Название: Unbrauchbar?
Автор: Steven Furtick
Издательство: Автор
Жанр: Религия: прочее
isbn: 9783961400508
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Bei Multiple-Choice-Tests hatte man wenigstens eine Chance von 1:4, die richtige Antwort anzukreuzen, und bei offenen Fragen, zu denen man selbst eine Antwort formulieren musste, konnte man auch noch Punkte für Kreativität, Fleiß und allgemeines Gelaber einheimsen. Und in allgemeinem Gelaber war ich immer ziemlich gut.
Doch bei diesen gnadenlosen Lücken war das ganz anders. Da war kein Platz für Überflüssiges oder Fehler. Beim Lückentest ging es nur um die eine korrekte Antwort.
Und es gab nur eine Person – den Lehrer bzw. die Lehrerin –, die das Recht hatte zu entscheiden, was in die Lücke gehörte. Er oder sie traf die Entscheidung, wofür die Lücke stand.
Wer hat in Bezug auf Ihr Leben das Recht, diese Lücke auszufüllen und den richtigen Begriff einzusetzen? Sie selbst? Oder sind es Ihre Eltern, Ihre Freunde oder Ihre Lebensumstände?
Ich habe mir vor kurzem ein altes 60 Minutes-Interview mit Bob Dylan angeschaut, in dem der Interviewer fragte, warum er sich Bob Dylan und nicht mehr Robert Zimmerman nenne?
„Man kann sich doch nennen, wie man will“, antwortete Dylan auf die für ihn so typische nonchalante Art: „Das hier ist schließlich ,the land oft the brave and the free‘.“1
Seinen offiziellen Namen kann man ja tatsächlich relativ problemlos ändern. Aus einem Zimmerman kann durch das Ausfüllen einiger Formulare und eine Unterschrift ganz einfach ein Dylan werden. Aber was ist mit den inneren Bezeichnungen und Namen, die Sie definieren? Wer entscheidet über die? Und was ist, wenn Ihnen das, was bei Ihnen bisher in die Lücke eingefüllt wurde, nicht gefällt? Lässt es sich noch ändern? Und wenn ja, in welchem Ausmaß ist das möglich, und in welchem Ausmaß sollte es dann auch geschehen?
Und gibt es denn auch hier nur eine richtige Antwort? Lassen sich all die Nuancen, die Komplexität und die Widersprüche Ihres Lebens so kurz und knapp zusammenfassen?
Das alles sind ganz praktische Fragen, die den Kern Ihres Selbstbildes und Ihres Identitätsgefühls betreffen.
Wahrscheinlich brauchen Sie sich ja inzwischen nicht mehr mit Lückentests herumzuschlagen, aber die „Ich-bin“-Fragen des Lebens sind eine noch viel größere Herausforderung, weil Sie sie tagtäglich beantworten. Und Ihre Antworten lenken wohl oder übel den Verlauf Ihres Lebens bzw. lenken ihn um.
Im Folgenden ein paar dritte Wörter, die ich ständig sowohl in meinem Kopf als auch laut aus meinem Mund höre: Unfähig. Dumm. Stark. Getrieben. Verkorkst. Loyal. Verletzt. Überfordert. Gesegnet. Fähig. Enttäuscht. Kaputt. Hoffnungsvoll. Abgestumpft. Zufrieden.
Kreisen Sie doch einmal im Geiste die Wörter ein, mit denen Sie sich identifizieren können, und ergänzen Sie welche, die Sie noch hinzufügen würden. Wie oft sagen oder denken Sie die betreffenden Wörter über sich selbst? Was glauben Sie, welche dieser Begriffe Sie in einem Jahr bzw. in zehn Jahren einkreisen werden? Und welche werden Sie an Ihre Kinder weitergeben, sodass die sie später einmal für sich selbst einkreisen?
Und jetzt – nur so zum Spaß – verändern Sie doch einmal dieses Wort – das dritte Wort.
Das verändert alles.
Und jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter. Wie sieht Ihr Selbstbild aus im Vergleich zu dem Bild, das Sie anderen gern von sich vermitteln möchten? Inwieweit unterscheidet es sich von der Vorstellung, wie Sie gerne wären? Oder anders gefragt: Täuschen Sie anderen etwas vor? Halten Sie eine falsche Fassade aufrecht, um die Defizite und Schwächen zu tarnen, die Sie bei sich selbst feststellen?
