SIN SOMBRA - Hölle ohne Schatten. Joachim Gerlach
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Название: SIN SOMBRA - Hölle ohne Schatten

Автор: Joachim Gerlach

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783960087731

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СКАЧАТЬ machte ihn noch besorgter.

      Schließlich nahm er die Dinge selbst in die Hand und den noch schlafenden Gabriel an sich. Vorsichtig wickelte er eine auf dem Lager von Pablo und Margarita ausgemachte Wolldecke um ihn.

      Der Junge schlief weiter. Luis richtete seine Schritte zur Türe. Doch Pablo versperrte ihm den Weg. Es war kein Gefahr heraufbeschwörendes Dazwischentreten, sondern nur ein ängstliches.

      »Wo gehst du hin, Freund?«

      »Zu einem für den Jungen sicheren Ort. Mehr müsst ihr zunächst nicht wissen.

      – Wissen zu haben, bedeutet Gefahr. Also fragt nicht weiter!«

      Sagte es und schob sich mit dem Jungen auf dem Arm an Pablo vorbei. Doch die Absicht reifte nicht zur Tat. Gerade da Luis die Tür öffnen wollte, wurde sie mit einem heftigen Tritt aufgestoßen. Vor ihm stand Juan, die rechte verhasste Hand von Sion de Albanez, so nah, dass Luis seinen Schweiß und seinen schlechten Atem riechen konnte. Hinter ihm hatten sich einige Männer postiert. Ein Moment des Erschreckens, ein Moment des Überraschtseins.

      »Aha, sind gerade rechtzeitig noch erschienen, wie mir scheint.«

      Juan zeigte sich wissend. Ein Blick nur, der ihm alles sagte.

      »Wo wolltest du mit dem Jungen hin?«

      Luis schwieg und blickte unter sich.

      »Los, her mit ihm!«

      Juans Stimme klang unerbittlich. Dann überschlugen sich die Ereignisse.

      Margarita schrie auf und wollte Gabriel an sich bringen. Juan aber griff eher zu und zerrte an dem Jungen. Luis hielt dagegen, Gabriel fing an zu wimmern und unruhig zu werden und als er aufwachte, schrie auch er.

      Dann plötzlich peitschte ein Schuss durch die nachtkühle Luft. Einer der mitgekommenen Männer hatte ihn vor der Tür in den Nachthimmel abgegeben. Er verfehlte seine Wirkung nicht. Augenblicklich hörten das Schreien und alle Gegenwehr auf.

      Luis, Pablo, Margarita, auch der kleine Gabriel, alle waren sie wie gelähmt und erstarrten, so als hätte der Schuss jeden einzelnen von ihnen tödlich getroffen.

      Juan hatte den Einsatz des Gewehres für den Fall des Widerstandes angeordnet und nutzte den Augenblick der Entschlusslosigkeit.

      »Her jetzt mit dem Jungen!«

      Er riss Gabriel an sich und trug ihn eilig aus dem Haus. So schnell wie die Männer in Erscheinung getreten waren, so schnell waren sie auch wieder außer Sicht. Mit Gesichtern, welche Verzweiflung spiegelten, starrten Pablo und Luis durch die offen stehende Tür in die Nacht, während Margarita vor Schmerzen zusammengekrümmt nach Luft rang.

      »Nehmen sie ihn wie verabredet, Padre, und bringen sie ihn so schnell wie möglich zur Kongregation nach Cadiz! Sollen die sich mit dieser Ausgeburt der Hölle befassen und das Geständnis aus ihr rauspressen!«

      Sion de Albanez, er übte zwar die Gerichtsbarkeit aus, aber bei Fällen wie solchen, zwischen Himmel und Hölle angesiedelt, überließ er der Kirche gerne das Feld. Anflüge von Angst vor dem unberechenbaren und nicht zu fassenden Bösen, das in diesem Kinde angesiedelt war, hatten zudem Einzug in seine Seele gehalten. Anflüge von Angst, die ihn Abstand halten ließen.

      Überhaupt waren Kurie und Inquisition noch immer die heimlichen Herrscher des Landes. In der Zeit nach Philipp V., der in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts anfänglich mit königlicher Macht ihren Einfluss eindämmen wollte, dann aber unrühmlich dem Werben seiner starken zweiten Frau für die alten Konstellationen erlegen gewesen war, hatten sie allen neuerlichen Strömungen zum Trotz weiter ihre Macht behauptet.

