn Jahren geschafft. Sie ist Sklavin einer endlosen Prioritätenliste, und dabei flüstert ihr eine Stimme in ihrem Kopf ständig zu, dass sie alles viel zu oberflächlich macht, dass sie mittelmäßig ist, dass sie im Leben etwas verpasst. Und all das zusammen führt dann dazu, dass sie überzeugt ist: Ich bin … eine Versagerin.
Oder da ist beispielsweise mein Bruder Max. Ich liebe Max. Aber ich habe sehr lange meinen Teil dazu beigetragen, ihn von Gott fortzutreiben.
Max und ich sind in einer guten Südstaatenfamilie aufgewachsen. Das heißt, dass wir Hühnchen mit Klößen gegessen haben und mindestens einmal in der Woche in die Kirche gingen. Max ist drei Jahre jünger und zwanzig Zentimeter größer als ich, und eigentlich heißt er Matthew. Menschen Spitznamen zu verpassen ist eine schlechte Angewohnheit von mir, und ich habe angefangen, ihn Max zu nennen, als ich sechzehn wurde.
Zufällig war das auch ungefähr die Zeit, als es mir ernst wurde mit dem Glauben an Jesus, und weil ich mich für den schmalen, aber geraden Weg entschieden hatte, wollte ich, dass jeder in meinem Umfeld ihn auch ging, ob er wollte oder nicht – auch Max.
Er war der erste meiner Zwangsbekehrten und Hauptleidtragender meines neugefundenen religiösen Eifers.
Wenn ich ihn zur Schule fuhr, wollte er im Radio immer einen Rocksender hören: 96 WAVE. Aber das kam für mich gar nicht in Frage. Doch nicht in meinem Wagen! Da gab es nur christliche Rockmusik.
Wenn ich ihn bei seiner Schule absetzte, ertappte ich ihn manchmal dabei, wie er einem Mädchen nachschaute. Erwischt bei lüsternen Blicken, dachte ich dann und schimpfte mit ihm, als käme er aus Sodom und Gomorrha.
Wenn ich abends ins Wohnzimmer kam und er sich seine Lieblingsserie Beavis and Butt-Head anschaute, dann schaltete ich rasch um auf den ersten Prediger im Programm, den ich finden konnte.
Ich wollte gar kein gesetzlicher und verurteilender Spinner sein, denn ich liebte meinen Bruder ja. Und weil ich ihn liebte, glaubte ich, dass ich dafür verantwortlich sei, ihn auf den richtigen Weg zu Jesus zu bringen, wenn ich ihn dort hinzerren musste.
Aber anscheinend wollte er nicht, und ich konnte überhaupt nicht verstehen, wieso.
Erst an dem Abend, als mein Vater gestorben war – das war sechzehn Jahre später –, begriff ich, dass ich ihn dadurch genau in die entgegengesetzte Richtung getrieben hatte.
Ich erinnere mich noch ganz genau an diesen Abend. Als die Freunde gegangen waren, die unserer Familie in der schweren Situation beistanden, war es ein Uhr nachts. Es war die längste Woche unseres Lebens gewesen, und wir wollten jetzt nichts als Ruhe, also ließ sich Max im Fernsehsessel meiner Mutter nieder, und ich streckte mich auf dem Sofa aus.
Plötzlich begann Max von den inneren Kämpfen zu erzählen, die er damals durchgemacht hatte. Wie er so gern eine Beziehung zu Gott gehabt hätte, es ihm aber einfach zu schwer erschien.
„Dabei soll es eigentlich gar nicht schwer sein“, erklärte ich ihm.
„So hat es aber für mich immer ausgesehen“, entgegnete er. „Als wir auf der High School waren, habe ich dich beobachtet, und du hattest all diese Regeln, all die Sachen, die du nicht sagen oder anschauen oder nicht anhören durftest. Ich wollte kein geheuchelter, falscher Christ sein, aber wenn richtiges Christsein bedeutete, so zu leben wie du, dann wusste ich, dass ich es nicht schaffen würde. Das war einfach zu schwer für mich.“
Wir redeten eine ganze Weile, und ich entschuldigte mich bei Max. Ich sagte, es täte mir wirklich leid, dass ich den Anschein erweckt hätte, man müsse sich zu Beginn einer Beziehung zu Gott auf jede Menge Einschränkungen und Regeln einlassen. Ich hätte aber im Laufe der Zeit die Erfahrung gemacht, dass es beim Evangelium weniger darum gehe, was Gott von uns will, als vielmehr darum, was er für uns will.
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