Und eine noch schwerwiegendere Frage wäre ja, wie all das, was Sie über sich selbst denken, im Vergleich zu dem aussieht, was Gott über Sie denkt. Passen Ihr Selbstbild und Ihre Selbsteinschätzung mit der Persönlichkeit zusammen, als die Sie geschaffen sind und die Sie sein sollen?
Das sind große, verwirrende, aber auch mutige Fragen, und sie richtig zu beantworten, dauert ein Leben lang.
Wenn Sie sich diesen Fragen allerdings nie stellen, dann werden Sie einen großen Teil Ihres Lebens damit verbringen, sich zu verstellen, Leistung zu bringen, perfekt zu wirken, zu versuchen, anderen zu gefallen und sich zu beweisen. Doch Ihr wahres Selbst werden Sie nicht finden.
Gefärbt wie Beckham
Das eigene „wahre Selbst“ kennenzulernen kann kompliziert sein.
Vor Jahren versprach mir ein Friseur, dass er mir einen „Beckham-Look“ verpassen könne, und schon allein dieser Vorschlag – so unrealistisch es auch sein mochte, dass ich dem großen Fußballgott auch nur entfernt ähneln würde – schmeichelte mir genug, um den Friseursalon tatsächlich zu betreten.
Es war das erste Mal seit zehn Jahren, dass ich mich frisurtechnisch in die Hände eines Profis begab, denn bis dahin hatte eine alte Haarschneidemaschine aus dem Nachlass des Friseur-Salons meines Vaters mir immer gute Dienste geleistet. Und eigentlich war ich bis jetzt auch immer gut allein zurechtgekommen, wenn ich mir in der Garage einen Igelschnitt verpasste.
Aber ein Beckham-Look? Bei mir? Ich war bereit, es mich einiges kosten zu lassen.
Als ich schließlich im Stuhl saß, hätte der qualvolle Prozess, mein pechschwarzes Haar platinblond zu bleichen, beinah dazu geführt, dass ich meine Entscheidung bereute. Offenbar habe ich nur eine sehr begrenzte Schmerztoleranz, denn ich fragte mich zwischendurch schon ein paar Mal, ob es wohl auch Salons gibt, in denen die Bleichprozedur mit Narkose angeboten wird.
Als die Typveränderung vollendet war, sah ich dann allerdings kein bisschen aus wie David Beckham, und mein Haar war auch nicht wirklich blond, sondern eher orangefarben.
Doch die Veränderung war wirklich radikal, und ich gewöhnte mich daran.
Ein paar Jahre lang habe ich die neue Farbe so getragen, aber eines Tages bin ich dann wieder zu Schwarz zurückgekehrt. Eine der ersten Personen, die mich nach der Verwandlung sah, sagte ungefragt etwas, worüber ich laut lachen musste: „Ich finde, du solltest lieber wieder zum Blond zurückgehen. Bei dir sieht Schwarz nicht besonders … natürlich aus.“
Manchmal frage ich mich, ob unser Image und unsere Identität so oft bearbeitet und verändert werden, so oft gebleicht und gefärbt, dass die ursprüngliche Farbe nicht mehr zu erkennen ist und nicht einmal wir selbst mehr wissen, wie sie einmal war.
Zur Enttäuschung kommt noch Desillusionierung hinzu, die sich in Schichten auf unser Scheitern und Versagen legt, und am Ende ist unser wahres Selbst so tief vergraben, dass wir gar nicht mehr wissen, wer wir sind.
Das dritte Wort für uns selbst nach dem „Ich bin …“ einzusetzen wird kompliziert, weil wir durch die Brüche in unserer Vergangenheit wandelnde Widersprüche geworden sind. Sind wir die Person, die wir uns immer erträumt haben oder die Person, die wir gerade spielen?
Einerseits denken wir immer noch groß, denn wir wissen, dass Gott uns für größere und kühnere Dinge bestimmt hat, und ganz tief in unserem Inneren flackert diese Berufung auch immer noch hin und wieder ein ganz klein wenig auf.
Es gibt Tage, da geht unsere Phantasie mit uns durch, wenn es um unsere СКАЧАТЬ