      *

      Gabriel hätte schon die größten Ängste um sein Leben ausstehen können und war auch nicht in jedem Augenblick von Tapferkeit und Hoffnung durchdrungen, doch hatte er sich angesichts der sich überschlagenden Ereignisse einigermaßen in seine Lage eingefunden.

      Der erste Schrecken war tief in seine kindliche Seele eingefahren, nun jedoch harrte er ruhig und gefasst, wenn auch mit fühlbarem Schlagen seines Herzens, der Geschehnisse, die auf ihn warteten.

      Welcher übermächtige Schatten nur hatte sich auf ihn gelegt? Noch gestern war die Welt, wie sie ihm nun begegnete, nicht denkbar für ihn gewesen.

      Die Leute, seine Freunde auch, waren ihm nie feindselig begegnet, jetzt hatte er ihre dunkle Seite, ihren Hass und ihre Zerstörungswut, kennengelernt. Und dennoch ließ ihm die Stille des kargen Raumes in dem Haus des Padre ein wenig Zuversicht zuströmen.

      Weg von zu Hause, aber auch weg von den aufgerissenen Mündern und Augen der Menschen, weg von jeder Begierde, ihn in seiner Misslichkeit anzustarren oder ihn gar anzugreifen.

      Er wusste nicht, was hier mit ihm geschehen sollte. Aber er hatte die Kirche als einen Ort der Gerechtigkeit und der Milde und des Vergebens von Sünde in Erinnerung – zumindest nach ihrer eigenen fortwährenden Bekundung.

      Hier konnte ihm doch nichts Übles widerfahren. Ein Glaube, der seine kindliche Seele zunächst noch stärkte.

      Gabriel aber ahnte nicht um den Unterschied zwischen Predigen und Tun, zwischen Gerechtigkeit verlangen und Gerechtigkeit selbst walten lassen, zwischen Vergebung ankündigen und Vergebung praktizieren.

      Der Padre, kleinwüchsig, bucklig, ein sich einsilbig gebender, durchtriebener Geselle, den es aus städtischer Ferne wegen eines vorwerfbaren Vorkommnisses in diese Landschaft verschlagen hatte, sprach kaum ein Wort mit ihm.

      In der Nacht zur Schlafenszeit, als er in das Haus des Kirchenmannes gebracht worden war, hatte Gabriel es noch verstehen können. Doch auch über den Tag änderte sich daran nichts. Der Padre erschien bisweilen an der Tür, übersah kurz mit weit aufgerissenen Augen, in denen Anspannung sich spiegelte, die Situation, stellte zwischendurch etwas zu essen hin, ein wenig Obst, vorgestriges Brot und bisschen Speck, und war jedes Mal schnell wieder verschwunden.

      Dennoch fühlte Gabriel sich zusehends von ihm beobachtet, ohne dass seine Augen den Beweis dafür lieferten. In der Tat hatte der Padre die Möglichkeit, einen versteckten Blick in einen Teil des Zimmers zu werfen. Durch ein Loch in der Wand, abgedeckt von einem Bild, das zufällig über dieser Öffnung in der Wand ebenfalls ein kaum zu bemerkendes Loch aufwies, konnte der Kirchenmann in den Raum spähen, um festzustellen, ob Gabriel heimlich die Gestalt des Teufels annahm oder Vorbereitungen für einen Ausbruch oder für einen feigen Überfall traf.

      Und immer, wenn dem Padre die Stille in dem Raum zu schaffen machte und er aus seinem Versteck heraus Gabriel nicht beobachten konnte, erschien er an der Tür, um den Jungen und sein Treiben kritisch zu mustern.

      Für den Padre bedurfte es von Beginn an schon keiner aufwändigen Klärung mehr. Der Junge steckte mit dem Satan im Bunde. Die Berichte, die er vernommen hatte, waren Beweis genug.

      Einzig Gabriel noch bei der Gelegenheit zu überführen, wie er die Teufelsgestalt annahm, seine Gestalt aus inner Urkraft anschwoll, wie ihm Hörner aus der aufplatzenden Haut auf die Stirn traten, Haare auf dem ganzen Körper sprossen, sich zu einem Fell verdichteten, sein Gesicht zu einer Fratze verkam und ein klumpiger Fuß sich formte, danach dürstete ihn trotz allem Schrecken bei der bloßen Vorstellung seine Gier.

      Doch der Junge tat ihm nicht den Gefallen, sich zu verwandeln und weiter zu entlarven. Der Priester sah darin nur die Verschlagenheit СКАЧАТЬ